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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ausgesucht hatte, seine Nebeneinkünfte auf den Kopf zu hauen.
    Dann rief er Samuel Ulfsson an und fragte kurz, ob er später am Nachmittag kurz hereinschauen könne. Er habe nichts Besonderes auf dem Herzen, sondern wolle nur wissen, ob Sam Zeit habe.
    Das bedeutete, daß es um etwas Besonderes ging und daß Sam sich Zeit nehmen sollte, selbst wenn er noch so wichtige Termine hatte. Carl mußte interessante Neuigkeiten darüber haben, wie das Problem der Zusammenarbeit mit Jurij Tschiwartschew zu lösen war; vermutlich hatte diese Frage Sam schon einige Kopfschmerzen bereitet.
    Carls Befehl vom Ministerpräsidenten, an den er sich wortwörtlich erinnerte, war ja so formuliert worden, daß er zunächst »vorsichtig ein wenig vorfühlen« solle, ob ein Kontakt zu »einem Generalleutnant« möglich sei, und dieses vorsichtige Vorfühlen solle »in einem ersten Anlauf« erfolgen; danach solle er zweitens auf »Übertreibungen« verzichten und schließlich sein »Urteilsvermögen« einsetzen.
    Das war zwar am Ende einer komplizierten Besprechung gesagt worden. Aber immerhin hatte es der Ministerpräsident gesagt. Carl würde alles so vorsichtig angehen, wie es nötig war; es würde nur einen ersten Anlauf geben, und dazu brauchte er nicht allzuviel Urteilsvermögen. Wenn er wieder zu Hause war, würde es für einen zweiten Anlauf zu spät sein, zumindest wenn alles so gutging, wie es aussah.
    Er begann, zerstreut in den Polizeiberichten über eine angebliche Mafia in Stockholms Restaurantwelt zu blättern.
    Luigi hatte sich, leise vor sich hinpfeifend, methodisch von Svensson in Bertoni verwandelt. Er lachte auf, als er im Spiegel das Ergebnis betrachtete. Die italienischen Anzüge trug er in Schweden nur ausnahmsweise. Bei der Arbeit trug er sonst meist Jeans, Pullover und Laufschuhe wie irgendein beliebiger Svensson. Er überlegte, ob er sich rasieren sollte, beschloß aber, darauf zu verzichten. Er sollte ja aussehen, als käme er nach einem langen Arbeitstag zu einem Essen, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem Schweden nichts mehr essen. Er bewegte sich ein wenig vor dem Spiegel, um zu prüfen, ob die Pistole im Schulterholster gut zu sehen war.
    Carl hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt, daß er bei diesem Job eine Waffe trug. Er hatte nur etwas davon gemurmelt, daß die operativen Mitarbeiter des Nachrichtendienstes das Recht hätten, im Dienst eine Waffe zu tragen. Wenn Luigi es zu diesem oder jenem Zweck für notwendig halte, sei darüber nicht zu diskutieren.
    Carl hatte ein wenig zerstreut gewirkt, als er von dem Auftrag erzählte. Das war nur zu verständlich, denn der Job da oben beim Ministerpräsidenten war sicher ganz anders als alles, was Carl gewohnt war.
    Möglicherweise hatte er auch ein wenig gleichgültig gewirkt, als sie sich verabschiedeten. Er erklärte, er habe in der nächsten Zeit einige dienstliche Auslandsreisen vor und stehe somit nicht zur Verfügung, falls es Probleme gebe. Luigi müsse sich dann entweder an Sam wenden, wenn es etwas Ernstes sei, oder auch direkt an die Polizeibeamten, die an diesem Fall arbeiteten. Es sei jedoch unter allen Umständen am besten, den Weg über Sam zu wählen. So könne man vermeiden, daß Luigis Identität wegen einer solchen Kleinigkeit bekannt werde.
    Es war für ihn ungewohnt, in Schweden die italienische Identität anzunehmen. Er hatte immer mit zwei Identitäten gelebt, ebenso mit zwei Sprachen; allerdings war er nach einer fast automatischen Regelung in Italien Italiener gewesen und Schwede in Schweden. In seiner Kleidung, seinen Eßgewohnheiten, dem Stil seiner Kleidung, in allem.
    Jetzt trug er keinen Faden am Leib, angefangen bei der Unterwäsche bis zu dem dunkelblauen Wildledermantel, der nicht aus Mailand stammte. Sogar die Pistole war italienisch, mochte sie auch in einem amerikanischen Schulterholster stecken.
    Den Schuhen würde es nicht bekommen, wenn er im Schneematsch mit ihnen herumspazierte, aber es lag doch ein gewisser Realismus darin. Angereiste Italiener tragen meist zu dünne Schuhe. Außerdem hatte er bis zum ersten Ziel nur eine Viertelstunde Fußmarsch.
    Während des kurzen Spaziergangs ging er erneut durch, was er in den Ermittlungsnotizen der Polizei gelesen hatte. Er lächelte darüber, wie sie über italienischen Begriffen geschwitzt und über die italienische Unterwelt nachgedacht hatten, empfand aber zugleich auch eine widerwillige Bewunderung für diese Jarneklev und Bjuremo und Klintebrant, oder wie sie sonst noch

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