Der einzige Sieg
hinausgehen.«
Er hatte das italienische Mafia-Wort für »kleine Mörder« mit gut gespielter Arroganz ausgespien. Dann machte er eine kleine Kunstpause, bevor er fortfuhr.
»Das Ganze ist sehr einfach. Sie brauchen nur eins zu tun, nämlich mich mit diesen armseligen Figuren bekannt zu machen, wenn sie das nächste Mal herkommen, um Ihre ›Schutzgebühr‹ zu holen. Nur das. Mehr verlange ich nicht.«
»Und was passiert dann?« fragte der Sohn mißtrauisch.
»Dann…«, sagte Luigi zögernd und mit einem breiter werdenden Lächeln, »werden wir das Problem sehr schnell lösen, denke ich. Ich bin überzeugt, die Herren Kleingangster sehr einfach davon überzeugen zu können, daß sie ihr Handwerk beenden müssen. Wenn ich es mir recht überlege, werde ich ihnen empfehlen, mit der nächsten Maschine nach Kalabrien zu fliegen. Und ich glaube, daß sie dieses großzügige Angebot dankbar und freudig annehmen werden.«
Luigi beendete seine Darlegung mit einer weit ausholenden Geste über den Tisch, als hätte er damit alle Probleme weggewischt.
Die beiden anderen starrten ihn ungläubig an. Sie schienen nicht zu wissen, ob sie Luigis Theaterspiel glauben sollten oder nicht, und er erkannte, daß er das Ganze noch ein bißchen weiter treiben mußte. Er durfte jetzt auf keinen Fall zurück, sondern mußte sich noch weiter vorwagen.
»Wir sind bestimmten Drohungen ausgesetzt«, sagte der Vater zögernd, als wäre das Einwand genug. »Wer kann unser Restaurant nachts schützen? Zwei Lokale haben sie schon in die Luft gesprengt.«
»Hören Sie, ich werde es noch etwas besser erklären«, sagte Luigi mit einem Anflug von Ungeduld. »Ich vertrete Geschäftsinteressen von Hunderten von Millionen, und ich meine damit Dollar und nicht Lire. Wir haben große Pläne, was unsere Marktausweitung in Schweden betrifft. Es hat mit der EU und Zollfreiheit und vielen anderen Dingen zu tun, auf die ich jetzt nicht näher einzugehen brauche. Aber was wir am allerwenigsten dabei gebrauchen können, sind kleine Gangster, die in Stockholm herumrennen und uns eine Publizität verschaffen, die jeden Italiener als einen Statisten in einem dieser Filme erscheinen läßt, in denen die Herren Kleingangster ihre Bildung gewonnen zu haben scheinen. Sie müssen weg. Je eher und unauffälliger, um so besser. Wie ich schon sagte, ich glaube sehr überzeugende Argumente zu haben, wenn ich nur Gelegenheit erhalte, mich kurz mit diesen Herren zu unterhalten. Sie sollen lebend mit der ersten Maschine nach Kalabrien fliegen, denn sonst werden sie nie mehr nach Kalabrien kommen. Ich glaube, das ist eine einfache und logische Wahl.«
»Wir müssen uns das alles durch den Kopf gehen lassen«, sagte der Sohn zögernd. »Bei allem Respekt vor Ihren Millionen, Signor…«
»Carmini. Luigi Carmini, zu Ihren Diensten.«
»Bei allem Respekt vor Ihren Geschäftsinteressen, Signor Carmini, aber für uns geht es um unser Leben.«
»Wir haben durchaus gemeinsame Interessen«, stellte Luigi weich fest. »Ich will mich nicht aufdrängen und sie keineswegs zu einer Zusammenarbeit zwingen, an die Sie nicht glauben. Aber ich kann Ihnen versichern, daß ich nur eine kurze Unterhaltung mit diesen Figuren brauche, um das Problem schnell aus der Welt zu schaffen.«
»Lassen Sie uns trotzdem noch einmal überlegen«, brummte der Vater.
»Gut, machen wir es so. Ich komme morgen abend wieder. Die Rechnung, bitte!« sagte Luigi in bestimmtem Tonfall, jedoch ohne jede Feindseligkeit.
»Nein, nein, wir haben Sie eingeladen!« sagte der Vater erschrocken.
»Kommt nicht in Frage«, lächelte Luigi sehr breit und machte eine neue Armbewegung, die sein Jackett so weit öffnete, daß Signorina Beretta seinen Worten einigen Nachdruck verlieh.
»Ich verstehe, was Sie meinen. Ich weiß Ihre Gastfreundschaft sehr zu schätzen, aber unter den jetzigen Umständen wäre das doch nicht ganz angemessen, nicht wahr? Wenn wir dieses Problem allerdings gelöst haben, was ja sehr schnell und einfach geschehen kann, bestehe ich darauf, mit einer Freundin herzukommen. Dann können Sie mich zu einem guten Essen einladen. Wollen wir es so halten?«
Als Luigi unter einem Schwall von Höflichkeiten seinen Mantel angezogen und allen Anwesenden leutselig eine gute Nacht gewünscht hatte und nun in die schwedische Wirklichkeit der Sturegatan hinaustrat, kam ihm die Erkenntnis, daß ihm tatsächlich, ja tatsächlich etwas gelungen war, was in diesen Filmen vorkam, mit denen er sich soeben einen
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