Der eiserne Gustav
mehr im Untersuchungsgefängnis Moabit aufhält.«
»Ausgeschlossen!« sagte Erich erleichtert. »Mit dem Mann habe ich bestimmt nichts zu tun. Auf so dumme Weise verdiene ich mein Geld nicht.«
»Außerdem ist Eugen Bast blind – was mir eigentlich der einzige Milderungsgrund für seine Richter scheint, denn sonst ist er ein völliger Schuft.«
»Blind! Nein, Herr Doktor, wenn der Mann Ihnen was von mir erzählt hat, ich habe ihn bestimmt nie gesehen …«
»Er ist blind geschossen worden, Erich, und zwar von deiner Schwester.«
»Eva! Ich habe immer gewußt, die wird uns allen noch Schwierigkeiten machen!«
»Eva, richtig, Eva Hackendahl«, sagte der Anwalt. »Sie ist die Freundin dieses Eugen Bast, und sie scheint ihn in einem Anfall von Eifersucht blindgeschossen zu haben.«
»Verfluchte Scheiße!« knurrte Erich wütend. »Aber ich lasse mich da nicht reinziehen! Was geht mich Eva an?! Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen! Ich verweigere jede Aussage! – Ich muß schon sagen«, rief er erbittert, »Sie haben eine feine Kundschaft!«
»Jeder nach seinen Fähigkeiten, mein lieber Erich«, lächelte der Anwalt. »Übrigens hattest du mich eben erst um deine Verteidigung gebeten.«
»Tun Sie mir einen Gefallen, Herr Doktor«, bat Erich. »Lehnen Sie die Verteidigung von dem Kerl ab!«
Der Anwalt schüttelte den Kopf. »Unklug, Erich. Der Knabe hat Geld, oder seine Freunde haben Geld, was auf dasselbe herauskommt, und so geht er einfach zu einem anderen Anwalt. Besser behalten wir die Sache in der Hand.«
»Ich will damit nichts zu tun haben!«
»Und wirst sicher hineingezogen, wenn ein anderer Anwalt sie in die Finger bekommt. Dieser Knabe Bast hat sich so einiges von deiner Schwester erzählen lassen. Er weiß zum Beispiel, daß du viel Geld verdienst, und er behauptet, du hättestfrüher geklaut. Verzeih, Erich, bitte tobe nicht. Ich wiederhole dir nur, was Herr Bast sich ausgedacht hat. – Wenn Klauen nämlich bei euch, wie Bast behauptet, in der Familie liegt, so hat er deine Schwester nicht erst anstiften müssen, du verstehst. Vielleicht hat sie dann sogar ihn verführt …«
»Ich werde einfach verreisen«, sagte Erich wütend. »Im Ausland kann ich eine Weile auch ganz gut leben. Sie geben mir ab und zu Tips, und ich handle in London die Mark auf Baisse … Nein, in Brüssel«, rief er erleichtert. »Brüssel kenne ich, Brüssel ist für mich das Richtige. Ich beteilige Sie natürlich …«
»Sehr freundlich, Erich. Immerhin muß überlegt werden wie weit sich ein deutscher Parlamentarier in Baisse-Spekulationen der Mark einlassen kann. – Und vor allen muß dieser Prozeß überlegt werden. Wird er groß auf gezogen, wie es dieser Herr Bast aus einer gewissen Berufseitelkeit haben will, so ist er ein gefundenes Fressen für unsere liebe Presse. Alle Strafgesetzreformer und Menschenfreunde werden Tränen über den armen blinden Mann fließen machen und den Namen Hackendahl diskreditieren.«
»Eva war ein ganz harmloses Mädchen!«
»Nach der Lesart von Herrn Bast ist sie ein Vamp. Sie hat ihn zu all seinen Straftaten angestiftet, ihre schrankenlose Genußgier, ihre Vergnügungssucht …«
Der Anwalt sah durch das tobende, randalierende, betrunkene Lokal …
»… Es gibt noch andere Beispiele von Genußsucht in dieser Familie …«
»Lassen Sie doch diese Frotzeleien!« rief Erich wütend.
»Du hast recht, Erich. – Aber entscheidend ist, daß deine Schwester alles zugibt. Sie hat ihn angestiftet. Sie hat Geld von ihm verlangt. Sie hat völlig grundlos auf ihn geschossen …«
»Das gibt sie alles zu?« rief Erich verblüfft. »Ja, ist sie denn verrückt? Das kostet doch …«
Der Anwalt nickte. »Sechs, acht Jahre Zuchthaus …«
»Und sie ist wirklich so?« Erich konnte sich das nicht vorstellen,Eva als abgefeimte Verbrecherin, Eva als Vamp. »Nein, das stimmt nicht«, sagte er.
»Es stimmt auch nicht«, sagte der Anwalt. »Sie lügt alles. Sie ist seine Hörige – du verstehst.«
»So ist es richtig!« sagte der Lieblingssohn seines Vaters. »Die rechte Tochter des alten Hackendahl! Sie haben den Alten ja heute abend gesehen, jeden freien Willen hat er aus uns herausgebrüllt und – geprügelt – er ist schuld! – Nein, ich will mit der Sache nichts zu tun haben, ich gehe nach Brüssel …«
»Ich soll beide verteidigen«, erklärte der Anwalt, »den Kerl und deine Schwester. Und er möchte, daß ich die Verteidigung so führe, daß er entlastet, deine Schwester aber
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