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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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einem Panzerhandschuh gegen die Tür. Sofort erschien eine Karontide, packte die Magd bei der Gurgel und zerrte sie hinaus. Sie schrie, in Zukunft besser aufpassen zu wollen, aber man schleppte sie weg und schob eine andere Magd in die Kutsche. Diese, eine mollige Person, schwitzte so stark, dass der Eiserne König die Nase rümpfte. Sie riss beim Polieren flehentlich die Augen auf, Tränen liefen über ihre Wangen, ihr Kinn zitterte wie Espenlaub, und beim Anblick einer Karontide, die sich Blut von den Lippen leckte, jaulte sie auf. Ihre Waden juckten, weil Spinnen unter ihren Rock krochen und über das Hinterteil bis zu den Fettwülsten der Hüften vorstießen. Sie japste und wand sich, als die Tiere über ihren Rücken zum Nacken und von dort in die zum Dutt gebundenen Haare krabbelten. Andere wuselten über Bauch und Busen bis zum Hals. Das Sterben, dachte die Magd, musste leichter sein; dies war grausamer als jede Marter. Aber sie polierte eifrig weiter. Ihre Wurstfinger verrichteten die Arbeit mit einem Geschick, das ihr auf den ersten Blick nicht zuzutrauen war, und der Eiserne König ahnte, dass seine Karontiden nicht von diesem Leckerbissen kosten würden. Denn er war gerecht. Ja, er war streng, aber gerecht: Wenn diese Frau ihre Arbeit ohne Fehl und Tadel verrichtete, würde er sie in ihr erbärmliches Dasein entlassen.
    Währenddessen wälzte sich die Streitmacht weiter nach Norden. Die Wilde Jagd war auf Erkundung ausgeschwärmt, und nachdem Blaubart erfahren hatte, dass die Gografen vom Föhrenforst nach Süden zogen, ordnete er einen Schwenk nach Nordosten an. Die Streitmacht änderte ihren Kurs so träge wie ein Konvoi schwer beladener Koggen bei rauer See: Der Befehl erging gegen Mittag, aber die Nachhut vollzog den Schwenk erst am frühen Nachmittag. Dann marschierten Karontiden und Raubritter, Gesindel und Kultknechte, die vom Tod ihrer Herrinnen nichts ahnten, im Gleichschritt in die befohlene Richtung.
    »Übermorgen stellen wir die Rotbärte«, rief Blaubart. Dann wird es ihnen schlecht ergehen.« Er tastete nach dem neben ihm liegenden Bratspieß. »Und den hier … werde ich Grimm ins Herz stoßen.«
    »Stillhalten«, sagte Barbera, die im Gehen seinen Verband löste. Bevor sie einen neuen anlegte, leckte sie die Wunde ab und tat Maden dazu, um Wundbrand vorzubeugen.
    »Ah! Maden«, quetschte Blaubart hervor, das Kinn mit dem blauschwarzen Bart auf die Brust gedrückt. »Die mochte ich immer. Genau wie die Spinnen und Asseln unseres Herrn und Meisters. Das sind Tiere nach meinem Geschmack.« Er griff nach Barbera, die sich bückte, um den Verband zu schließen, aber sie schlug seine Hand weg.
    »Lass das«, fauchte sie und wäre auf dem matschigen Weg, den sie mit zierlichem Schuhwerk beschritt, fast ins Stolpern geraten. Hinter ihnen knarrte ein Trosswagen; die Zugochsen schüttelten die gehörnten Schädel und brüllten, und die zwei Pferde, die die Sänfte trugen, wieherten als Antwort. Barbera verband die Fleischwunde am linken Oberarm, die ihr Grimm mit seinem Hieb zugefügt hatte, und zurrte den Stoff mit den Zähnen fest.
    »Dank deiner Pflege bin ich fast genesen«, flüsterte Blaubart. »Nach der Schlacht kommst du mit nach Rottland in meinen Bergfried. Dort gibt es lauschige Gemächer. Wir werden es gemütlich haben.« Er kicherte mit seiner melodiösen Stimme in sich hinein. »Ja, gemütlich, meine Liebe!«
    Barbera lächelte, aber ihr Blick blieb kalt. »Oooh«, seufzte sie. »Ich sehne mich schon jetzt danach. Ich weiß ja, wie gut du für deine Frauen sorgst.« Sie warf ihm eine Kusshand zu und stieg auf das vordere Pferd.
    Blaubart schmachtete sie von der wankenden Sänfte aus an. Ihr Haar war prachtvoll, ihre Figur makellos, Schandmal und Striemen verliehen ihren Zügen eine gebrochene Schönheit, die er bei anderen Frauen nur mit etwas … nun … Nachhilfe hergestellt hatte. Sein Kopf sank zur Seite, und er verlor sich in Gedanken an die Frau mit den heilenden Händen und der lindernden Zunge, die vor ihm auf dem Pferd saß.
    Räder ächzten, Hufe schmatzten im Matsch, Kutscher trieben die Zugtiere mit Rufen und Hieben an. Barbera blickte starr geradeaus. Vor dem Tross, dem die Sänfte angehörte, wand sich eine endlose Kette von Kriegern in die Ferne; im grauen Licht glänzten Klingen und Helme. Die Kutsche des Eisernen Königs war am Banner zu erkennen, sie folgte dem Zug mit den Katapulten, und die Reiterei bildete die Spitze. Schatten überflogen Barberas Miene, als

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