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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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am Ufer der Fusel hinter dicke Weiden gelegt hatte.
    »Fängt ja gut an«, murmelte Helmdag.
    Sein Zwillingsbruder nahm den Helm ab und kratzte sich am Kopf. »Das ist nur ein Vorgeschmack«, knurrte er.
    Die Fusel strömte schwarz und träge dahin. Bald würde der Tag anbrechen. Und mit ihm die Schlacht. Hans, der weiter vorne zwischen Landmännern aus Flutwidde stand und das brennende Schilf betrachtete, fragte sich, was die Maulwürfe taten. Wo blieben Mücken und Ameisen?
    »Über eure Innereien«, grölten die Kultknechte in der Ferne, »werden sich die Krähen freuen!«
     
    Meister Grimbart harrte neben Sneewitt aus, die im Sitzen vor dem Loch mit dem Bart des Eisernen Königs schlief. Das Feuer war erloschen, die Grotte dunkel, die Stille wurde nur vom gelegentlichen Schnauben der Pferde gestört. Sneewitts Tränen waren versiegt. Wo sie über ihre dreckigen Wangen gelaufen waren, schimmerte schneeweiße Haut. Ja, Sneewitt war eine schöne Frau, dachte Meister Grimbart. Schön, stark und eigensinnig. Die anderen Gefährten hatten den Bart nicht mehr anständig begraben können. Nur sie hatte noch Kraft und Willensstärke gezeigt. Er lauschte ihrem gleichmäßigen Atem. Manchmal ging ein Rütteln durch ihre Brust.
    Irgendwann während der frühen Morgenstunden, es war noch dunkel und im Unkengrund brannte das Schilf, tat sich etwas in der weiten, flachen Mulde, die das Einzige war, was noch vom Eschenstamm zeugte: In der Mitte glomm ein Licht auf, das gleich wieder erlosch. Dem Dachs kam es vor, als hätte die Erde Schluckauf gehabt. Dann schlief auch er ein.
    Als er erwachte, rieselte das erste, fahle Licht des Tages aus dem Schacht in der Grottendecke. Sneewitt war schon auf den Beinen und starrte in die Mulde. Aus dem Loch mit dem Bart schlug dem Dachs ein ekelhafter Gestank entgegen, und als er hineinschaute, sah er grünlichen Schleim, der von unten durch die dünne Schicht aus Erde und Geröll quoll. »Stinkt ja wie ein Fuchsbau im Hochsommer«, knurrte er. »Sind die Säfte etwa schon vergoren?«
    Sneewitt drehte sich um. Der Blick ihrer kohlrabenschwarzen Augen war unsicher, verwirrt. Sie fuhr mit einer Hand durch ihre strubbeligen Haare und sagte: »Da wächst etwas.«
    Der Dachs spähte in die Mulde. In der Mitte, wo nachts das Licht aufgeschienen war, spross ein grüner Trieb. »Unkraut vergeht nicht«, bemerkte er.
    »Vielleicht ist es der Trieb einer neuen Esche.«
    »Vielleicht auch eine Brennnessel. Oder eine Distel. Falls der Trieb etwas mit diesem stinkendem Schleim zu tun hat, kann es nur ein übles Gewächs sein.«
    »Du hast wahrscheinlich recht«, seufzte Sneewitt.
    »Die Esche ist tot«, sagte Meister Grimbart. »Sie kann nicht mehr treiben.« Er wollte seine Schwarte putzen, als ihm in der Feuerstelle etwas ins Auge fiel. »Nanu? Was ist das?«, brummte er und beugte sich über die Asche.
    Sneewitt bückte sich und angelte einen hellen Eschenpflock aus den Überresten des Feuers, drehte ihn hin und her. Er war eine halbe Elle lang und lief an einem Ende spitz zu.
    »Warum ist er nicht verbrannt?«, fragte der Dachs erstaunt.
    »Weil ich ihn dem Eisernen König ins Herz stoßen werde«, flüsterte Sneewitt, den Pflock fest in der Hand. »Und wenn es mich mein Leben kostet.« Sie rannte in das Wurzellabyrinth.
    »Warte«, rief der Dachs und lief hinterher.
    Als sie den Gang erreichten, schlief Rumpenstünz noch. Die anderen Gefährten waren wach. Während Sneewitt Bericht erstattete, gähnte die Muhme, dass ihr Kiefer knackte, dann tastete sie nach ihrer Pfeife. »Ich brauche Tee«, murmelte sie.
    »Wir müssen los! Sofort!«, schrie Sneewitt. »Rumpenstünz! Aufwachen!«
    »Dein Temperament in allen Ehren«, brummelte die Muhme und setzte sich an das schüchtern flackernde Feuer, über dem Alwine Wasser aufgesetzt hatte. »Aber für einen Tee hat man immer Zeit, egal, wie sehr die Sache brennt.«
    Für einen Moment sah es so aus, als wollte Sneewitt zu ihrem Kaltblüter eilen. Dann ließ sie sich neben der Muhme nieder und vergrub das Gesicht in den Händen. »Ihr nervt«, stöhnte sie. »Ihr nervt.«
    Maleen, die bei der Nachricht vom grünen Trieb ihre Apathie abgeschüttelt hatte, setzte sich zu ihnen. Zeisig und Sperling hockten stumm auf ihren Schultern.
    »Ist doch nur eine Brennnessel«, sagte der Fuchs.
    »Vielleicht«, erwiderte Meister Grimbart. »Aber vielleicht ist es auch etwas anderes.«
    »Ein riesiger, schleimiger, grüner Bart!«, rief der Fuchs.
    Sanne gab ihm einen

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