Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville

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neben Dandys mit silberbeschlagenen Steinschlosspistolen und schwarzen Seidenhüten: Spieler, Kartenhaie, Würfelkünstler. Aus New Crobuzon, Myrshock und Cobsea am Ende der geplanten Trassen, und einige von noch weiter her. Der Kaktusmann aus Shankell. Ein namenloser Vodyanoi angeblich aus Neovaden. Carosh, ein Schamane aus dem Wormseye Scrub, der seinen traditionellen Schildkrötenpanzermantel mit Beinkleid und Gamasche vervollständigt.
    Judah schaut zu, wie sie sich begrüßen und zum Spiel hinsetzen.
    - BarkNeck, sagt Carosh in einwandfreiem Ragamoll.
    - Seit Myrshock hat man sich nicht mehr gesehen. Er nimmt eine für den Wormseye typische Waffe vom Gürtel, eine Gris-Gris-Keule, besetzt mit raunenden Kaurimuscheln.
    Judah staunt über die unendlich vielen verschiedenen Arten von Würfel- und Kartenspielen. Da gibt es Würfel mit sechs, acht, zwölf Flächen. Asymmetrisch geformte Würfel mit zusätzlichen Facetten auf verschiedenen Flächen. Karten mit sieben Farben, Räder, Flammen, Schlösser, schwarze Sterne. Decks nur aus Trümpfen bestehend, ohne Farben.
    Auch Frauen finden sich unter den Glücksspielern: Frey mit ihrem stählernen, wunderschönen Lächeln; The Rosa in den hübschesten blutroten Kleidchen und mit ihrem – munkelt man – rasiermesserscharf geschliffenen Stahlzungenfächer. In seiner zweiten Woche in Such sieht Judah einen Remade – nein, mit dieser Haltung ist er ein fReemade, ein Gesetzloser – an den Gendarmen vorbeikriechen, getragen von etwas wie einem Nest kämpfender Nattern an Stelle der unteren Körperhälfte. Die Ordnungshüter tun so, als sähen sie ihn nicht. – Jaknest, im Flüsterton macht der Name die Runde.
    - Jaknest, der Freie Buchmacher. Jaknest hinterlässt eine Schleimspur auf dem Weg ins Hinterzimmer, wo ein Spiel ohne Limit im Gange sein muss, jedermanns Geld ist willkommen und Scheiß auf das Gesetz.
    Judah will nicht spielen. Stattdessen versucht er sich als Taschendieb. Er baut aus Hölzchen einen Golem und schickt ihn unter den Tisch, auf dem der größte Pott des Abends liegt. Der Golem klettert an den Querstreben eines Stuhls hinauf und sitzt unter Place How, einem Hasardeur in Schwarz und Silber, vor dem sich Tantes und Schuldscheine häufen. Das Casino ist laut und voll, und niemand sieht den Homunkulus, außer Judah.
    Dieser versucht, seinen Befehlen gehorchend, Place Hows Tasche zu öffnen. Ein Huschen, ein roter Schwefelblitz, und der Golem ist schwelende Asche. Ein Schweif aus Rauch und Glut läuft flink wie ein Wiesel an Hows Rock hinauf, fließt um seinen Hals herum und verschwindet. Alles springt auf, aber How hebt beschwichtigend die Hände.
    Judah blinzelt. Selbstverständlich geht ein Mann von Hows Reichtum und Profession nicht ungeschützt. Er verlässt sich nicht darauf, dass der Wodu des Casinos verbotene Augurie erschnüffelt. Er hat seinen eigenen Schutzdæmon.
    Wenn er sein sich selbst gesetztes Gewinnsoll erfüllt hat, steht How an der Bar und erzählt von aufregenden Jeus und den Orten, an denen er gewesen ist, und wie die Eisenbahn ihn zurückgeführt hat nach New Crobuzon. Er spult die Straße ab, denkt Judah. Tailliert die Meilen, eine nach der anderen, wie er die Karten auf den Tisch legt.
    - Mit Verlaub, ich möchte gern mit Ihnen reisen. Und Place How lacht gutmütig über diesen ernsthaften, etwas abgerissenen jungen Mann, der etwa halb so alt ist wie er selbst. Es braucht nicht viel, um ihn zu überreden: Die Idee eines Leibdieners schmeichelt seiner Selbstdarstellung. Er staffiert Judah seiner Rolle entsprechend aus und bringt ihm bei, das Maultier zu reiten, das er ihm kauft.
    - Nun kannst du mir eine Weile als Pfand dienen, sagt How.
    Sie reiten durch Salbei und Heidekraut zwischen den Siedlungen an der Strecke, manchmal mit Blick auf die Eisenbahn und die unermüdlichen Bautrupps. Entlang der Schienen wandelt sich die Landschaft: Die Tiere sind scheu, die Wälder ausgedünnt.
    Judah baut keine Golems, außer wenn er allein ist. Zwischen den Siedlungen verhält Place sich jovial und gutmütig ihm gegenüber. Kommen sie in einen Ort, wo gespielt wird, sind sie Herr und Diener, und How befiehlt Judah, hinter seinem Stuhl zu stehen, lässt sich von ihm Konfekt reichen und Taschentücher. Judah ist Teil von Hows Uniform, nicht anders als sein samtener Rock.
    Sie treffen immer wieder dieselben Spieler, und Judah lernt ihre Eigenheiten kennen. BarkNeck, der Kaktusmann, ist mürrisch und unbeliebt; man duldet ihn nur, weil er nicht