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Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Korridor im Zellenblock sah kaum anders aus, als es solche Korridore seit Jahrhunderten taten, obwohl jemand, der einem früheren Zeitalter entstammte, die an der Decke hängenden Drohnen vielleicht mit Leuchtkörpern verwechselt hätte. Cormac und Gorman blieben vor einer Panzertür stehen, in deren Mitte ein Display angebracht war. Gorman tippte auf den Monitor, und dieser ging an, zeigte das Innere der Zelle und beruhigte sie über die Tatsache, dass die Gefangene nicht neben der Tür hockte und sich dort bereithielt, sie anzuspringen. Es schien ohnehin unwahrscheinlich, dass sie in der Verfassung dazu war, da sie nach wie vor unter den Nachwirkungen des Betäubungsgiftes und einer robusten Abtastung litt. Gorman drückte die Handfläche auf das Sensorschloss neben der Tür; diese öffnete sich blitzschnell, und sie traten ein.
    Bett, Waschbecken und Toilette bildeten die Einrichtung. Das Bett war fest am Boden montiert, und das Waschbecken war ein dünnes Etwas, das man aus der Wand klappte. Keiner dieser Einrichtungsgegenstände ermöglichte es der Gefangenen, sich daran zu erhängen. Darüber hinaus war kein Bettzeug vorhanden, das man in einen Strick hätte verwandeln können, und die Papierkleidung der Gefangenen bestand aus einem Gewebe, das zu Pulver zerfiel, wenn man es auseinanderriss. Außerdem fand man hier keine scharfen Kanten oder irgendetwas, woraus man eine Klinge hätte herstellen können. Durch Stecknadelkameras weit oben in allen Winkeln des Raums hielt die Gefängnis-Sub-KI ständig Wache, und weitere Hardware in den Wänden überwachte die Lebenszeichen des Häftlings. Die ECS wollte nicht, dass ihre Gefangenen hier starben, obwohl es schon vorgekommen war. Gorman hatte Cormac die Geschichte eines Mannes erzählt, dem es gelungen war, sich im eigenen Urin zu ertränken, obwohl man ihn gleich darauf wiederbelebte, sowie die einer Frau, die die eigene Halsschlagader herausreißen konnte.
    »Hallo, Soldat Cormac«, sagte Sheen, richtete sich auf und schwang die Beine vom Bett. Ihm fiel auf, dass sie blaue Flecken hatte und ein paar wunde Hautstellen an den nackten Armen. Allerdings hatte niemand sie geschlagen – das waren Spuren der Vollspektral-Sondierung, der man sie unterzogen hatte, nur um sicherzugehen, dass nirgendwo an ihrem Körper Stücke von Synthohaut versteckt waren. Man hatte die von Carl erteilte Lektion gelernt.
    »Steh auf«, sagte Gorman, nahm den Zigarrenstummel aus dem Mund, warf ihn zu Boden und trat ihn aus.
    »Also keine höfliche Präambel?«, fragte Sheen.
    Sie sah noch immer wie ein Teenager aus, aber nach den vorliegenden Informationen war sie zweiundfünfzig. Das derzeitige Aussehen ging auf eine kosmetische Behandlung zurück und wurde von einem Satz Nanomaschinen aufrechterhalten, den sie im Körper hatte.
    »Du hast gehört, was er gesagt hat«, stellte Cormac fest. »Entweder kommst du aus eigener Kraft mit, oder wir tragen dich – ist mir einerlei.«
    »Uuh, harte Worte!«
    »Knall ihr einen auf die Titte – normalerweise gewinnt man damit ihre Aufmerksamkeit«, sagte Gorman.
    Cormac trat einen Schritt vor, aber Sheen schoss plötzlich auf die Beine. Er und Gorman nahmen sie in die Mitte, und Gorman packte sie über dem Ellbogen, während seine andere Hand den Betäubungsschlagstock lässig an der Seite hielt.
    »Gehen wir.« Er führte sie zur Tür, und Cormac folgte zwei Schritte hinter Sheen, wie man ihn zuvor angewiesen hatte.
    »Man muss dafür sorgen, dass sie keine Balance finden«, hatte Gorman ihm ebenfalls vorher erklärt. »Wenn sie ungeschult sind, hat man gewöhnlich keine Probleme, weil sie an der Hoffnung festhalten, sie würden irgendwie überleben und mit dem durchkommen, was sie getan haben, oder die ECS könnte versöhnlich sein, wenn sie kooperieren.« Er unterbrach sich für einen Moment, um Limetten-Chutney auf ein Stück Currybrot zu streichen, dieses zu mampfen und mit einem Schluck frischen Mangosaft herunterzuspülen. »Sheen wird anders reagieren. Sie ist geschult und gewieft und weiß, dass niemand eine Amnestie der ECS erhält. Jemals. Sie wird einen von uns angreifen, sobald wir den Zellenkorridor und damit auch den Einzugsbereich der dortigen Sicherheitsdrohnen verlassen, und sie wird um ihr Leben kämpfen, denn sie weiß: Falls sie verliert, ist dieses Leben sicherlich verwirkt.«
    Die Tür am Ende des Zellenkorridors stand offen. Gorman führte Sheen auf den anschließenden Flur. Sheen kippte zur Seite, als verlöre sie das

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