Der eiserne Thron
Transferportal, waffenstarrend bis zum Hals, und fanden sich auf einer silbern schimmernden Ebene wieder, die sich in weitem Rund bis in die
Dunkelheit erstreckte. Das einzige Bauwerk bestand aus einer
großen, metallenen Tür, mehr als vier Meter hoch und drei
breit, die anscheinend ins Nichts führte und genau im Zentrum der erleuchteten Ebene ruhte. Das Metall glänzte bronzefarben im Licht, das aus dem Boden selbst zu stammen
schien. Reihen tief eingeschnittener Schriftzüge in einer unbekannten Sprache zogen sich über die ansonsten glatten Flächen. Owen trat vor, um die Schrift eingehender zu betrachten. Die anderen blieben zögernd stehen. Owen warf ihnen
einen verächtlichen Blick zu und trat ganz dicht vor die
schwere Tür, ohne sie zu berühren. Die scharf konturierten
Muster schienen voller geheimer Bedeutungen zu sein, die
sich seinem Verstand entzogen. Er hörte ein schwaches Summen, das direkt aus der Tür kam: ein pochender, dumpfer
Klang, der ihm in die Knochen fuhr. Etwas schwebte in der
Luft, das spürte der junge Todtsteltzer. Er schob das Holster
seiner Waffe zurecht, um den Disruptor griffbereit zu haben,
und näherte das Gesicht den unbekannten Zeichen auf der
Tür. Ein schwacher Schatten spiegelte sich im dunklen Metall: ein grimmiges Gesicht mit zusammengepreßten Lippen.
»Kannst du dieses Gekritzel lesen?« fragte Hazel schließlich.
»Ihr könntet ruhig etwas mehr Respekt zeigen«, sagte
Owen, ohne den Blick von der Tür abzuwenden. »Ich habe so
etwas schon einmal gesehen, in ein paar mehr als neunhundert
Jahre alten Dateien, aber ich schätze, das hier ist eine Art Dialekt oder so. Jedenfalls haben diese Schriftzeichen überhaupt
keine Gemeinsamkeiten mit der Imperialen Standardschrift.
Ich bezweifle stark, daß es außer mir mehr als ein Dutzend
Gelehrte im gesamten Imperium gibt, die diese Schrift zuordnen könnten.«
»Schön, Aristo, wir sind sehr beeindruckt«, sagte Ruby Reise. »Aber kannst du sie auch entziffern? Was bedeuten die
Worte?«
»Im Grunde genommen nichts weiter, als daß wir uns fernhalten sollen. Wir sollen nicht durch diese Tür gehen, weil
uns sonst etwas verdammt Unangenehmes zustoßen könnte.
Aber es ist keine Drohung. Ich denke, es soll eher eine …
Warnung sein. Du bist so still, Giles? Würdest du vielleicht
gerne etwas über diese Tür sagen?«
»Nun, ich kann dir zumindest eine interessante Sache verraten. Als ich das letzte Mal auf dem Planeten war, war sie noch
nicht hier. Genausowenig wie die Ebene. Das hier war nur
eine ganz gewöhnliche Höhle, die die Wolflinge aus dem soliden Gestein gehauen hatten.«
»Ich kann Euch noch eine weitere höchst interessante Einzelheit verraten«, mischte sich Jakob Ohnesorg ein. »Diese
Tür spiegelt sich nicht auf dem Boden.«
Owen warf unwillkürlich einen Blick nach unten. Er konnte
sein eigenes Spiegelbild und das seiner Kameraden im silbernen Boden erkennen, aber von der Tür keine Spur. Die Haare
in seinem Nacken stellten sich langsam auf, als ein kalter
Wind sich erhob.
»Und was machen wir jetzt, Vorfahr?« fragte er endlich und
blickte zu Giles. »Was werden wir deiner Meinung nach hier
finden?«
»Den Eingang zum Reich der Wolflinge und den Weg zum Labyrinth des Wahnsinns . Wegen der Wolflinge brauchst du
dir keine Gedanken zu machen; sie sind alle tot. Jedenfalls bis
auf den einen, den Wächter des Labyrinths. Er sollte noch
immer irgendwo hier in der Gegend sein und warten.«
»Nach mehr als neunhundert Jahren?« fragte Hazel. »Du
meinst, er liegt in Stasis wie du?«
»Nein«, erwiderte Giles. »Er ist unsterblich, versteht Ihr?
Sie alle waren unsterblich, jedenfalls theoretisch. Das war
zumindest ein Teil des Problems. Die Wissenschaftler hatten
einen Weg gefunden, wie man ewig leben konnte, aber man
mußte ein Wolfling werden, damit es funktionierte. Und
Wolflinge, ganz egal was sie sonst noch alles waren, menschlich waren sie nicht. Jedenfalls nicht in der Art und Weise,
wie wir diesen Begriff verstehen. Ihr Verstand arbeitete …
anders. Nein, er sollte noch immer hiersein. Der letzte seiner
Art. Er wartet.«
»Auf was?« fragte Ruby Reise.
»Das könnt Ihr ihn gerne selbst fragen, wenn wir ihn treffen«, erwiderte Giles. »Ich für meinen Teil habe nie eine
Antwort von ihm bekommen, die irgendeinen Sinn ergab.«
»Na prima«, sagte Owen. »Dann ist jetzt ja alles geklärt,
oder? Oz, kannst du mich hören?«
»Ja, Owen«, erklang Ozymandius’ Stimme in
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