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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Gefühl, beobachtet zu werden, nahm stetig an Intensität zu, aber das war
noch nicht alles. Irgendwie gelangte er zu der Überzeugung,
daß das Labyrinth selbst lebendig und sich der Anwesenheit
von Eindringlingen bewußt war; nicht wie eine Laborratte in
einem wissenschaftlichen Versuch, nicht einmal wie ein Antikörper in einem Blutkreislauf, sondern eher so, als wäre er die
letzte … Komponente in einer Gleichung, die zuvor nicht lösbar gewesen war. Owen steckte sein Schwert und den Disruptor weg und wanderte weiter, angezogen von einem Ungewissen Versprechen oder etwas anderem, das er nicht zu benennen vermochte. Er erblickte Gesichter und hörte Stimmen, es
gab Lichter und Geräusche, und Bilder aus der Vergangenheit
schlugen über ihm zusammen wie die zurückkehrende Flut,
hartnäckig und unaufhaltsam.
    Er durchlebte seine erste Begegnung mit dem Wolfling aufs
neue, halb Mensch, halb Tier, nicht gezeugt und nicht von
Gott geschaffen und von seinen Schöpfern aufgegeben, weil
er soviel mehr war, als sie beabsichtigt hatten. Owen hätte
nicht im Traum daran gedacht, ein derartiges Wesen zu schaffen. Er hatte sich immer Kinder gewünscht, doch sich selbst
als ihrer nicht wert betrachtet. Er wollte, daß seine Kinder
einen wirklichen Vater hätten – nicht diese weitentrückte autoritäre Gestalt, die alles war, was er je von seinem Vater gekannt hatte.
    Das Bild seiner ersten Begegnung mit Giles zeichnete sich
vor Owens geistigem Auge ab, wie der Erste Todtsteltzer in
seiner silbernen Säule geruht hatte wie ein Insekt, das im
Bernstein eingeschlossen war, Vorfahre, Legende und noch
weit mehr. Mehr oder weniger so, wie Owen sich seinen
Ahnherrn immer vorgestellt hatte. Der große Krieger, dem
nachzueifern Owen Todtsteltzer schon von frühester Kindheit
an erzogen worden war; ein Kämpfer von unerreichbarer Perfektion … ein müder, alter Mann in schmierigen Fellen, gebeugt von der Last seiner Erfolge und Fehlschläge, schuldig
des Massenmordes, der sich verzweifelt an die Ehre des Todtsteltzer-Clans klammerte.
    Und Owen kämpfte sich erneut durch die tödlichen Gefahren des Dschungels von Shandrakor , der vor gewalttätigen
Lebewesen nur so wimmelte; gepanzerte Gestalten mit Blut
an den Zähnen und Klauen, die direkt aus seinen Alpträumen
entsprungen zu sein schienen und ihn von allen Seiten zugleich bedrängten. Er wehrte sich mit Schwert und Pistole und
kämpfte, weil er keine andere Wahl hatte. Er konnte, er durfte
sich nicht abwenden und fliehen, weil seine Kameraden ihn
brauchten.
    Zurück, weiter zurück. Owen wanderte wieder durch die
engen, müllübersäten Straßen von Nebelhafen , und der
Schnee knirschte unter seinen Stiefeln. Nebel umgab ihn wie
eine feuchte graue Wand. Er traf Ruby Reise, kalt und furchteinflößend, und Jakob Ohnesorg, den zerbrochenen Helden,
der so ganz anders war, als die Legende berichtete. Owen
kniete auf dem blutbesudelten Schnee neben einem jungen
Mädchen in zerschlissenen Fellen. Sie weinte hilflos wegen
ihrer verstümmelten Beine, und überall war Blut, so entsetzlich viel Blut. Seine Arme waren bis zu den Ellbogen voll
damit, und es tropfte von seinen Fingern. Sie war noch ein
Kind, und trotz all seiner Fähigkeiten und seiner Kraft und
seines Könnens war er hilflos. Owen konnte nichts für sie tun
bis auf das eine, das Unaussprechliche, das er getan hatte.
    Er stand allein, umzingelt und belagert von einer blutdürstigen Bande von Mördern, damit Hazel eine Chance hatte zu
entkommen. Sein Schwert hieb und stach nach allen Seiten
zugleich, und er beobachtete, wie seine Gegner unter der
Klinge starben, aber sie waren zu viele. Am Ende begruben
sie ihn unter sich. Und ein Teil von ihm dachte, daß er es
nicht besser verdient hatte. Owen kämpfte trotzdem weiter. Er
wußte nicht, was er sonst hätte tun sollen. Dann kehrte Hazel
zurück, zusammen mit Tobias Mond, dem Hadenmann, und
sie retteten ihn. Der Hadenmann. Man mußte ihn im Auge
behalten und studieren, aber man durfte ihm niemals, niemals vertrauen.
    Er kämpfte gegen seine eigenen Wachen, zu Hause auf den
grasbedeckten Hügeln von Virimonde , und er tötete viele bekannte Gesichter, in denen Wut und Gier geschrieben stand.
Er tötete seine Mätresse, Katie DeVries, und hielt sie in den
Armen, während sie starb. Owen hatte sie geliebt, aber als der
Augenblick sich näherte, hatte er sie ohne zu zögern niedergestochen. So war er ausgebildet worden. Historiker.

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