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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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hätte man eine Stecknadel fallen
hören können, als die Höflinge auf die Antwort des Richters
warteten. Wenn es im Reich jemals einen Menschen gegeben
hatte, dem alle vertraut, den alle bewundert hatten, ja, der von
allen verehrt worden war, dann Richter Wesley. Seine Urteile
waren von legendärer Vernunft und Wahrhaftigkeit, und die
wenigen Bücher, die er geschrieben hatte, gehörten praktisch
zur Pflichtlektüre der oberen Klassen. Und nun saß dieser
Mann zusammengesunken in einer Stasiskugel, blutverschmiert und gedemütigt, und vielleicht gab es im gesamten
Imperium keine Gerechtigkeit mehr. Langsam hob er den
Kopf, als würde selbst eine so einfache Bewegung unendlich
viel Kraft kosten. Irgendwann während seiner Gefangenschaft
hatte man ihn übel zugerichtet. Ein Auge war vollständig zugeschwollen, und getrocknetes Blut klebte an seinen aufgeplatzten Lippen. Aber obwohl er so unendlich tief gefallen
war, besaß er noch einen Rest von Würde, und als er schließlich zu sprechen begann, klang seine Stimme ruhig und gemessen.
»Ich habe Euch achtunddreißig Jahre lang gedient, Löwenstein. Ich sprach Recht über alle, die vor mir standen. Zumindest habe ich mir das immer gesagt. Zu meiner Schande muß
ich nun gestehen, daß es viel zu lange dauerte, bis ich das Böse in Euch und Euren Gesetzen erkannte. Mein Leben war zu
einer einzigen Verhöhnung dessen geworden, an das ich
glaubte. Aber am Ende erkannte ich die Wahrheit, und jetzt
werde ich meinen Blick nicht abwenden, selbst wenn das
Licht in meinen Augen schmerzt. Ich habe eine einfache Tatsache entdeckt: auch Klone sind Menschen.«
»Nicht, bevor Wir nicht sagen, daß es so ist«, erwiderte die
Herrscherin. »Aber Er hat Unsere Frage nicht beantwortet,
Richter. Wie lange schon haben Wir einen Verräter an Unserer Brust gesäugt?«
Der Richter erwiderte standhaft ihren Blick und schwieg.
Die Imperatorin lächelte.
»Versteht Er, was das für ein Apparat ist, in dem Er gefangen ist, Verräter? Es ist ein Stasisfeld. In dieser Kugel vergeht
die Zeit, wie Wir das befehlen. Wir können ihren Fortgang
beschleunigen oder verlangsamen, ganz wie Wir wünschen.
Ein Jahr kann in einer einzigen Sekunde vergehen, oder eine
Sekunde kann ein Jahr dauern. Ein einziges Augenzwinkern,
und Er hat ein ganzes Jahrzehnt Seines Lebens verloren, und
Er ist ein Greis in der Zeit, die es braucht, um unsere Fragen
zu beantworten. Es sei denn, Er kommt zur Vernunft. Gib Er
Uns die Namen des Abschaums, mit dem Er zusammengearbeitet hat, und verrate Er Uns, wo der Pöbel seine Schlupflöcher hat, und Er ist frei. Wir geben Ihm Unser Wort als Imperatorin.«
Der Richter grinste plötzlich, und frisches Blut strömte über
sein Kinn, als seine Lippen erneut aufsprangen. »Euer Wort
ist wertlos, Löwenstein. Ehre und Würde sind Euch fremd.
Ich habe Euch nichts zu sagen.«
Die Imperatorin lehnte sich auf ihrem Thron zurück und gestikulierte knapp zu einem der Wachposten neben der Stasiskugel. Der Posten betätigte einen kleinen Regler auf einem
Kontrollfeld an seinem Handgelenk, und der Richter grunzte
überrascht auf, als hätte ihn jemand geschlagen. Plötzlich begann sein Haar zu wachsen, und dichte weiße Strähnen erschienen darin. Tiefe Falten gruben sich in sein Gesicht. Seine
Gestalt schrumpfte merklich, und seine Hände alterten zu
Klauen. Er stöhnte vor Schmerzen, als Arthritis seine Gelenke
befiel. Löwenstein hob eine Hand, und der Alterungsprozeß
hörte auf. Innerhalb weniger Augenblicke waren in der Kugel
vierzig Jahre vergangen.
»Sprich Er mit Uns, Nikolaus. Das ist die letzte Gelegenheit, die Wir Ihm anbieten können. Ist Er wirklich willens zu
sterben, um Kreaturen zu schützen, die nicht einmal menschlich sind?«
Richter Nikolaus Wesley bedachte die Herrscherin mit einem Lächeln, in dem bereits der Totenschädel zu erahnen
war. »Selbst der niedrigste aller Klone ist mehr wert als Ihr,
Löwenstein.«
Die Herrscherin machte eine wütende Handbewegung, und
die Zeit raste durch das Stasisfeld der Kugel wie der Sand
durch ein Uhrglas. Der Richter verwandelte sich in einen gebrechlichen Greis. Sein Haar fiel aus, und seine Haut wurde
fleckig. Sein Gesicht magerte zum Schädel ab, als die Knochen sich durch die zusammenschrumpfende Haut drückten.
Und noch immer hatte er nichts zu sagen. Die Zeit verging.
Der Richter starb, und sein Körper zerfiel. Schließlich war
nichts mehr im Stasisfeld zu sehen bis auf seine

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