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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Blicken unsere Gesichter und darin den Trost für das Entsetzen der drei Kleinen.
    Die Kinder drängen sich um die Beine eines Vorarbeiters, der am Anleger steht und ein paar seiner Männer beim Entladen eines Bootes beaufsichtigt. Er hat Mühe, sich auf den Beinen zu halten, so zerren die Kinder an ihm. Als er den Grund für ihre Panik bemerkt, als er uns sieht, zerlumpte Gespenster mit Frauenhaaren und Bärten, die wir langsam zu der Anlagestelle hinabgehen, ruft er ein Kommando; und zwei der Männer springen sogleich aus dem Boot. Es muss das Schnellboot aus der Bucht sein. Sie beruhigen die Kinder, während der Vorarbeiter, ein junger Mann, größer als Crean und so breit, wie Crean einmal war, mit weit auseinander stehenden Augen, weißem Haar und rotem Gesicht, beherzt auf uns zukommt. Dann bleibt er stehen, verschränkt die Arme und versperrt uns den Weg.
    Shackleton seinerseits breitet die Arme aus und bedeutet uns damit, nicht weiterzugehen.
    Â»Wären Sie bitte so freundlich, uns zu Kapitän Sørlle zu bringen!«, ruft er streng und auf Englisch hinüber.
    Der Norweger ist nicht älter als ich; er zögert zu antworten. Und ebenso zögerlich blickt er sich um nach den Kindern.
    Â»Bitte, Sir!«, ruft Shackleton ihm zu.
    Kapitän Sørlle tritt aus der Tür des Hauses im Zentrum der Siedlung. Er ist in Hemdsärmeln; Roald Amundsens Schwager hat eine Serviette in der Hand, im Gesicht einen großen, silbern glänzenden Schnauzbart, und er ist sichtlich verblüfft über den abendlichen Menschenauflauf. Mehr als zwei Dutzend Arbeiter, dazu Frauen und Kinder haben uns in gebührendem Abstand bis zu der Treppe begleitet, über die der Stationsleiter finster dreinblickend herabkommt, um uns einer schweigenden Musterung zu unterziehen.
    Der junge Vorarbeiter erläutert ihm ausführlich die Situation, und endlich hat sich der Kapitän so weit gesammelt und dabei den Bart gesäubert, dass er vor uns hintreten mag.
    Â»Sie kommen aus den Bergen, sagt man mir. Stimmt das?«
    Shackleton nickt.
    Â»Unmöglich«, sagt Sørlle. »Woher genau kommen Sie?«
    Â»Wir haben unser Schiff verloren. Vor 36 Stunden sind meine Begleiter und ich von der König-Haakon-Bucht aufgebrochen. Es ist wahr, Herr Kapitän. Erkennen Sie mich denn nicht?«
    Â»Ich kenne Ihre Stimme. Sie sind der Steuermann der DAISY . Nennen Sie mir Ihren Namen.«
    Sir Ernest antwortet ganz ruhig. »Mein Name ist Shackleton.«
    Thoralf Sørlle sieht mich an und sieht Crean an, bevor sein Blick zurückwandert zu Shackleton. Er breitet einen Arm aus.
    Â»Kommen Sie«, sagt er. »Kommen Sie ins Haus.« Er geht voran. Aber der Kapitän hat die Treppe, die hinaufführt zu dem hell erleuchteten Haus, noch nicht erreicht, als er sich abwendet und anfängt zu weinen.

Fünfter Teil
DIE FLIEGENDE ENNID
    Zwischen Ebbw und Usk
Sag willkommen, und winke zum Abschied

1
Zwischen Ebbw und Usk
    A n einem jener Tage, als die Nachricht um die Welt läuft, Shackleton sei es im vierten Anlauf gelungen, die Verschollenen von der Elefanten-Insel allesamt zu retten, sitze ich mit Mrs. Simms auf der Veranda ihres Häuschens am Ebbw und trinke Tee. Ich muss Mrs. Simms, um ihr den Kummer zu vertreiben, alles erzählen und bin mit den Gedanken doch ganz woanders. Ich denke an ein Schiff, das ich nie zu Gesicht bekommen werde, von dem ich nur den Namen kenne.
    Die herbstlich goldene Krone der Ulme kurz vor der Uferböschung zischelt, wenn es still ist. Ein größerer Vogel, eine Elster oder eine Saatkrähe, hüpft darin von Ast zu Ast, und kaum kleiner als die Ulmenkrone steht neben ihr die Scheibe der tiefen Sonne, die gar nicht blendet.
    Eine letzte Stunde bis zur Dämmerung, sagt ein Blick zum Himmel, bald muss ich aufbrechen. Meine Schwester, die mindestens ebenso traurig ist wie Mrs. Simms, Regyn braucht mich, sie und der Kleine warten.
    Â»Ich habe kein Licht am Fahrrad«, sage ich, ohne Mrs. Simms anzusehen. »Es wird gleich dunkel.«
    Â»Warum hat dieser Kapitän … wie war sein Name?« Sie fragt mit entschuldigendem Lächeln, bevor sie zur Teekanne greift. »Du nimmst noch eine Tasse, Merce, einverstanden? Brombeerblättertee reinigt die Nieren.«
    Zum Zeichen meines Einverständnisses tippe ich an die Tasse. »Danke. Dann muss ich aber wirklich fahren.«
    Ãœber das polierte Silber huscht mein

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