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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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sage ich fröhlich und hebe die blutigen Hände, und derselbe Haufen, der beim Frühstück aufeinander hockte, starrt mich entgeistert an. Bloß Hurley fehlt. Er ist noch nicht zurück.
    An diesem Abend ist scheinbar noch nicht genug Blut geflossen. Eine Igelfrisur später bin ich mehrmals auf dem Stuhl eingenickt und aus Träumen von Erdbeeren und Frau Jacobsens Brüsten hochgeschreckt, wenn mich Greens Schere zwickte. Ich fühle, wie kurz die Borsten sind, weil ein kühler Hauch meinen Schädel anfliegt und weil ich den Berg Wolle vor mir auf dem Tisch liegen sehe.
    Getrampel an Deck und auf der Treppe, schon fliegt die Schwingtür auf, und ein von Kopf bis Fuß blutverschmierter Mann torkelt ins Ritz. Er hat nicht Hurleys Locken, er duftet nicht, hat keine Kamera dabei, und trotzdem ist es Hurley.
    Die, die sitzen, springen auf.
    Â»Frank! Ja, du heilige Scheiße!«
    Der Prinz lässt sich auf einen Stuhl fallen. Er riecht wirklich nicht gut. Wir halten Abstand. Verletzt scheint er nicht zu sein. Statt etwas zu sagen, hält er ein rundes Ding hoch, das an einer Schnur um seinen Hals hängt. Es hat den Durchmesser einer Untertasse und ist aus Leder.
    Â»Was ist das?«, fragen nicht wir, sondern fragt Hurley uns.
    Keiner weiß es.
    Â»Das ist der Jonas-Orden, ihr Idioten«, sagt er. »Den haben sie mir verliehen.«
    Wer? Und wofür?
    Frank Hurley erzählt es uns, während Green ihn säubert und, wo er schon mal dabei ist, während er dem Prinzen die Locken stutzt.

5
Der Jonas-Orden
    W ährend das Harpunenboot, mit dem ihn die Norweger abgeholt hatten, auf das Schiff zuhielt, fiel Hurley die ungewöhnliche Form der SIR JAMES CLARK ROSS auf, deren Heck mit einer riesigen auf- und zuklappbaren Pforte versehen war. Als die Ruderer das Boot darunter hindurchpullten, kam ihm die einen Spaltbreit offen stehende Stahlklappe wie das Portal zur Hölle vor. Aus den Speigatten des schwimmenden Schlachthauses rann Blut ins öl- und fettverschmierte Wasser. Hurley war so angeekelt, dass er nicht einmal daran dachte, ein Foto zu machen.
    Allerdings war der Kontakt mit dem Schiff nicht zu vermeiden, denn die Norweger machten längsseits daran fest, und er musste seine Ausrüstung über das mit Speckstreifen und Fleischstücken übersäte Flenserdeck tragen. Eingezwängt zwischen der ROSS und dem Anleger lag backbord festgemacht das kleine Fangschiff STAR   X , zu dem er hinunterstieg und an dessen Reling der Meisterschütze der Flotte, der Maat Als Larsen, ihn begrüßte.
    Kaum waren er und die Kameras an Bord, machten die Langbärte, die ihn hergerudert hatten, die Leinen los, die Maschine sprang an und die STAR   X suchte sich einen Weg durch die Walleiber, die wie halb aufgeblasene Ballons im Wasser trieben. Mit guten zwölf Knoten machten sie sich davon.
    Von seiner Fahrt mit Mawson her kannte Hurley Carl Larsen, den berühmten Vater des Maats, der die Walfangstationen auf Südgeorgien gegründet hatte und Kapitän von Otto Nordenskjölds Expeditionsschiff ANTARCTIC gewesen war. Somit hatten sie ein Gesprächsthema, als ihm Larsens Sohn die STAR   X zeigte und ihn auf die Schussplattform über dem Bug führte, wo er ihm die Funktionsweise der Harpunenkanone erklärte.
    Hurley sollte sie schon bald kennen lernen. Das Schiff hatte Barff Point und die Nansen Banks hinter sich gelassen und manövrierte mit unverminderter Geschwindigkeit durch die ersten Treibeisfelder. Sie sahen wie riesige schwimmende weiße Steinplatten aus, die zu Bruch gegangen waren. Und aus dem Krähennest kam der Ruf: »Wal, da bläst er – Wal backbord voraus!«
    Sie wendeten, und die Jagd schien loszugehen. Eine Gischtfontäne, mit bloßem Auge kaum zu erkennen, stieg am Horizont auf. Bei ihrem Anblick kam von einer zur anderen Sekunde Leben in die Männer. Sie johlten und lachten, und einige von ihnen sangen immer wieder dieselbe schaurigschöne Melodie.
    Larsen dagegen blieb ganz ruhig. »Ein Pottwal«, sagte er. »Der nützt uns nichts. Aber wir werden näher rangehen, so haben die Männer ihren Spaß, und Sie können filmen.«
    Seit einiger Zeit wurden Pottwale nicht mehr gejagt, weil sich ihr Öl mit dem anderer Arten nicht mischen ließ. Die STAR   X hielt einzig nach Finn- und Blauwalen Ausschau.
    Bald waren in der ruhigen See die Umrisse des Wals zu erkennen. Im blauen Wasser

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