Der Eisplanet
Zylonias schob sich der Vorhang beiseite und enthüllte die Glasscheibe eines herrlichen Aquariums. Es war atemberaubend schön. Idris war erstaunt und fasziniert von dem goldenen Sandboden, den vielfarbigen Fischen und den prächtigen Korallen.
»Sie sehen«, sagte Zylonia, »daß man auf einer Eiswelt leben kann, wenn man bedürfnisgerechte Verhältnisse herstellt. Möchten Sie etwas trinken?«
»Was können Sie anbieten?« forschte er neugierig.
»Scotch, Gin, Kafra, Rot- und Weißwein.«
»Sie produzieren das alles auf Minerva?«
»Wir können es nicht importieren, Idris.«
»Natürlich. Die Frage war dumm. Was ist Kafra?«
»Marsianischer Brandy. Ich dachte, er sei Ihnen bekannt.«
»Offenbar gab es ihn erst nach meiner Zeit. Ich versuche ihn.«
Sie füllte ein Glas und reichte es ihm. Er trank und genoß die Wärme in seiner Kehle. »Sind Sie verheiratet, Zylonia? Ich meine, gibt es einen Mann, der nur Sie liebt und den nur Sie lieben, mit dem Sie ständig leben? Ich hätte die Frage früher stellen sollen.«
Sie lächelte. »Wir gehen keine permanenten Bindungen ein. So etwas führt zu Eifersucht und Abhängigkeit. Gegenwärtig bin ich ungebunden.« Sie zögerte. »Das Projekt hat viel von meiner Zeit und Kraft beansprucht.«
Er leerte das Glas. »Dieser Kafra hält einem Vergleich mit französischem Kognak nicht stand.« Er lachte grimmig. »Aber da ich nie mehr französischen Kognak trinken werde, werde ich mich mit Kafra abfinden. Darf ich mehr haben?«
Zylonia füllte sein Glas ein zweites Mal und nahm sich ebenfalls eines. »Sie scherzen. Das ist ein gutes Zeichen. Haben Sie vor, sich zu betrinken?«
»Möglicherweise. Zu rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich ... um meinen neuen Körper zu testen. Was für einen Trinkspruch gebraucht man auf Minerva?«
»Wir sagen: Talbot lebt.«
»Ich weiß einen besseren. Die Erde lebt.« Er hob sein Glas. »Möchten Sie mit mir darauf trinken?«
»Warum nicht? Die Erde lebt.« Sie stießen die Gläser aneinander und tranken.
»Wie steht es mit Kindern?« erkundigte sich Idris abrupt. »Man braucht eine Zweierbeziehung, um Kinder aufzuziehen.«
Sie lachte. »Sie sind drollig. Die Familienzelle ist etwas Prähistorisches. Vom psychohistorischen Standpunkt aus gesehen, war sie die Wurzel von Stammesfehden, Nationalismus, Chauvinismus und Sektierertum.«
»Jesus Christus«, entfuhr es ihm. »Ich fürchte, ich muß noch viel lernen.«
»Sind Sie Christ?« fragte sie. »Nach meiner Kenntnis waren die christlichen Länder der Erde außerordentlich aggressiv und brutal.«
»Nein, ich bin kein Christ ... Wodurch ist die Familienzelle, wie Sie es nennen, abgelöst worden?«
»Die Vermehrung geschieht nach genetischen Kriterien. Jede von der Genetikbehörde als geeignet anerkannte Frau darf zwei Kinder gebären, in Ausnahmefällen, falls ihre genetischen Qualitäten besonders hoch sind, auch drei.«
»Kann ich noch Kafra haben?«
»Also wollen Sie sich wirklich betrinken«, sagte Zylonia. »Bedienen Sie sich, Idris. Ich finde es bedauerlich, aber verstehe es.«
Idris füllte sein Glas und leerte es mit einem Zug, dann lachte er. »Hört man uns ab?«
Ihre Miene wirkte aufrichtig verwundert. »Nein. Warum sollte man? Dies ist meine Wohnung. Sie sind mein Gast.«
»Gut. Dann, liebe Zylonia, darf ich Ihnen wohl sagen, daß diese minervische Kultur stinkt. Sie stinkt nach Komputern, nach diesem verspäteten Jesus namens Garfield Talbot und nach technokratischer Diktatur.«
»Sie sind schon betrunken.«
Er füllte sein Glas erneut. »Keineswegs, ich fange erst an. Lassen Sie mir Zeit.«
Zylonia stand auf. »Ich glaube, ich sollte Dr. de Skun benachrichtigen.«
»Sie benachrichtigen weder ihn noch überhaupt irgend jemand, Zylonia. Sie haben erlebt, wozu ich fähig bin.«
»Sie drohen mir?« In ihrer Stimme klang Zorn mit. »Ich habe mich zu glauben bemüht, Sie seien kein gewalttätiger Mann.«
Er gab einen schweren Seufzer von sich. »Bitte verzeihen Sie. Rufen Sie ihn, wenn Sie es wollen ... Ich wünschte bloß, Sie täten es nicht.«
»Ich verzichte darauf. Idris, ich weiß sehr viel über Sie, über Ihre Kindheit, über Ihre Raumfahrten. Es steht alles in Ihrem Psycho-Dossier ... Ich habe Verständnis für Ihre Empfindungen, Ihre Einsamkeit, Ihre Trauer um Ihre Kameraden von der Dag Hammarskjöld, für Ihr Mißtrauen. Aber ich bitte Sie dringend, sich in Ihrem und unserem Interesse vernünftig zu verhalten.« Er schickte sich an, etwas zu
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