Der Eisplanet
Straßen treffen. Sind Sie meiner Führerschaft würdig, will ich sie führen. Zu irgend etwas jedenfalls. Ob ich sie zum Kommunismus führe, hängt nicht von mir allein ab. Immerhin wird es besser sein als Talbots Bekenntnisse und die statische Gesellschaft der Gegenwart.«
»Das genügt«, sagte Damaris de Gaulle.
Sie ging. »Offenbar bist du unabbringbar entschlossen, dich ins Unglück zu stürzen«, sagte Mary, nachdem das Mädchen verschwunden war.
»Nein, Liebste«, erwiderte Idris besänftigend. »Ich bin unabbringbar entschlossen, mein Glück durchzusetzen. Irgendwie werden du und ich zur Erde zurückkehren. Ich weiß, daß du ein Kind trägst, obwohl du mir noch nichts gesagt hast. Es wird den Boden seiner Heimatwelt betreten, und wenn ich sterben muß, um es dorthin zu bekommen. Begreifst du mich?«
»Ich begreife dich, Idris«, sagte Mary Evans. Ihre Augen leuchteten plötzlich. »Ich begreife dich vollständig.«
Als Idris aus seinem »Freiheitsentzug mit psychiatrischer Behandlung« entlassen wurde, erlegte man ihm Bedingungen auf, die seine Bewegungsfreiheit weiterhin einschränkten. Man erteilte ihm ein absolutes Verbot des Kontakts mit Zylonia de Herrens, ausgenommen zufällige Begegnungen in der Öffentlichkeit. Aber seine Auflagen umfaßten noch andere, weitaus schlimmere Beschränkungen.
Man gab ihn in die Obhut von Mary Evans, die für sein gutes Benehmen völlig haftete. Das bedeutete, daß sie, wenn er nochmals entgleiste – falls er entgleiste –, ebenfalls zur Verantwortung gezogen und vielleicht bestraft wurde. Zwei würden für einen büßen. Es handelte sich, wie er sofort konstatierte, um eine Art von Erpressung. Aber kein orthodoxer Minervier hätte so davon gedacht.
Noch hinderlicher war die Tatsache, daß er sich alle zehn Tage im Hospital von Vorshinski City zur Kontrolluntersuchung vorstellen mußte, wo man die EEG-Hirnströme analysierte und ihn einer höchst subjektiven Befragung durch einen Psychiater unterzog, der ermächtigt war, mittels einer Art von kompliziertem Polygrafen den Wahrheitsgehalt seiner Antworten zu überprüfen.
Außerdem verlangte man von ihm, daß er an öffentlichen Veranstaltungen oder Versammlungen – umständlich definiert als Gruppe von mehr als fünf Personen – nicht teilnahm oder solche einberief, ohne zuvor die Genehmigung des Lokalrats von Vorshinski City einzuholen.
Die härteste aller Auflagen war jedoch sicherlich jene, die ihm bis zum anderslautenden Bescheid (den er höchstwahrscheinlich niemals erhalten sollte) untersagte, sich an der genetischen Kooperation zu beteiligen. Das bedeutete, daß er keine Frau befruchten durfte.
Aber Mary war bereits schwanger. Sobald man dies entdeckte – und es ließ sich nicht für lange verheimlichen –, würde man sie einer Zwangsabtreibung unterziehen und wahrscheinlich sowohl sie wie auch Idris bestrafen. Von Idris' Auflagen ganz abgesehen, mußte jede Zeugungsabsicht zuvor behördlich gebilligt werden, eine Tatsache, um die Mary gewußt hatte. Aber sie war von ihr verdrängt worden, wahrscheinlich weil Mary so verzweifelt von Idris hatte geschwängert werden wollen. Das Adam-und-Eva-Syndrom ...
Unter der perfekten Praxis der Geburtenkontrolle und der freien Erhältlichkeit absolut sicherer Verhütungsmittel würde man die Schwangerschaft zwangsläufig als absichtlichen Verstoß gegen die minervischen Gesetze auslegen.
Wie auch immer, so sah Idris ein, die TT-Partei würde in die Lage versetzt, den letzten Mann der Erde endgültig zu diskreditieren. Die Zeit arbeitete für die TT-Partei. Jede Hoffnung, die Minervier durch friedliche Überzeugungsarbeit zur Aufgabe ihrer eingefrorenen Prinzipien bewegen zu können, schwand nun restlos. Wenn noch etwas getan werden konnte, dann mußte es schnell geschehen.
Mary Evans verfügte über ein Apartment in Talbot City, unglücklicherweise in der Nähe der Wohnung – falls man ein standardisiertes Maulwurfsloch so nennen durfte – von Zylonia de Herrens. Man hatte auch Idris ein eigenes Apartment angeboten – ironischerweise jenes, das früher Manfrius de Skun bewohnt hatte. Es lag im Zentrum von Vorshinski City. Man hatte alles entfernt, das an den vorherigen Bewohner erinnerte, und die Wohneinheit ähnelte den anderen, die Idris schon gesehen hatte. Aber er verzichtete darauf. Er glaubte nicht an Geister, aber er empfand zu viel Respekt und Zuneigung für den Mann, der ihn aus dem Totenschlaf erweckt hatte, um dessen Heim übernehmen und ihm
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