Der Elbenschlaechter
für sich einheimsen will!« Mit diesen Worten sprang er an Bord einer Droschke, die sich, gefolgt von der zweiten, holpernd in Bewegung setzte und über die gekiesten Pisten Grauheyms von dannen ratterte.
»Blaak«, sagte Jorge nach einer ganzen Weile, die sie beide wortlos die Straße entlanggestarrt hatten. »Da wird heute Abend die Schlagzeile der Spätpost wohl einen gewissen Leiter der Stadtwache über den grünen Klee loben, was?«
Es dauerte einen Moment, bis Hippolit antwortete. Als er es tat, hatte das Pochen an seiner Schläfe interessanterweise vollständig aufgehört.
»Quintessenziell, lieber Jorge«, sagte er leise. »Aber eine zarte Ahnung sagt mir, dass der spontane Ruhm eines gewissen Leiters der Stadtwache sehr schnell in allgemeinen Unmut umschlagen wird. Sobald die Öffentlichkeit realisiert, dass mit dem Reptilienliebhaber Benktram keineswegs der echte Elbenschlächter in Pottz hinter Schloss und Riegel sitzt.«
»Nein?« Jorge, der bereits in Richtung Vulwoog losmarschiert war, hielt inne. Er erahnte die sorgfältig vorbereitete Pointe und drehte sich grinsend um. »Und das könnte in absehbarer Zeit passieren?«
Hippolit nickte müde und setzte sich ebenfalls in Bewegung. »Sobald bekannt wird, dass elbisches Blut einen viel zu hohen Eisengehalt für den Verdauungsapparat des tribekanischen Saugwurms hat. Wäre wirklich jemand dumm genug, an das Tier auch nur eine einzige Portion davon zu verfüttern, würde dieses sofort unter heftigen Koliken verenden. Und die gute Unja machte bei oberflächlicher Betrachtung einen recht lebendigen Eindruck, wie ich fand. Kommst du, alter Freund?«
10
Die junge Frau, die hinter dem weißen Schreibtisch saß und mit flinken Fingern unablässig etwas in ein großes, ledergebundenes Buch schrieb, war in den besten Jahren. Das dunkle Haar reichte ihr bis zur Hüfte. Sie war mollig, genau Jorges Kragenweite. Und sie besaß die schönsten Beine, die sich ein Troll bei einer Menschenfrau nur vorstellen konnte: leicht behaart. Darüber hinaus schien sie einen verdammt kurzen Rock zu tragen, denn von Jorges Sitzplatz zwei Schritte vor dem Schreibtisch sah es so aus, als sei die Empfangsdame von der Hüfte abwärts – bis auf ihre knöchelhohen Stiefeletten aus Wildleder – völlig nackt.
Jorge verlagerte sein Gewicht in dem ledergepolsterten Gästesessel und schlug die Beine übereinander. Er hatte einen gewaltigen Ständer.
Es war früher Abend. Seit gut einer halben Stunde saß Jorge schon im Vorzimmer der Firma Norrick & Borrick und wartete auf eine Audienz mit »Seiner Majestät«, dem Administrator des Fuhrunternehmens.
Es war bereits die dritte Adresse, die er heute ansteuerte. Seit dem überstürzten Abstecher nach Grauheym am frühen Morgen hatte Jorge noch keinen Schluck Alkohol zu sich genommen und mittags lediglich ein halbes Krügerschwein im Fisthammer vertilgt, einem eher fragwürdigen Imbiss im Fassviertel. Seine Stimmung war infolgedessen nicht die allerbeste.
»Nimm bitte die Transportunternehmen genauer unter die Lupe«, hatte Hippolit auf der Rückfahrt gesagt. »Es gibt ja nur drei, die Vulwoogs der Luxusklasse in ihrem Fuhrpark haben.
Vielleicht bringst du irgendetwas über die Fahrten unseres Mörders zum Pfuhl in Erfahrung.«
Nur drei, so, so.
Beim ersten Unternehmen, Rollwohl, dessen Firmensitz sich in einem tristen Backsteingebäude in Radberg, einem Viertel am äußeren Rand von Nophelet befand, hatte er fast zwei Stunden warten müssen, bis sich überhaupt jemand dazu bequemt hatte, mit ihm zu sprechen. Beim zweiten (Maxi-Dampf) hatte man ihn von einem hässlichen Mitarbeiter zum nächsten weitergereicht, bis Jorge endlich die Informationen erhalten hatte, die er benötigte – nämlich die, dass das Unternehmen von einem Konkursverwalter geführt wurde und seit geraumer Zeit keine Fahrzeuge der Nobelkategorie mehr auf den Straßen hatte.
Im Vorzimmer des Administratorenbüros von Norrick & Borrick schließlich wurde er nach all der Rennerei endlich für seine Mühen belohnt, und wenn es vorläufig nur durch den betörenden Anblick des Vorzimmermädchens war. (Des halbnackten Vorzimmermädchens?)
»Wie heißt du, mein Kind?«
Die dunkelhaarige Schönheit sah von ihren Unterlagen auf und lächelte ihn verführerisch an. »Wieso möchten Sie das wissen, Agent Jorge?« Es klang nicht unfreundlich, eher naiv.
»Na ja, wir Trolle haben da so unsere Sprichwörter«, murmelte Jorge unhörbar. Verdammt, er musste
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