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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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sogar, als sein schlimmster Teil sich auf uns niederließ wie ein riesiger weißer Vogel mit eisigen Schwingen. Da die Nächte den kurzen Tagen so schnell folgten, hatte ich mehr Zeit und konnte die Gesellschaft unserer Gäste zu meiner großen Freude zunehmend genießen. Mit Vaters Erlaubnis hatte ich meine Beeinflussung auf sie ausgeübt und ihnen versichert, dass nichts Ungewöhnliches in meinem Schlaf während des Tages im Keller oder meiner Abwesenheit am Essenstisch zu finden sei. Und so machte niemand eine Bemerkung darüber oder dachte auch nur daran, wenn ich herunterkam, nachdem ich mir bequemere Kleidung für den Abend angezogen hatte.
    Ich ging geradewegs zur Bibliothek, weil ich vorhatte, Olivers Brief sogleich zu beantworten und mich dann an die Arbeit zu machen, die Vater mir hinterlassen hatte. So langweilig sie sich auch immer herausstellen mochte, ich würde dennoch mein Bestes tun, ihm in allen Dingen zu helfen.
    »Hallo, Vetter«, begrüßte mich Anne, die am Bücherschrank stand, als ich hereinkam.
    »Hallo«, gab ich den Gruß zurück. »Haben Sie meinen Gibbon bereits durchgelesen?«
    »Kaum. Er ist interessant, aber ich wollte heute Abend etwas anderes lesen. Etwas, das ein wenig leichter ist als Geschichte.«
    »Hmm. Lassen Sie mich überlegen. Wie sieht es mit diesem Buch aus?« Ich nahm einen Shakespeare-Band heraus.
    »Ein Theaterstück?«
    »Eine Komödie. Es geht um Zwillinge, einen Jungen und ein Mädchen, die durch einen Unglücksfall getrennt werden; also verkleidet sich das Mädchen als Junge, um in der Welt zurechtzukommen.«
    »Sie scherzen!« Anne fand diese Idee ziemlich schockierend.
    »Dann verliebt sie sich in einen Edelmann, kann ihm aber ihr Geheimnis nicht enthüllen, und dann verliebt sich eine Dame in sie, die ebenfalls der Täuschung erliegt und denkt, sie sei ein junger Mann, und so weiter. Elizabeth fand dies alles sehr amüsant, und Sie werden es vielleicht ebenfalls so empfinden.«
    »Aber ein Mädchen, das sich als Junge anzieht? Das ist so unanständig!«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Es gibt sogar einige Stiche, Abbildungen, die es zeigen.«
    Ihr Kiefer klappte nach unten, aber die Neugierde wog schwerer als ihre Einwände. Sie ergriff das Buch und eilte davon, um seine offensichtlich vulgären Freuden zu erkunden, während sie mir nur ein hastiges »Danke« über die Schulter zuwarf. Ich lächelte hinter ihr und bemerkte, dass ich meine Kusine eigentlich recht gerne mochte.
    Anne hatte eine Freundlichkeit in ihrer Natur, die nicht mit ihrem Fonteyn-Blut übereinstimmte, sodass sie wahrscheinlich seinen entsetzlichen Auswirkungen entkommen war. Aber sie war keine besonders intelligente Frau, und einen großen Teil ihrer Konversation schöpfte sie aus Wiederholungen. Doch sie war hübsch, und eine ihrer stärksten Seiten war das Singen, da sie eine schöne Stimme hatte. Da es nichts gab, was an ihr nicht liebenswert war, wurde sie im Allgemeinen auch von anderen gemocht, zumindest so lange, wie die Unterhaltung intellektuell nicht zu anspruchsvoll wurde.
    Ich dachte, dass sie vielleicht irgendwo einen funktionierenden Verstand versteckt habe; er benötigte nur ein wenig Ermutigung, um sich zu zeigen. Wenn sie darüber sprach, wie die Dinge in Philadelphia lagen, hörte ich zu und reimte mir zusammen, dass von einem Mädchen dort nicht erwartet wurde, viel Intellekt zu besitzen; es wurde auch kein solcher benötigt. Den Tee auf die richtige Weise einzugießen, ein liebenswürdiges Gesicht zu machen, egal, was passierte, und dafür zu sorgen, dass die Bediensteten nicht aus der Reihe tanzten, war alles, was von ihr erwartet wurde; dies, und sich als gute Zuhörerin zu erweisen, wenn ein Mann mit ihr sprach. Ich verstand, warum Elizabeth eine solch niedrige Meinung von dem hatte, was die feine Gesellschaft an Frauen erstrebenswert fand.
    »Sie sind sehr freundlich zu ihr.« Eine Frauenstimme. Lady Caroline.
    Ich drehte mich von dem Bücherschrank um und fand sie gemütlich in Vaters großem Sessel am Feuer sitzend vor. Sie hatte ein Buch in der Hand, und mit einem Finger markierte sie die Stelle, an der sie aufgehört hatte zu lesen. Ich verbeugte mich ein wenig.
    »Es ist nichts.«
    »Oh, das ist es sehr wohl. Ich habe bereits vor einer Ewigkeit versucht, sie für Shakespeare zu interessieren, und sie wollte ihn nicht einmal anrühren. Sie dachte, es sei vielleicht zu verwirrend. Ich bewundere die Art, wie Sie Ihre Kusine dazu verleitet haben.«
    »Ich danke

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