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Der Engel Esmeralda

Der Engel Esmeralda

Titel: Der Engel Esmeralda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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mit Schwung über den Bordstein, und alle bei der Decke drehten sich um und starrten. Die Frau kollabierte beinahe, als der Polizist ausstieg. Er näherte sich der Gruppe routinierten Schrittes. Sie sah aus, als würde sie sich am liebsten fallen lassen, in die Decke sinken und verschwinden. Sie gab einen Laut tiefster Trostlosigkeitvon sich, und alle rückten ein bisschen näher heran, mit ausgestreckten Händen.
    Der Läufer nutzte den Augenblick, um den Dialog abzubrechen. Er kehrte zu seinen Runden zurück, versuchte den Rhythmus von Schritt und Atem wiederzufinden. Ein Arbeitszug fuhr mit brüllendem Signal hinter den Bäumen auf der anderen Seite des Weihers vorbei. Mit einem Gefühl des Unbehagens begab der Läufer sich in die weite Kurve am Südende. Er sah, wie das kleine Mädchen seinen Vater über einen schmalen Pfad Richtung Ausgang zerrte. Er sah ein zweites Polizeiauto auf der Wiese, weit links von ihm. Die Gruppe löste sich auf. Er überquerte die Brücke und hielt nach der Frau Ausschau, mit der er gesprochen hatte. Enten nahmen wackligen Anflug auf das verstreute Brot.
    Noch zwei Runden, dann konnte er Feierabend machen.
    Er lief schneller, immer noch um den richtigen Rhythmus bemüht. Der erste Polizeiwagen war mit der Frau weggefahren. Er sah, dass das hintere Ende des Weihers jetzt verlassen war und langsam in tiefem Schatten versank. Er nahm die Kurve, er wusste, dass er unrecht daran getan hatte, das Gespräch so abrupt abzubrechen, obwohl sie den scharfen Ton angeschlagen hatte. Ein Absperrkegel ragte aus dem seichten Wasser hervor. Der Läufer näherte sich der Brücke.
    Nach den ersten paar Schritten der letzten Runde scherte er aus auf die abschüssige Wiese, wobei er langsamer wurde und ins Gehen fiel. Ein Polizist stützte sich auf die Tür seines Streifenwagens, während er mit dem letzten Zeugen sprach, einem Mann, der dem Läufer den Rücken zukehrte. Autos rauschten vorbei, einige mit eingeschalteten Scheinwerfern. Der Polizist schaute von seinem Notizbuch auf, als der Läufer näher kam.
    »EntschuldigenSie die Unterbrechung. Ich frage mich nur, was die Frau gesagt hat. War es ihr Mann, jemand, den sie kannte, der das Kind entführt hat?«
    »Was haben Sie gesehen?«
    »Nur das Auto. Blau mit einem andersfarbigen Kotflügel. Viertürer. Nummernschilder oder Marke sind mir nicht aufgefallen. Ein extrem kurzer Blick auf den Mann, der sich etwas gebückt bewegte.«
    Der Polizist wandte sich wieder seinen Notizen zu.
    »Es war ein Fremder«, sagte er. »Mehr konnte sie uns auch nicht sagen.«
    Der andere Mann, der Zeuge, hatte sich halb umgewandt, und nun standen sie zu dritt beieinander, beklommen blockiert, und vermieden jeglichen Blickkontakt. Der Läufer hatte das Gefühl, in eine Rivalität von heiklen Ausmaßen hineingeraten zu sein. Er nickte, zu niemandem im Besonderen, und kehrte auf den Pfad zurück. Etwas planlos lief er wieder los, mit pumpenden Ellbogen. Eine Schar Möwen saß reglos auf dem Wasser.
    Der Läufer näherte sich dem Ende des Laufs. Er blieb stehen und beugte sich weit vornüber, die Hände in den Hüften. Kurz darauf setzte er sich wieder in Bewegung und ging den Pfad entlang. Der Streifenwagen war weg, Reifenspuren hatten sich ins Gras gegraben, drei Bögen mit geschwungenen Kämmen aus dicker Erde. Er erreichte die Straße und lief über die Überführung auf eine Reihe beleuchteter Geschäfte zu. Er hätte sie niemals herausfordern dürfen, egal wie fein säuberlich und unverrückbar ihre Version war. Sie hatte sie nur schützen wollen, sie beide. Woran würde man eher glauben, an einen Vater, der sein eigenes Kind raubt, oder an einen Fremden, der aus dem Nichts gesprungen kommt,aus dem Raum der Träume? Er suchte nach ihr auf den Bänken vor ihrem Haus, wo an warmen Abenden oft Leute saßen. Sie hatte versucht, den Vorfall in die Länge zu ziehen, zeitlich auszudehnen, ihn erkennbar zu machen. Würde man eher an eine willkürliche Gestalt glauben, an einen Mann außerhalb der Vorstellungskraft? Er sah sie unter einem Hartriegel sitzen, in einem rechts vom Eingang gelegenen Bereich.
    »Ich hab da hinten nach Ihnen Ausschau gehalten«, sagte er.
    »Ich kann an nichts anderes mehr denken.«
    »Ich habe mit einem Polizisten gesprochen.«
    »Weil, als ich es tatsächlich sah, konnte ich es gar nicht richtig begreifen. Es schien so weit hergeholt. Das Kind in den Händen des Mannes zu sehen. Ich finde, das war schlimmer als Waffengewalt. Die arme Frau, die dabei

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