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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Zweiersofa auf und griff nach der Fernbedienung, die zwischen einem Teddybären und einem Stoffhasen auf einem Beistelltisch lag. Hastig stellte sie den Fernseher an und spulte eine Kassette zurück, die noch im Videorecorder lag.
    «Das habe ich aus einer Nachrichtensendung mitgeschnitten.
    Es ist eine Aufnahme vom Mittagsgebet des Papstes.»
    Sie hielt das leise sirrende Videoband an und drückte Play. Das schmachtende Liebespaar aus einer Fernsehschnulze, das eben noch den Bildschirm ausgefüllt hatte, machte dem Heiligen Vater Platz, der im Fenster seines privaten Arbeitszimmers im Apostolischen Palast stand, sich an die Menge unten auf dem Petersplatz wandte und das traditionelle Sonntagsgebet sprach. Als Custos das Gebet beendete, erwartete Alexander, dass eine andere Kamera Platz und Palast in der Totalen zeigen würde, während ein Off-Kommentator den Beitrag mit einem der üblichen lapidaren Sätze ausklingen ließ. Doch stattdessen hob Custos die Hände in Schulterhöhe und zog mit dieser Geste erneut die Aufmerksamkeit der Menge und des Fernsehteams auf sich.
    «Rom liegt unter einer schwarzen Wolke», sagte der Papst mit seiner wohlklingenden und dennoch eindringlichen Stimme, und die Lautsprecher ließen seine Worte über den Petersplatz schallen. «Und viele von euch mögen den Gerüchten über ein böses Omen Glauben schenken. Andere wundern sich vielleicht über das, was letzten Mittwoch in der Audienzhalle geschah.
    Zahlreiche Berichte in Presse, Rundfunk und Fernsehen mögen euch erstaunt und zu der Frage veranlasst haben, was für ein Mann das ist, der da den Stuhl Petri bestiegen hat. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich durch Taten stärker beeindrucken und überzeugen lässt als durch Worte. Darum mögt ihr euch, meine Brüder und Schwestern, noch drei Tage gedulden bis zur nächsten Generalaudienz. Ausdrücklich lade ich die Schwerkranken und Behinderten Roms zur Audienz ein
    – und die Vertreter der Medien, die auf Sensationen leider oft mehr erpicht sind als auf die Wahrheit. Am kommenden Mittwoch werde ich euch zeigen und erklären, was für ein Mann ich bin. Haltet bis dahin an eurem Glauben fest, fester denn je, und fürchtet die schwarze Wolke über euch nicht!»
    Elena schaltete Fernseher und Recorder aus. «Mehr hat er nicht gesagt, aber das war auch genug. Die Menschen auf dem Petersplatz und an den Fernsehern haben sich nach dieser seltsamen Ankündigung gar nicht mehr eingekriegt. Offensichtlich hat es auch die engsten Mitarbeiter von Custos mal wieder eiskalt erwischt. Der Pressesaal blockt alle Anfragen ab, und Monsignore Wetter-Dietz lässt sich verleugnen. Ich schätze, er wäre jetzt am liebsten auf den Bahamas oder in der Wüste Gobi.»
    «Was hat Papst Gardien vor?», fragte Alexander, ratlos auf den dunklen Bildschirm des Fernsehers starrend.
    «Was schon, wenn er ausdrücklich die Schwerkranken und Behinderten zur Audienz lädt? Sieht ganz so aus, als wollte er den predigenden Wunderheilern im amerikanischen Fernsehen Konkurrenz machen.» Elena blickte durch ein Fenster hinaus aufs nächtliche Rom. «Seltsam, dass er die schwarze Wolke erwähnt hat, von der auch Ihr Pater Borghesi sprach. Glauben Sie, dass es damit etwas auf sich hat, Alexander?»
    «Mittlerweile bin ich bereit, an alles Mögliche und Unmögliche zu glauben», seufzte er.
    «Dann sind Sie der ideale Katholik.»
    «Glauben Sie, dass es da einen Zusammenhang gibt, Elena?»
    «Zumindest glaube ich, dass Pater Borghesi nicht ganz so durchgeknallt war, wie er Ihnen vorkam. Allmählich fügen sich die Puzzleteile zusammen, wenn auch zu langsam.» Sie sah ihm tief in die Augen. «Sie müssen mir sagen, was Sie mit dem Papst erlebt haben!»
    Alexander schüttelte den Kopf. «Ich darf es nicht, Seine Heiligkeit hat mein Wort.»
    «Davon, dass wir wirklich offen zueinander sind, kann einiges abhängen, vielleicht das Schicksal der Menschheit.»
    Er stöhnte auf. «Fangen Sie jetzt auch damit an? Wer ist hier durchgeknallt?»
    «Ich sage Ihnen, was ich denke, weil ich Ihnen gegenüber ehrlich sein will.»
    «Trotzdem hat der Papst mein Wort.»
    «Sturer Bock!», zischte sie. «Aber ein Team sind wir doch?»
    «Natürlich. Hätte ich Ihnen sonst all das erzählt, was ich der Polizei verschwiegen habe?»
    Elena holte seine Kleider herein, die sie zum Lüften auf die Wäscheleine vor ihren Fenstern gehängt hatte. «Ziehen Sie sich an. Um unseren Pakt zu besiegeln, werden wir einen Ausflug machen.»
    Es ging

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