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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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der alle 76 Jahre wiederkehrt, und der Komet Hale-Bopp mit seinem Zyklus von etwa 4000 Jahren. Vielleicht wurde die Katastrophe im Perm durch einen noch stärkeren Kometeneinschlag ausgelöst als die in der Kreidezeit. Vielleicht ist der mutmaßliche 26-Millionen-Jahre-Zyklus des Massensterbens auf eine rhythmisch wiederkehrende Welle von Kometeneinschlägen zurückzuführen.
    Aber warum sollte die Wahrscheinlichkeit, dass wir von Kometen getroffen werden, alle 26 Millionen Jahre zunehmen? Hier begeben wir uns auf das Gebiet gewagter Spekulationen. Einer Vermutung zufolge hat die Sonne einen Schwesterstern, und die beiden Himmelskörper umkreisen einander in einem Zyklus von ungefähr 26 Millionen Jahren. Dieser hypothetische Partnerstern, den man nie gesehen, aber auf den dramatischen Namen Nemesis getauft hat, durchquert bei jedem Umlauf die so genannte Oortsche Wolke, einen Gürtel aus vielleicht einer Billion Kometen, die unsere Sonne jenseits der Planetenbahnen umkreist. Angenommen, es gibt eine Nemesis, die der Oortschen Wolke zu nahe kommt oder sie sogar durchquert, dann ist es durchaus vorstellbar, dass sie die Bahnen der Kometen beeinflusst, und damit könnte auch die Wahrscheinlichkeit ansteigen, dass einer davon die Erde trifft. Wenn das alles zutrifft – und die Argumentation steht zugegebenermaßen auf sehr wackeligen Füßen –, wäre es eine Erklärung für das alle 26 Millionen Jahren wiederkehrende Massenaussterben, das nach Ansicht mancher Fachleute in den Fossilfunden zu erkennen ist. Dass wir vielleicht nur durch mathematisches Entwirren des verborgenen Spektrums von Aussterbeereignissen in der Tierwelt in der Lage sind, einen ansonsten unbekannten Stern nachzuweisen, ist wirklich ein reizvoller Gedanke.
    Ausgehend von den sehr hohen Frequenzen des Lichtes und anderer elektromagnetischer Wellen, haben wir uns jetzt über die mittleren Frequenzen des Schalls und eines pendelnden Elefantenpenis bis zum Massenaussterben mit seiner angeblichen Wellenlänge von 26 Millionen Jahren vorgearbeitet. Kehren wir noch einmal zum Schall zurück und insbesondere zu einer krönenden Errungenschaft des menschlichen Gehirns: dem Verflechten und Entwirren von Sprachlauten. Die Stimm«bänder» sind in Wirklichkeit zwei Membranen, die im Atemweg gegeneinander schwingen wie die Rohrblätter eines Holzblasinstruments. Konsonanten entstehen durch mehr oder weniger explosionsartige Unterbrechungen des Luftstromes, die wir durch Schließen und Berührungen von Lippen, Zähnen, Zunge und Rachen erzeugen. Vokale sind so unterschiedlich wie etwa die Instrumente Trompete und Oboe. Die verschiedenen Vokalfärbungen bringen wir nach dem gleichen Prinzip hervor wie ein Trompeter, der den Dämpfer mehr oder weniger weit in sein Instrument schiebt, sodass in dem zusammengesetzten Klang jeweils andere Sinuswellen vorherrschen. Die einzelnen Vokale bestehen aus unterschiedlichen Obertonkombinationen über einer Grundfrequenz. Die Grundfrequenz selbst liegt bei Männern natürlich tiefer als bei Frauen oder Kindern, aber von Männern und Frauen hervorgebrachte Vokale klingen wegen des Obertonmusters ähnlich. Jeder Vokal hat sein eigenes, charakteristisches Muster von Frequenzlinien – wieder einmal ein Strichcode. In der Sprachforschung bezeichnet man die Striche als «Formanten».
    In jeder Sprache und in jedem Dialekt innerhalb einer Sprache gibt es eine begrenzte Zahl von Vokalen, die jeweils durch ihren eigenen Strichcode von Formanten gekennzeichnet sind. In anderen Sprachen oder anderen Akzenten klingen die Vokale anders, weil Mund und Zunge Zwischenpositionen einnehmen, wiederum ganz ähnlich wie bei dem Trompeter, der den Dämpfer in den Trichter des Instruments hält. Theoretisch gibt es ein ununterbrochenes Spektrum von Vokalklängen. Jede Sprache bedient sich einer sinnvollen Auswahl davon und benutzt ein Repertoire von Ausschnitten, die jeweils aus dem kontinuierlichen Spektrum der verfügbaren Vokale ausgewählt werden. Verschiedene Sprachen greifen an unterschiedlichen Stellen des Spektrums zu. Den Vokal in dem französischen Wort tu und dem deutschen über gibt es im Englischen (zumindest in meiner Version davon) nicht. Welche Stellen im Spektrum der Vokale man als Fixpunkte einer Sprache wählt, spielt keine allzu große Rolle, solange die Abstände zwischen ihnen so groß sind, dass keine Zweideutigkeiten entstehen.
    Bei den Konsonanten liegen die Verhältnisse komplizierter, aber auch hier gibt es eine

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