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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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ohnehin erkennbar, dass er nicht wirklich allein gelassen werden wollte. Aber andererseits blieb sie bei ihm, weil es ihr nicht anders ging.
    Der erste Soldat der Theokratie kam wenig später in Sicht, dicht gefolgt von dem Offizier Speelan. Als sie sah, wie der Wachmann den Weg inspizierte, den sie und Apis in die dunkelrote Vegetation getrampelt hatten, schluckte Eldene jede Hoffnung herunter, dass diese Gruppe vielleicht einfach weiterging. Die Fährte war zu deutlich in Anbetracht der saftigen Stängel und Blätter, die zertreten worden waren, sodass Saft wie blaue Farbe aus ihnen herauslief. Eldene war auch klar, dass sie, falls sie überleben wollte, als Erste handeln musste. Sie hob die Pistole und zielte, aber Apis packte sie am Handgelenk.
    »Warte … warte einen Moment!«, sagte er entschieden.
    Sie starrte ihn an und bemerkte, dass er gar nicht mehr so schwach oder krank aussah, jetzt ging etwas Grimmiges und Wildes von ihm aus.
    Er fuhr fort: »Es erkennt eine Gefahr für sein Überleben, und ich wette, dass das etwas ist, was nicht von Mika einprogrammiert wurde. Bislang hat es mich einfach auf dem niedrigsten Energieniveau betrieben, während es mich umbaute. Aber jetzt weiß es Bescheid!«
    »Wovon zum Teufel redest du eigentlich?«, zischte sie.
    »Wenn du auf sie schießt, werden sie in Deckung rennen. Sobald sie das tun, müssen wir weiterlaufen und erneut auf sie warten.«
    »Kannst du laufen?«
    »Mit Hilfe des Myzeliums … kann ich es.«
    Jetzt kamen Aberil selbst und Proktor Molat in Sicht. Eldene musterte Apis noch einen Augenblick länger, drehte sich dann um und nahm erneut die Pistole in Anschlag. Nach den Lehren der Satagenten und Zelda Smythes war es moralisch falsch, wenn man jemanden tötete, aber wann hatte das die Angehörigen der Theokratie je gehindert, es zu tun? Mit kalter Berechnung wählte Eldene den Soldaten aus, der die Vorhut bildete, denn er war offenkundig der Fährtensucher, und pumpte ihm eine komplette Munitionsscheibe aus fünf Geschossen in den Körper.
    Mit einem entsetzlichen Grunzen stolperte der Mann zurück; aus der Front seiner Jacke platzten Isolierfasern; ein roter Nebel explodierte ihm aus dem Rücken, und die Maske klappte herunter, als gleichzeitig Blut aus dem Mund schoss. Er zeigte ein verwirrtes Gesicht, als er auf Beinen, die ihm nicht mehr gehorchten, das Gleichgewicht zu halten versuchte. Schließlich brach er zwischen den Rhabarberblättern zusammen.
    Eldene glotzte einfach nur hin, war einen Augenblick lang zu benommen, um auf die anderen zu zielen, die jetzt in Deckung sprangen. Das hatte sie angerichtet, indem sie einfach nur einen elektrischen Auslöser drückte. Erschüttert richtete sie die Waffe auf die Stelle, wo sie Aberil in ein Dickicht aus Flötengras hatte krabbeln sehen, und jagte dort den Inhalt einer weiteren Scheibe hinein. Rechts von dieser Stelle stand jemand auf und legte eine Waffe an. Sie feuerte aufs Neue eine Scheibe leer und jagte fünf Geschosse auf ihn zu.
    »Komm schon! Komm schon!«
    Sie wusste nicht, wie lange Apis schon an ihrem Arm zerrte. Geschosse prasselten mit bösartiger Wucht überall ringsherum in die Vegetation. Eldene ließ sich einen Augenblick lang von Apis führen, befreite sich dann aber aus seinem Griff als sie feststellte, dass sie ihn nur behinderte. Etwas riss ihr die Epaulette von der Schulter, und etwas knabberte an ihrem Ohrläppchen. Vor sich sah sie das Rückenteil von Apis' Overall flappen, und er stürzte, rollte sich ab und kam knurrend auf die Beine, ehe sich die menschliche Natur wieder Bahn brach und er weiterlief. Seine Kleidung war blutig; er war mit Sicherheit getroffen worden, aber von einem Abpraller – einer Kugel, die ihre Energie schon im Flötengras verausgabt hatte –, und bald, bald würde er sich die Sauerstoffmaske wieder aufsetzen, die ihm vom Gesicht gerissen worden war.
    Sie gelangten auf eine weitere freie Fläche im Gras; hier spießte schwarzer Wegerich die purpurnen Rhabarberblätter auf. Seine eigenen Blätter waren von fadem Weiß, und wurmartige Sekundärwurzeln entsprossen ihm im Schatten darunter. Eldene blickte sich um und war verwirrt vom Licht und all den Farben. Das Flötengras war gespickt und verschleiert von Rot, Gelb, Weiß und Gold, und schon beim Anblick taten Eldene die Augen weh. Plötzlich wurde ihr klar, dass es nur der Sonnenaufgang über einem Gebiet war, wo das Gras endlich Knospen trieb – etwas, was sie bislang nur aus der Ferne erblickt

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