Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
Gebiet eine Art Besessenheit entwickeln, bei der ein Teil deines Lebens auf der Strecke bleibt. Ein beachtlicher Teil sogar. Dein Privatleben.“
„ Ich bin glücklich mit dem, was ich habe. Suse, ich musste schon in jungen Jahren dermaßen viel Elend sehen und selbst erleben, dass es wahrlich für ein ganzes Leben gereicht hätte. Ich weiß also durchaus zu schätzen, was mir seit unserer Flucht aus Gabun zuteilwurde. Ich habe ein Dach über dem Kopf und jeden Tag ausreichend zu essen und das Beste, was man sich wünschen kann: Freunde, die ich als meine Familie betrachte, nämlich euch alle.“
„In gewisser Weise hast du damit natürlich Recht. Trotzdem , ich weiß, wovon ich rede, wenn ich dir sage, dass da noch so viel mehr sein kann. Wenn du dich auf lediglich eine Sache konzentrierst – unabhängig davon, wie sehr ich dich und deine fachliche Kompetenz, deinen Ehrgeiz und Wissensdrang bewundere –, engst du dich selber ein. Um ein gesundes Leben zu führen, brauchst du mehr als nur ein Ziel, mehr als eine Leidenschaft. Und ich möchte nicht noch einen Menschen vor seiner Zeit gehen sehen. Es waren schon zu viele. Das ist alles, woran ich denke. Vor allem möchte ich, dass du rundum glücklich bist – und zwar nicht bloß mit deiner Arbeit.“
„Nun, zumindest wird mich mein Faible für die Wissenschaft nicht umbringen.“
Also hatte sie sich vorgenommen, die Liebe aus ihrem Leben zu verbannen, um nicht den Fehler ihres Vaters zu wiederholen. Alain war regelrecht besessen von Beate gewesen, sodass er seine berufliche Karriere , die Sorge um seine Gesundheit und letztlich sogar die Liebe seiner Tochter beiseitegeschoben und sein Leben ausschließlich der Suche nach seiner vermissten Frau gewidmet hatte.
Bis die Liebe zu Beate letztlich Alain getötet hatte.
„Haben sich eigentlich schon Karo und Danilo gemeldet?“
Suse hob den Kopf und musterte Alicia, die diesen Blick ungerührt erwiderte. Sie würde also nicht weiter mit ihr dieses Thema diskutieren. Zumindest nicht jetzt und hier.
„Nachdem sie Hals über Kopf geflüchtet sind und uns um unser céilí gebracht haben, bin ich gespannt, was der Grund dafür war.“
„Nicolas hat sein Hotel ausgebaut, wie jeden Sommer übrigens, und offensichtlich wächst ihm das alles über den Kopf. Es gab eine heftige Auseinandersetzung mit den Handwerkern, weil er kurzfristige Änderungen der Baupläne durchsetzen wollte. Und nun wollen die alles hinschmeißen, wenn sie nicht so wie bisher mit Karo verhandeln können.“
„ Das ist ein Grund, einen Urlaub abzubrechen? Ist Nicolas wirklich so schwierig?“
„Du kennst doch Karo. Wenn eins ihrer Kinder um Hilfe schreit, lässt sie alles stehen und liegen und flitzt los, um es zu retten. ‚Gott kann nicht überall sein und dafür hat er Mütter gemacht‘, hat sie mir mal geantwortet, als ich eines Tages genau wie du eben nachgefragt habe, ob ihre Kinder nicht alt genug wären, ihre Probleme allein zu lösen. Und es stimmt ja auch, Kinder bleiben immer Kinder, egal wie viele Jahre sie auf dem Buckel haben. Außerdem war dieser Aufenthalt bei uns gar nicht geplant. Ich schätze mal, Danilo kann seine Praxis nicht ewig schließen.“
„Mütter“, seufzte Alicia mit einer gewissen Theatralik.
„Du sagst es. Mütter“, wiederholte Susanne mit warmer Stimme und ein liebevolles Lächeln legte sich über ihr Gesicht. „Eines schönen Tages und in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft wirst du es selbst erleben.“
Während Alicia noch nach einer unverfänglichen Erwiderung suchte, fiel Suse etwas anderes ein, was sie unbedingt loswerden musste. „Ronan war heute Morgen bei uns, aber du bist nicht zum Frühstück erschienen.“
Alicia zuckte mit der Schulter und dankte insgeheim Gott dafür, dass Suse nicht in ihre Richtung schaute, weil ihr sonst unter Garantie die leichte Röte auf ihren Wangen aufgefallen wäre. „Was wollte er denn?“
„Er hat mir sein Leid geklagt, weil Ean ihm wieder einmal kaum von der Pelle rückt und ihn mit Fragen löchert, seit sie das Auto in Teelin gefunden haben. Angeblich tragen die Obstbäume und Gemüsepflanzen in unseren Gärten aufgrund des guten Wetters so viele Früchte, dass wir diese nicht alle selbst verwerten können, weshalb er sie den gardaí bringt.“
„Doch Ronan schaltet auf Stur und hüllt sich in beharrliches Schweigen bezüglich der Untersuchungsergebnisse der Gerichtsmediziner, um die Ermittlungen nicht zu gefährden, stimmt ’s? Armer Ean.
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