Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
“, kreischte Lisa vor Entrüstung, als in gerade diesem Augenblick ihr Ehegespons den Raum betrat. „Kannst du dich nicht erst umziehen, bevor du zu Tisch gehst? Du trampelst alles schmutzig! Weißt du überhaupt, wie gern die Mädchen hinter dir her putzen, hä?! Du tust, als wären sie einzig für dich hier!“
„ Ich freue mich ebenfalls, dich zu sehen, teure Gattin. Guten Morgen, alle zusammen! Glaubst du nicht auch, ich würde es nicht vorziehen, wie ein feines Grafensöhnchen mit gestärktem Hemd und Lackschühchen meine Füße faul unter dem Tisch auszustrecken? Was denkst du eigentlich, wofür ich seit genau drei Stunden auf den Beinen bin? Kann es vielleicht sein, dass ich gearbeitet und mir damit mein Frühstück auf ehrliche Weise verdient habe?“
Er machte drohend einen Schritt auf sie zu und senkte die Stimme. „Und wenn dir mein Aufzug nicht passt, mein geliebtes Mädchen, dann kannst du mir das Essen ja in den Stall zu den Pfer den schicken. Dort bringt man meiner Anwesenheit offensichtlich mehr Sympathie entgegen.“
„Damien!“, herrschte ihn seine Mutter an. „Was ist los mit dir?“
„Tut mir leid.“ Er zuckte zusammen und wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung das Haar aus der Stirn. „Es macht mich ganz einfach wütend, ihn hier sitzen zu sehen. Natürlich hat er jedes Recht dazu, immerhin gehört ihm alles auf Sean Garraí , jeder einzelne Backstein und jeder Grashalm. Aber ich … wenn er … ach, verdammt!“
Mit einem Ruck wirbelte er herum und stürmte aus dem Raum, Totenstille und auf dem Fußboden einen ordentlichen Batzen Dreck zurücklassend.
Manuel war alles Blut aus dem Gesicht gewichen. Seine Kieferknochen mahlten angestrengt, ein Muskel um seinen Mund zuckte und Alicia konnte den Puls an seinem Hals hämmern sehen. Sorgfältig faltete er seine Serviette, legte sie auf den Tisch und sagte leise: „Ihr entschuldigt mich bitte.“
Unruhig blickte Lisa zwischen ihrer Schwiegermutter und Alicia hin und her. Wie auf Kommando erhoben sich die jungen Frauen, sahen sich jedoch i n der gleichen Sekunde den ausgebreiteten Armen von Susanne gegenüber.
„Stopp! Ihr zwei bleibt hier und leistet mir auch weiterhin beim Frühstück Gesellschaft. Und zwar ohne Widerrede!“, fügte sie mit scharfer Stimme hinzu. „Das müssen die beiden unter sich ausmachen.“
„Und wenn sie sich die Köpfe einschlagen?“
„Lisa hat Recht, Susanne, genau diesen Eindruck haben sie eben erweckt.“
„Dann haben sie es eben nicht besser verdient. Außerdem ist ja Ray in der Nähe.“
„Oh, Suse, vergiss nicht, Damien ha t mir fünf Kinder versprochen.“ Lisa strich verträumt über ihren noch flachen Bauch.
„Und du vergiss nicht, d ie zwei haben denselben Vater, nämlich einen furchtbar sturen Iren.“
„Wie könnte ich das vergessen? Obwohl Damien gerade mal zur Hälfte Insulaner ist, stelle ich immer wieder die typisch gälischen Stimmungswechsel an ihm fest.“
„Stimmungswechsel? Ich kenne kaum jemanden, der ausgeglichener und beständiger ist als Damien.“
„Das kann nicht dein Ernst sein!“ Verwundert schaute Lisa zu Alicia. „In der einen Sekunde ist er fröhlich und in der nächsten melancholisch, mal halsstarrig und mal redselig. Hast du das noch nie bemerkt?“
„Damien, warte. Bitte, gib mir einen Moment deiner Aufmerksamkeit.“
Manuel schaffte es kaum, mit seinem Bruder Schritt zu halten. Mühsam zog er sein Bein nach, das ihm wie jeden Morgen die größten Probleme bereitete, in Gang zu kommen.
„Ich möchte mit dir reden. Du weißt, wie sehr es mam schmerzt, wenn Unfrieden an ihrem Tisch herrscht, deswegen sollten wir …“
„Ich habe dir nichts zu sagen.“
„Das habe ich damals ebenfalls gedacht, als ich dieses Haus verließ. Im Zorn. Ohne mich von euch zu verabschieden. Von Matthias. Inzwischen weiß ich es besser.“
„Ach, wirklich? “ Abrupt blieb der Jüngere stehen und schoss herum, die Arme angriffslustig in die Hüften gestemmt und mit finster zusammengezogenen Augenbrauen. „Also, was willst du? Und mach ’s kurz, ich habe zu tun.“
„Es ist nicht richtig, Lisa als Blitzableiter herzunehmen, wenn ich es doch bin, gegen den sich dein Ärger richtet.“
„ Das wird ja noch schöner! Ein Vortrag darüber, was richtig und was falsch ist, wäre mit Abstand das Letzte, was ich mir von dir anhören würde. Gerade du solltest dich mit weisen Ratschlägen zurückhalten. Oder hat dich damals interessiert, worum dich alle
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