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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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welches Schicksal ihr beschieden war. Ihre verräterischen Gedanken gaukelten ihr Lösungen vor … Wenn sie den Normannen anflehen, sich ihm weinend vor die Füße werfen würde, so würde er sich vielleicht ihrer erbarmen. Sie sah sein versteinertes Gesicht vor sich, unbarmherzig und kalt, während sie sich an seine Tunika klammerte und um Gnade winselte und wusste, dass er sie diesmal nicht verschonen würde. Ihre Gedanken suchten verzweifelt weiter nach einer Lösung. Wenn sie es mit den Waffen einer Frau versuchte? Nein! Niemals! Sie konnte weder weinen noch betteln, noch ihn verführen! Nein, sie würde nicht um Gnade winseln. Sie würde das Urteil standhaft annehmen, selbst wenn es ein Todesurteil war.
    Er würde sie hängen lassen.
    Sie hatte Hochverrat begangen, ihr Leben war verwirkt.
    Ceidre konnte nicht schlafen, sie konnte nicht weinen. Zusammengekrümmt und starr kauerte sie auf dem kalten Lehmboden. Ihr Geist beschwor die schlimmsten Schreckensbilder herauf. Sie sah sich am Ende eines Henkerstricks am Galgen baumeln.

Kapitel 25
    Rolfes blutunterlaufene Augen starrten blicklos ins Leere. Er saß allein in der Halle, die ganze Nacht schon, nachdem er die Männer hinausgeschickt hatte. Er war eingeschlafen und von schlimmen Alpträumen heimgesucht worden. Er sah die schreiende Ceidre … ihr nackter Rücken von blutigen Striemen durchzogen. Ein Soldat schlug mit der Peitsche auf sie ein, holte aus und schlug wieder zu. Die Haut an ihrem Rücken platzte auf. Blut spritzte.
    Rolfe schrie: Aufhören! Doch die blutige Folter fand kein Ende. Er schrie mit aufgerissenem Mund, schrie so laut er konnte -doch aus seiner Kehle kam kein Laut. Dann wachte er auf, schwitzend und zitternd, in der Halle sitzend, den Kopf in die Arme auf dem Tisch gebettet. So hatte er die ganze Nacht zugebracht.
    Er konnte es nicht tun.
    Doch er musste es tun.
    Rolf rieb sich Gesicht und Augen. Er war der Befehlshaber. Sein Wort war Gesetz. Er befehligte seine Krieger, herrschte über die besiegten Landgebiete, denn für ihn bedeutete Strafe wegen einer Gesetzesübertretung wegen Hochverrats keine leere Drohung. Er regierte mit eiserner Faust und kannte keine Gnade. Und seine Männer verweigerten ihm nie den Gehorsam. Verräter wurden ausgepeitscht, wenn es sich um Halbwüchsige oder Frauen handelte; erwachsene Männer wurden gehängt. In Unruhegebieten wurden härtere Strafen verhängt, ebenso in Zeiten von Aufständen und Rebellionen. Das Dorf Kesop hatte er niederbrennen lassen, da die Bewohner einem Dutzend sächsischer Bogenschützen Unterschlupf gewährt hatten. Das war die Politik der Eroberer. Diese Politik war Gesetz und kannte keine Ausnahme. Andernfalls würden bald Chaos und Anarchie herrschen.
    Er konnte es nicht tun.
    »Mylord?«
    Rolfe hatte Guy nicht kommen gehört. Er bedeute ihm mit einer Handbewegung, sich zu setzen. »Ich kann es nicht tun. «
    Guy, seit jeher sein engster Vertrauensmann und Kampfgefährte, vermochte sich in seine Lage zu versetzen. »Sie hat Euch vom ersten Augenblick an verhext, Mylord.«
    »Ja, das ist wahr. «
    »Mylord«, fuhr Guy eindringlich fort. »Alle im Dorf wissen, was sie getan hat. «
    »Das ist mir klar. «
    »Und alle warten gespannt, was Ihr zu tun gedenkt.« Rolfe verzog die Mundwinkel.
    »Ihr müsst sie bestrafen.«
    »Wenn sie mein Weib wäre«, knurrte Rolfe tonlos, »könnte ich sie einsperren und den Schlüssel wegwerfen, und niemand würde einen Einwand dagegen erheben.«
    »Sie ist nicht Euer Weib«, hielt Guy ihm entgegen.
    Rolfe lachte trocken in dem Gedanken an sein Weib oben in seiner Kammer, die er seit dem Morgen nicht gesehen hatte, seit ihm der Verrat gemeldet worden war. »Glaub mir«, sagte er düster, »ich weiß, welche mein Weib ist und welche nicht. « Er erhob sich schwerfällig. »Bring sie zur Mittagsstunde in den Hof.«
    Guy hatte sich ebenfalls erhoben. »Ja, Mylord.« In seinen Augen stand eine bange Frage.
    »Die Strafe wird vollzogen«, sagte Rolfe grimmig.
    Ceidre wusste Bescheid. Die Dorfbewohner raunten sich die Neuigkeit aufgeregt zu. Die Gefangene sollte um die Mittagsstunde in den Hof gebracht werden, wo die Strafe des Herrn von Aelfgar an ihr vollzogen werden sollte.
    Ceidre fühlte sich elend. Gerüchte und Spekulationen schwirrten durcheinander. Würde sie ausgepeitscht oder gehängt werden? Vielleicht aber würde der Lord, der ein Auge auf die Hexe geworfen hatte, keines von beiden tun, sondern sie für ein paar Tage ins Verlies werfen. Wie

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