Der erste Verdacht
Wohnung mitgebracht. Jetzt sind die Analyseresultate eingetroffen.«
Er legte eine Kunstpause ein und schaute Irene über den Rand seiner Brille an. Erstaunt nahm sie zur Kenntnis, dass der Kommissar seine Lippen zu einem spöttischen Lächeln verzogen hatte.
»Wie erwartet waren die meisten Haare von Bergman und Rothstaahl. Die wurden rasch aussortiert. Übrig blieben die Haare von vier weiteren Personen. Zwei davon konnten identifiziert werden, nämlich die von Irene und Kajsa. Diese wurden ebenfalls aussortiert. Dann waren nur noch die Haare von zwei Personen übrig. Und …«
Er verstummte und lächelte breit, als er die Katze aus dem Sack ließ: »… einer von beiden ist mit größter Wahrscheinlichkeit der Vater von Ludwig!«
Andersson hatte wirklich alles aus seiner Neuigkeit herausgeholt, was herauszuholen gewesen war, und konnte über die Wirkung nicht klagen. Irene staunte. Sie hatte geahnt, dass eine DNA-Analyse von Belang sein würde, um herauszufinden, wer Ludwigs Vater war, aber das hier kam wirklich überraschend. Es dauerte eine Weile, bis die Zahnräder in ihrem Gehirn wieder funktionierten. Eines stand fest: Sannas Geschichte vom Sex mit einem Unbekannten in New York war damit hinfällig! Die nächste Frage lautete natürlich, wer der Vater war. Jetzt hatten sie ein schwerwiegendes Argument dafür, von Sanna endlich die Wahrheit zu hören. Sie konnte sich kaum weigern, da der unbekannte Vater jetzt ins Zentrum eines Mordfalles geraten war.
»Ein paar Haare stammen also von dem mutmaßlichen Vater Ludwigs. Es gibt dann noch ein unidentifiziertes Haar, und das stammt von einer älteren Person, denn es ist grau«, fuhr Andersson fort.
»Der Mann, der auf mich geschossen hat, war blond. War das Ludwigs Vater?«, rief Irene.
Sie dachte einen Moment nach, ehe sie fortfuhr: »Wir müssen Sanna nochmals unter Druck setzen. Wer ist der Vater ihres Sohnes? Was hatte der Erpresser gegen sie in der Hand? Vermutlich will sie es uns nicht erzählen. Aber ihre Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Gestern war sie außer sich vor Angst. Sie stand Todesängste aus.«
Mit einem Schauer erinnerte sich Irene daran, wie ihr auf der Diele das Weiß von Sannas Augen entgegengefunkelt hatte. Ihre ganze Ausstrahlung hatte von einem enormen Entsetzen gezeugt. Angesichts der Mortalität in ihrem Bekanntenkreis hatte sie allen Grund, um ihr Leben zu fürchten.
Fredrik Stridh meldete sich zu Wort.
»Jonny und ich haben versucht zu eruieren, weshalb Bergman und Rothstaahl gleichzeitig nach Göteborg mussten. Es liegt auf der Hand, dass sie nicht einander, sondern eine dritte Person treffen wollten. Wer diese Person ist, haben wir nicht herausfinden können. Ich habe die Hypothese überprüft, wonach es Kjell Bengtsson Ceder gewesen sein könnte, aber der kann es nicht gewesen sein. Der war zur besagten Zeit mit seiner Sekretärin Malin Eriksson zusammen. Er hatte eine Affäre mit ihr. Das hat sie mir gestern erzählt, als ich sie ein weiteres Mal vernommen habe. Sie trafen sich Montagabend vor dem Mord. Offenbar hatte sie sich dazu durchgerungen, die Wahrheit zu sagen. Die beiden hatten ausgemacht, sich auch am nächsten Abend wieder in Ceders Wohnung zu treffen. Malin Eriksson besaß einen Schlüssel. Sie kochte und wartete bis Mitternacht. Aber aus bekannten Gründen tauchte Ceder nie auf.«
»Deswegen wurde er auch in Askim erschossen! Er hatte sich mit dem Mörder in der Villa verabredet, weil er wusste, dass Sanna und Ludwig bei Sannas Schwester Tove Fenton sein würden! In seiner Wohnung saß derweil seine Geliebte und wartete mit dem Abendessen und brennenden Kerzen auf ihn. Aus irgendeinem Grund wollte er nicht, dass diese Malin Eriksson erfuhr, mit wem er sich traf«, rief Irene aufgekratzt.
Endlich gab es eine Erklärung dafür, weshalb Kjell Bengtsson Ceder in der Villa in Askim ermordet worden war! Alle, nicht zuletzt Sanna, hatten sich darüber gewundert, warum er in einem Haus ermordet worden war, das er nur selten oder nie besuchte.
»Verdammtes Frauenzimmer! Wieso ist sie damit nicht schon früher rübergekommen?«, fauchte der Kommissar verärgert.
»Sie ist verheiratet. Mit einem Polizisten«, antwortete Fredrik und grinste viel sagend.
Andersson wirkte verdutzt.
»Ach? Ja dann … jemand, den wir kennen?«, fragte er.
»Ich glaube kaum. Recht neu. Arbeitet im Bezirk Eins. Hat ein paar Jahre in Stockholm gearbeitet und ist mit seiner Frau im Frühjahr hergezogen. Beide stammen aus Göteborg.
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