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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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mal dabei war, habe ich mir herausgesucht, was wir sonst noch über Ceder haben. Als er Marie Lagerfeit kennen lernte, besaß er bereits ein Restaurant, das eher zu den feineren gehörte. Nach ihrem Tod kaufte er ein weiteres gutes Restaurant, und Mitte der Neunziger begann er, das Hotel Gothenburg zu bauen. Als es fertig war, verlegte er das zuletzt erworbene Lokal, das Le Ciel, ins oberste Stockwerk des Hotels.«
    »Baute er das Hotel mit dem Geld, das er geerbt hatte?«
    »Teilweise. Das war ja ein Riesenprojekt. Ich weiß nicht, was das Hotel genau gekostet hat, aber er wird es kaum bar bezahlt haben. Wahrscheinlich waren auch die Banken daran beteiligt.«
    »Wahrscheinlich. Und trotzdem war Geld übrig, um das Haus in Askim zu bauen.«
    »Yes. Es ist sicher interessant, sich auch mal die Wohnung anzusehen. Du meintest doch, dass er dort wohnen geblieben ist.«
    »Ja, es wird langsam Zeit, dass wir dieser Wohnung einen Besuch abstatten.«
    Irene drehte sich um und winkte der Bedienung zu.
    »Können wir zahlen?«
     
    Mit einem leisen Sausen brachte ein moderner Fahrstuhl Irene und Tommy ins oberste Stockwerk. Kjell Bengtsson Ceder hatte es komplett bewohnt. Wenn der Lift nicht gewesen wäre, hätte man glauben können, in die gute alte Zeit versetzt worden zu sein. Das prunkvolle Treppenhaus atmete den Geist des späten 19. Jahrhunderts.
    Sanna Kaegler-Ceders Mutter öffnete die Wohnungstür einen Spalt weit. Als sie Irene und Tommy erkannte, machte sie ganz auf und ließ sie eintreten.
    »Heute haben so viele Journalisten angerufen. Die sind so aufdringlich und rücksichtslos …!«
    Sie verstummte abrupt, als Sanna in die Diele trat. Mutter und Tochter waren sich sehr ähnlich, wobei die Mutter etwas kleiner und rundlicher war. Die helle Haut- und Haarfarbe hatten beide Töchter von ihrer Mutter geerbt. Sowohl Tove als auch Sanna waren kühle nordische Schönheiten. Bei der Mutter war diese zur Farblosigkeit verblichen. Irene versuchte sich zu erinnern, wie sie hieß.
    »Kriminalinspektorin Irene Huss. Ich glaube, ich habe mich gestern nicht vorgestellt«, sagte sie schließlich lächelnd.
    Die andere gab ihr eine von kaltem Schweiß bedeckte Hand. Irene musste richtiggehend zupacken, damit ihr diese nicht entglitt. Sie hatte das Gefühl, einen feuchten Putzlappen in Händen zu halten.
    »Elsy … Elsy Kaegler.«
    Sannas Mutter begrüßte Tommy. Dieser schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. Bei älteren Damen hatte er immer leichtes Spiel. In solchen Fällen übernahm immer er das Verhör. Das lief ganz automatisch ab. Irene und er arbeiteten schon so lange zusammen, dass sie darüber kein Wort zu verlieren brauchten.
    Sanna sah müde aus, was teilweise darauf beruhte, dass sie ungeschminkt war. Außerdem waren ihre Augen verschwollen. Ihr blondes Haar war streng nach hinten gekämmt und mit einer schwarzen Samtschleife zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trug ein schwarzes Ledersakko, eine weiße Seidenbluse und schwarze Leinenhosen. In ihrem großzügigen Ausschnitt funkelte das Kreuz mit den Diamanten. Auch in ihrer Trauer war sie elegant und stilsicher gekleidet. Wie eine Königin nickte sie den beiden Kriminalbeamten zu, als wolle sie bestätigen, dass sie sie zumindest wahrgenommen hatte, dann schwebte sie auf ihren hohen Absätzen davon.
    Irene wurde schamhaft bewusst, dass ihre Seglerschuhe abgelaufen waren. Und nicht nur das, sie hatte auch noch ein Loch im rechten Strumpf. Der große Zeh ragte heraus. Sie konnte es spüren, wenn sie ihn bewegte.
    Irene und Tommy legten ab und wurden von der nervösgeschwätzigen Elsy Kaegler in ein riesiges Zimmer mit imposanter Deckenhöhe, Stuck und einem Kronleuchter gelotst. An drei Wänden reichten die Regale bis an die Decke. Offenbar hatte Elsy Kaegler die Polizisten in die Bibliothek geführt.
    Die vierte Wand wurde von einem offenen Kamin eingenommen. Auf dem Kaminsims stand eine von vergoldeten Kandelabern flankierte schwarze steinerne Urne. Irene nahm das Bild in sich auf und war sich ganz sicher: Sanna hatte nie in dieser Wohnung gewohnt. Von Glas, Stahl oder moderner Kunst keine Spur. Hier waren teure Antiquitäten und Perserteppiche angesagt.
    »… und was für ein Umstand, alle Sachen von Ludwig und Sanna hierher schaffen zu müssen«, sagte Elsy gerade.
    Irene nutzte die Gelegenheit und wandte sich rasch an Sanna. Scheinbar unbeschwert fragte sie: »Warum wohnte Ihr Mann eigentlich noch hier? Sie waren mit Ludwig doch schon vor einigen

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