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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Opfer.
    »Sie erzählten, die beiden Ermordeten seien hier in Paris im Finanzsektor tätig gewesen. Ich habe mich bei einem Kollegen, der Experte für Wirtschaftsverbrechen ist, kundig gemacht. Vor einer Stunde hat er zurückgerufen. Joachim Rothstaahl taucht in seinem Register auf. Ein norwegischer Unternehmer hatte Alarm geschlagen, nachdem man ihm anbot, sein Geld in einen Aktienfond hier in Frankreich zu investieren. Der Norweger erkannte Rothstaahls Namen und seine Vorgehensweise. Ein guter Freund von ihm war durch Betrügereien Rothstaahls und seiner Kumpane sehr zu Schaden gekommen. Auch aus England wurde bestätigt, dass Rothstaahl in Wirtschaftsverbrechen verwickelt war. Er wurde jedoch nie verurteilt. Aus unerfindlichen Gründen fand der Prozess in Norwegen statt.«
    Einen Teil des Gesagten wusste Irene bereits. Trotzdem war sie erstaunt. Zum einen darüber, dass die französische Polizei die Geschichte über das Pyramidenspiel Pundfix so schnell ausgegraben hatte, zum anderen darüber, dass Verdier tatsächlich die Fähigkeit zu besitzen schien, mehrere Sätze aneinander zu reihen und überdies die Wahrheit zu sagen.
    Jetzt wusste sie, womit sich Joachim Rothstaahl in Paris beschäftigt hatte. Er war nicht bei H.P. Johnson’s angestellt gewesen, wie er seinen Eltern gegenüber behauptet hatte. Er hatte seine lukrativen Betrügereien aus der Londoner Zeit wieder aufgenommen, dieses Mal jedoch in Paris und mit einem neuen Partner.
    »Wusste Ihr Kollege irgendetwas über Philip Bergman?«, fragte Irene.
    »Nein. Nur sein Name war ihm aus irgendeinem IT- Zusammenhang ein Begriff. Aber es war ihm neu, dass sich Bergman in Paris aufgehalten hatte und in die Geschäfte von Rothstaahl verwickelt gewesen war. Wissen Sie mehr über diese Geschäfte?«
    Irene rang kurz mit sich selbst, dann beschloss sie, die Karten auf den Tisch zu legen. Sie beugte sich vor und holte den EuroFond-Ordner aus ihrem Rucksack. Kollegial überließ sie Verdier die Hälfte der Broschüren.
    »Bitte schön. Grüßen Sie Ihren Kollegen und danken Sie ihm in meinem Namen für die Informationen. Der Text ist auch ins Französische übersetzt worden. Apropos Französisch …«
    Irene verstummte und sah Verdier an, der zerstreut in einer EuroFond-Broschüre blätterte.
    »Könnten Sie im Krankenhaus anrufen und fragen, wie es Kajsa Birgersdotter geht? Ich kann kein Französisch, und dann wird es so kompliziert.«
    »Natürlich. Mach ich.«
    Irene schrieb Kajsas Namen und Geburtsdatum auf eine der Broschüren. Verdier zog sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts. Dabei kam der Kolben seiner Pistole zum Vorschein. Nach einem langen Gespräch mit vielen Unterbrechungen, in denen er weiterverbunden wurde, sagte er schließlich: »Ihrer Kollegin geht es gut. Sie muss aber die Nacht über noch zur Beobachtung dableiben. Bleibt ihr Zustand weiterhin stabil, wird sie morgen gegen zwölf entlassen. Die Schwester fand es unnötig, dass Sie jetzt noch vorbeikommen. Sie richtet Ihrer Kollegin Grüße von Ihnen aus.«
    »Danke«, sagte Irene.
    Das bedeutete also, dass sie sich ins Hotel begeben, zwei Schmerztabletten einnehmen und sich ins Bett legen konnte. Ihr Ellbogen machte sich wieder bemerkbar. Sich ins Hotel zurückzuschleppen, erschien ihr plötzlich als ein Ding der Unmöglichkeit.
    Verdier erhob sich und machte eine rasche Runde durch die Wohnung. Irene blieb in ihrem Sessel sitzen. Nach einer Weile kam Verdier zurück ins Wohnzimmer. Er räusperte sich und fragte: »Diese zwei Männer … waren sie … ein Paar?«
    Offenbar hatte er die gleichen Schlüsse gezogen wie Irene. Sie nickte und erhob sich ebenfalls.
    »Ich glaube«, antwortete sie.
    Es herrschte Stille, während Verdier nachdachte. Irene war dazu schon viel zu müde.
    »Ich schlage vor, dass wir uns morgen, nachdem Sie Ihre Kollegin abgeholt haben, zusammensetzen. Ich muss Ihre Aussage zum Überfall zu Protokoll nehmen. Wann geht Ihr Flug?«, fragte er.
    »Um fünf.«
    »Wo können wir uns treffen?«
    Absolut nicht in Ihrem tristen Büro, hätte Irene fast geantwortet, konnte sich aber gerade noch beherrschen.
    »Hier. Dann kann sich Kajsa notfalls auch auf dem Bett ausstrecken. Der Flughafenbus hält nicht einmal hundert Meter vom Haus entfernt.«
    »Gut. Dann kommen ich gegen halb zwölf im Hotel vorbei. Anschließend holen wir Ihre Kollegin und fahren hierher«, entschied Verdier.
    Irene hatte das Gefühl, dass er sich vergewissern wollte, dass sie nicht einfach nach

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