Der erste Verdacht
bekam einen Schock.«
»Hegten Sie nie einen Verdacht?«
»Nein. Nie! Er nahm es mit seinem Äußeren sehr genau und ging oft ins Fitnessstudio, aber das tun viele andere Männer schließlich auch. Er umgab sich immer mit sehr jungen Mädchen. Am liebsten Teenagern, und das fand ich merkwürdig. Er war schließlich ein intelligenter und kluger Bursche, und dann riss er kleine Mädchen auf. Er erklärte mir einmal, er habe keine Lust auf diesen ganzen Zirkus. Ich begriff überhaupt nichts … bis er mir alles erzählte.«
»Waren Sie selbst einmal in Philip verliebt?«
Erschrocken sah sie Tommy an. Mit dieser Frage hatte sie offenbar nicht gerechnet.
»Ich … nein … doch. Vielleicht auf dem Gymnasium. Eine Weile. Es hat mir schon zugesetzt, dass mir alle anderen Jungen hinterherliefen, er aber nicht interessiert war. Die Mädchen waren wie wild hinter ihm her. Eine kurze Zeit hatte er eine Beziehung mit einem Mädchen, aber danach blieb er Single, bis er mit Joachim zusammenzog, was aber keiner der beiden an die große Glocke hängte. Ich glaube, ich war die Einzige, der Philip davon erzählte, und zwar eher unbeabsichtigt. Er war bei der Gelegenheit ziemlich betrunken.«
»Wissen Sie, ob einer der beiden es seinen Eltern erzählte?«
»Glaube ich nicht«, sagte sie und schüttelte energisch den Kopf.
Diesen Eindruck hatte auch Irene. Niemand hatte geahnt, dass Philip und Joachim ein Verhältnis miteinander hatten, ehe Kajsa und sie die Wohnung in Paris in Augenschein nahmen.
»Wissen Sie, was für Geschäften Philip und Joachim in Paris nachgingen?«
»Wir hatten in den letzten zwei Jahren keinen sonderlichen Kontakt mehr. Er brach fast ganz ab, nachdem … nachdem er mir von dieser Sache … mit Joachim erzählt hatte. Dann zog er nach Paris, und wir telefonierten nur noch oder schrieben E- Mails. Ich bekam ein Hochzeitsgeschenk, als ich heiratete, und eine Gratulationskarte zu Ludwigs Geburt.«
»Sozusagen über Nacht wurden aus innigen Freunden entfernte Bekannte«, stellte Tommy fest.
»Ja. Wie gesagt: Nachdem er mir von Joachim erzählt hatte, veränderte sich alles.«
»Waren Sie es, die den Kontakt nicht aufrechterhalten wollte, oder wollte er es nicht mehr?«
Sie schien sich die Antwort sehr genau zu überlegen.
»Vielleicht beide, aber vor allem er. Joachim übernahm meine Position als bester Freund und Vertrauter.«
Wieder war der bittere Tonfall deutlich zu hören.
»Haben Sie deswegen Kjell Bengtsson Ceder geheiratet?«
»Nein. Ich spürte, dass die Zeit knapp wurde. Ich wollte Kinder haben. Kjell war ja schon älter und sehnte sich nach einem Erben. Wir mochten uns … also ergriffen wir die Gelegenheit und heirateten.«
Irene hielt den Atem an. Jetzt hatte Tommy seine Chance, und er nutzte sie.
»Wer ist Ludwigs Vater?«, fragte er ruhig.
Sanna erblasste, und ihre Lippen verschwanden in ihrem bereits farblosen Gesicht. Irene bereitete sich darauf vor, dass sie wieder in Ohnmacht fiel.
»Was … was meinen Sie? Kjell natürlich!«, versuchte sie lahm.
»Wussten Sie, dass Kjell sich vor fünf oder sechs Jahren einer Vasektomie unterzogen hatte? Er konnte keine Kinder zeugen.«
»Hat er … das wirklich …?«
Wortlos starrte sie Tommy an, der gelassen zurückblickte. Plötzlich schlug Sanna die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Irene reichte ihr ein Päckchen Taschentücher, das sie dankbar entgegennahm. Es dauerte mehrere Minuten, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Sie putzte sich die Nase und trocknete ihre rot geweinten Augen.
»Er hat mir nie erzählt, dass er keine Kinder zeugen kann. Wir hatten eine lose Beziehung, bevor wir heirateten. Wir trafen uns, wenn wir beide Lust dazu hatten. Hatten Spaß. Aber ich war auch mit anderen Männern zusammen. In New York ging ich auf viele Partys und traf dort einen gewissen Mark. Zwei Tage verbrachten wir in einem Hotel und kamen nicht mehr aus dem Bett. Ich hatte zwar meine Pille vergessen, glaubte aber nicht, dass etwas passieren würde. Wahrscheinlich wurde ich damals schwanger. Es war der beste Sex meines Lebens! Aber ehrlich gesagt kenne ich nur Marks Vornamen. Er war verheiratet, und wir einigten uns gleich zu Anfang darauf, uns nur dieses eine Mal in New York zu sehen«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
»Und er hat nie wieder von sich hören lassen?«
»Natürlich nicht. Er kennt weder meine Adresse noch meinen Nachnamen. Wir waren einfach Mark und Sanna.«
Trotzig und fast triumphierend warf sie den Kopf
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