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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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zurück. Tommy nickte nur und verriet mit keiner Miene, was er von dieser Geschichte hielt.
    »Und dann hielt Kjell um Ihre Hand an«, sagte er einfach.
    »Ja. Ich teilte ihm mit, er sei der Vater des Kindes. Er freute sich wahnsinnig und erwähnte seine Operation mit keinem Wort … Sie haben doch die Wahrheit gesagt? Sie lügen mich doch nicht an, um mich zum Reden zu bringen?«, fragte sie plötzlich misstrauisch.
    »Nein. Die Vasektomie wurde bei der Obduktion festgestellt.«
    »Obduk … mein Gott! Er erzählte, er hätte sich mal einen kleinen Leistenbruch operieren lassen. Das war vielleicht diese Operation. Ein paar Jahre vor unserer Hochzeit. Es könnte hinkommen.«
    In diesem Augenblick warf Tommy Irene einen schnellen Blick von der Seite zu. Plötzlich erinnerte sie sich an seine Leistenbruchoperation vor einigen Jahren. Hatte er zu jenem Zeitpunkt seine Vasektomie durchführen lassen? Das war in der Tat sehr wahrscheinlich. Und Kajsa hatte äußerst heftig reagiert, als er überraschend vor ein paar Wochen von seinem kleinen Eingriff erzählt hatte. Hatte sie sich bereits vorgestellt, dass sie ein Paar werden und eine Familie gründen würden? Kajsa hatte keine Kinder. Sie war Anfang dreißig, und vielleicht wurde die Zeit für sie auch langsam knapp. Wie weit war eigentlich das Verhältnis der beiden bereits gediehen?
    Irene bemerkte plötzlich, dass ihre Gedanken abgeschweift waren und sie von dem, was Tommy und Sanna gesagt hatten, einiges verpasst hatte.
    »… mehrmals, sowohl Philip als auch ich. Aber er erledigte seine Arbeit nicht. Es war nicht leicht für uns, ihn zu kontrollieren. Er hatte an der Fachhochschule studiert und war für die Finanzen des Unternehmens verantwortlich.«
    »Wie gelang es ihm, das Geld aus ph.com herauszuschleusen?«
    »Die Buchprüfer stellten fest, dass er dafür falsche Rechnungen benutzt hatte. Mit Hilfe verschiedener Transaktionen gelangte das Geld auf seine eigenen Konten. Von dort wurde es an eine Bank in Luxemburg überwiesen, einige Tage später ging es weiter auf die Cayman Islands. Dort verschwand es. Eine klassische Unternehmensplünderung!«
    »Um was für Summen ging es dabei?«
    »Möglicherweise bis zu fünfzehn oder sechzehn Millionen Kronen. Er hatte ein Konto, auf dem das Geld war, das ihm von Pundfix geblieben war. Er hat selbst einmal gesagt, dass es sich um fünf Millionen handelte. Dazu kam sein aus Gehalt und Spesen zusammengespartes privates Kapital. Laut Polizei befanden sich auf diesem Konto fast fünf Millionen. Alles in allem besaß er also ungefähr fünfundzwanzig Millionen, als er verschwand.«
    Sannas Stimme bebte vor unterdrückter Wut. Es schien ihr plötzlich sehr wichtig zu sein, die Kriminalbeamten über Bonettis zwielichtige Geschäfte zu unterrichten.
    Irene fand es bemerkenswert, wie rasch der Betrag im Zuge der Ermittlung gestiegen war. Jetzt wussten sie auch, dass Thomas nicht mit dem Geld verschwunden, sondern ermordet worden war. Wo war das Geld geblieben?
    »Wie hat er nur in einem Jahr so viel Geld anhäufen können? Fast fünf Millionen ist ziemlich viel …«
    »Wie gesagt, es kam einiges an Spesen zusammen. Wir sind alle drei wie verrückt um die Welt gereist. Das war wirklich anstrengend! Außerdem bezahlte ph.com die Miete seiner Wohnung in London.«
    »Hat das Unternehmen nicht Ihnen allen die Miete gezahlt?« Sie warf Tommy einen raschen Blick zu, zuckte leicht mit den Achseln und murmelte etwas Unverständliches.
    »Wie bitte? Was haben Sie gesagt?«, fragte Tommy freundlich, aber unerbittlich zurück.
    »Ich sagte, dass es uns auch wirklich zustand. Schließlich rackerten wir uns ab! Tag und Nacht! Sie verstehen gar nicht …«
    Tommy warf ihr einen langen, nachdenklichen Blick zu und sagte dann: »Nein. Das verstehen wir vermutlich nicht. Ein Kapital von einer Milliarde Kronen zusammenzubekommen und dann innerhalb eines Jahres durchzubringen ist zweifellos eine Leistung.«
    »Das war nicht unsere Schuld!«
    »Wessen Schuld war es dann?«
    »Ich bin keine Buchhalterin oder Börsenanalytikerin. Ich war für Design und Marketing zuständig.«
    Sie sah ihn kühl an. Alle Mitteilsamkeit war wie weggeblasen.
    »Was hatte Philip für eine Ausbildung?«
    »Er war Jurist.«
    Ohne das geringste Zittern in der Stimme log sie sie an. Irene und Tommy wussten, dass Sanna und Philip nach dem Gymnasium nicht studiert hatten. Warum setzte sie ihnen eine Lüge vor, die so leicht zu entlarven war? Offenbar unterschätzte sie die

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