Der erste Versuch
Auswaschungen
schließen ließ. Auch das Unregelmäßige der Deckenwölbung
unterstrich eine natürliche Entstehung der Höhle. Äußerst
rätselhaft blieben das Leuchten des Wassers und die Pflanzen.
Eine fabelhafte, äußerst sinnvolle Symbiose. Bevor eine
Untersuchung anders lautende Ergebnisse hervorbringen
würde, musste angenommen werden, dass das Geheimnisvolle
seit Urzeiten existierte. Oder? Aber das ließ sich herausfinden.
Noch immer trieb Connan das Boot langsam nordwärts.
Das leise Plätschern, das das eintauchende Paddel
verursachte, unterstrich die lastende, unheimliche Stille.
Das Bild links und rechts änderte sich nicht. Buchten und
Auswüchse des Simses verwischten nicht den Eindruck, dass
das lang gestreckte Gewässer schnurstracks in Nord-SüdRichtung verlief.
Da legte Alina Connan die Hand auf die Schulter. Ungeachtet
des unheimlichen Halls sagte sie laut: „Weißt du, was ich
vermute? Das Wasser führt geradewegs zum Gold-Cañon, und
dort ist eine Verbindung zur Oberfläche!“
Connan antwortete nicht sogleich. Er hörte auf zu rudern, saß
still. „Du könntest Recht haben.“ Er sah sie nicht an, sondern
beobachtete starr einen Punkt im Dickicht. „Es ist ein See“,
sagte er dann. „Keine Strömung.“
„Ich bin mir ganz sicher, dass dieses intensive Leuchten von
den Zweizellern ausgeht, das Licht wiederum die Pflanzen…
Aber wovon leben die Kleinen?“
Connan fasste nach Alinas Hand. „Du wirst dich für lange
Zeit nicht über Mangel an Arbeit beklagen können. Wir
nehmen Proben von den Pflanzen und rudern zurück.“
„Sie gedeihen unwahrscheinlich schnell und üppig. Wir
haben sie vor – einundzwanzig Tagen ausgesetzt, und sie
haben hundert Prozent an Volumen gewonnen, und das in
unbehandeltem Boden.“ Alina berichtete mit Eifer. „Deshalb
bleibe ich dabei: Die Anlage da unten ist eine Art Baumschule,
bewusst angelegt – auch als Vorratslager –, um den Planeten
zu kultivieren.“ Sie redete sich in Begeisterung. „Ich behaupte:
Die Pflanzen sind das hervorragende Ergebnis aufwendiger
Züchtung – wenn auch jetzt verwildert. Keine andere Spezies
produziert Sauerstoff in solchen Größenordnungen und ist den
hiesigen Bedingungen derart angepasst. Was wir bislang in
dieser Hinsicht vollbracht haben, ist, entschuldigt, im
Vergleich dazu…“ Alina winkte geringschätzig ab.
„Und irgendwer hat, deiner Meinung nach, diese
–
untermarsische Baumschule angelegt…?“ Lene hob
abwehrend die Hand. „Leute, wir wiederholen hier nicht die
sattsam bekannten unfruchtbaren Spekulationen. Was schlägst
du vor?“ Sie fragte es verbindlich streng.
„Am Sechzehnten geht die CALIFORNIA zurück zur Erde.
Ich würde mit umfangreichem Probematerial mitfliegen, im
texanischen Institut, mit dortiger Hilfe natürlich, forciert
experimentieren und versuchen, unsere auserwählten irdischen
Pflanzen entsprechend zu manipulieren. Mit den Ergebnissen
komme ich zurück. Unterdessen sollten von den Pflanzen da
unten so viele wie möglich ins Freie versetzt werden. Es wird
dies einen Qualitätssprung auslösen, ich bin sicher.“
Lene lehnte sich zurück. Sie blickte auf Edmont. „Was
meinst du?“
„Es hat was.“
„Reisende zwischen den Planeten ist nicht gerade das, was
ich möchte.“
Edmont lächelte. „Aber einen grünen Mars so schnell wie
möglich schon, denke ich.“
Lene zog die Stirn in Falten. „Also gut! – Wie lange werdet
ihr brauchen?“
„Wenn sich die DNA, auf die es natürlich ankommt, schnell
selektieren lassen, ein knappes Jahr – ein irdisches.“
Ein wenig drückte Alina das Gewissen.
Natürlich wollte sie mit Eifer und Ehrgeiz all das im
irdischen Forschungsinstitut mit vollstem Einsatz erledigen,
wenn es darauf ankam, Tag und Nacht. Aber ebenso stark war
ihr Verlangen, das Nebulöse um Milan aufzuklären, und das
ging nur in irdischen Gefilden. Sie war sich im Klaren, dass
auch viel erreicht werden könnte, wenn ausschließlich die
aufgefundenen Marspflanzen ausgebracht und weiter gezüchtet
würden. Irdische nach den nunmehrigen Erkenntnissen zu
manipulieren, wäre vorerst nicht notwendig und freilich in den
Forschungseinrichtungen auf dem Roten auch nicht möglich
gewesen. Ganz abgesehen davon, dass das gegenwärtige
Arbeitspotential auf dem Planeten für eine groß angelegte
Begrünungskampagne ohnehin nicht ausreichte. Aber
schließlich seien die Menschen an ihre irdische Flora nicht nur
gewöhnt, sondern auch auf sie als Nahrung
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