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Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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den Fang.
„Lass los, ich geh allein!“, rief Alina. „Ich möchte sofort
Milan Nowatschek sprechen!“
„Wen du sprechen willst und wer mit dir sprechen wird, das
bestimmst du nicht.“ Aber die Frau lockerte den Griff, ohne
jedoch die Gefangene gänzlich loszulassen.
„Wo bringt ihr mich hin?“ Alina versuchte es auf eine
versöhnlichere Tour. „Ich bin die, die heute auf einem eurer
Boote… auf dem Boot war, das aufgelaufen und
wahrscheinlich gesunken ist.“
„Und warst bis jetzt bei Neptun zum Abendessen“, spottete
die Unsichtbare.
„Nein, eher bei Morpheus, ich war stundenlang ohnmächtig!“
„Ohnmächtig ist gut; fabelhaft gegens Erinnern oder wenn
man ‘s Befragen satt hat. Aber bei Mareis, Täubchen, empfehle
ich es dir nicht. Der nähme auch glühende Zangen, wenn sie
nicht aus der Mode gekommen wären.“
„Halt deine Klappe“, sagte der Mann.
Sie näherten sich den Hafenbauten, die Lampen standen
dichter, Alina konnte jetzt die zwei Gestalten, die sie
eskortierten, sehen. Sie staken in Tarnanzügen und trugen
Laserwaffen. Der Kopf des dunkelhäutigen Mannes wurde von
der Nacht gleichsam geschluckt. Das Weiß seiner Augen
schwebte gespenstisch über dem Uniformkragen; es sah aus,
als beobachteten sie völlig selbstständig das Geschehen. Die
Frau mochte 40 Jahre alt sein; an ihr fielen eine spitze Nase
und ein knochiges Gesicht auf.
Sie erreichten das erleuchtete Gebäude und parterre eine Art
Wachrevier, wo sie von einem ebenfalls schwer bewaffneten
Mann empfangen wurden. Dieser pfiff durch die Zähne, als er
die drei viertel nackte Alina erblickte, fasste sich jedoch
schnell, öffnete einen Spind, entnahm dem eine Decke und
hängte diese über die mittlerweile gänsehäutige Frau. Dann
geleitete er sie in einen Nebenraum, der von einem großen
Schreibtisch, drei Stühlen und mehreren Schränken,
insbesondere aber von einem außerordentlich dicken
Menschen beherrscht wurde, der ihnen einige Schritte
entgegenkam und Alina übertrieben höflich auf einen Stuhl
komplimentierte. Ein Wink von ihm genügte, und der andere
Mann im Raum zerschnitt Alina die Handfessel.
Dann entknotete dieser Alinas Bündel und breitete die
Sachen auf dem mit Ausnahme des Sprechgeräts leeren
Schreibtisch aus.
Alinas beide Begleiter hatten offenbar ihren Streifengang
wieder aufgenommen; denn sie blieben der Szene fern.
„Hast dich gewundert, so schnell die Bekanntschaft von uns
Inselbewohnern zu machen? Naivlinge, deine Auftraggeber.
Sag ihnen – falls du nochmal Gelegenheit dazu bekommen
solltest –, selbst wenn sie dressierte Mäuse schicken… Und
unterrichte sie auch, dass man recht gut auf einer Leiter aus
dem Wasser steigen kann und nicht im Finstern über die Steine
stolpern muss. Diese hässlichen Schürfen auf dem
Pfirsichhäutchen… Aber lassen wir den Schmus.“ Er ging
zurück zu seinem Schreibtisch. Bei jedem Schritt ächzte der
Fußboden. „Also, da wollen wir mal. Mein Name ist Lavall,
und ich möchte gerne wissen, wer du bist, woher du kommst,
was du willst – na, du weißt schon.“ Der dicke Mann hatte
hinter seinem Schreibtisch Platz genommen, hob wie
uninteressiert Alinas noch tropfnasse Kleidungsstücke an,
kippte dann aber ziemlich energisch den Inhalt ihrer
Handtasche aus und betrachtete sorgfältig jeden Gegenstand.
„Na, ich höre“, sagte er dann nötigend.
Alina betete ungehalten ihre Personalien herunter, sagte,
woher sie kam, was ihr widerfuhr, und forderte danach: „Ich
möchte nun endlich Milan Nowatschek sprechen, er kennt
mich, wird das aufklären und euch ein paar Takte sagen.“
„Langsam, langsam. Erst wird dich unser Chef sprechen, und er wird entscheiden. Morgen. Du bekommst ein trockenes
Plätzchen, wenn du willst, etwas zum Essen und Anzuziehen –
und meinen guten Rat: Sag die Wahrheit, Mädchen, wenn er dich morgen fragt, was mit dir los ist. Ich möchte nur wissen,
weshalb dieser Mensch, was unser Chef ist, so gar keinen
Humor hat. Weißt du es, Lars?“
„Nein, ich weiß es nicht“, sagte der Angesprochene mit
einem spöttischen Grinsen.
Der Dicke nickte diesem Lars zu und führte mit dem Kopf
eine leichte Drehung aus.
„Komm“, forderte Lars, die stumme Aufforderung seines
Vorgesetzten richtig interpretierend. „Dein Appartement.“
„Das werdet ihr bereuen“, knirschte Alina, wütend mehr ob
ihrer Ohnmacht als über die Leute der Wache.
An der Tür drehte sie sich um und sagte kleinlaut: „Ich habe
Hunger.“
Alina hatte im solide

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