Der Esper und die Stadt
Eine flüsternde Stimme sagte: „Ich kann nicht gehorchen. Wenn ich genau das täte, was ihr wollt, Mammipappi, würde ich nicht mehr ich sein. Ihr werdet nie herauskriegen, wer ich bin. “ Es war ein Flüstern, das noch schlimmer war als ein Hilfeschrei. Ich hatte einen weißen Blitz im Kopf. Larry löste sich auf. Es hatte ihn nie gegeben.
Ich erwachte, bewegte mich nicht – und war ebenfalls in Gefahr. Der Blitz wartete nur darauf, auch mich zu treffen.
Ich tastete in meinem Geist herum, um zu erfahren, was geschehen war, fand aber keinerlei Unstimmigkeiten – nur eine fremdartige, friedliche Leere, die sich an der Stelle befand, wo es eben noch geblitzt hatte. Irgend etwas, das ich über das Leben wissen wollte, war in dieser Woche beinahe beantwortet worden, aber jetzt konnte ich mich nicht mehr an die Frage erinnern. Der Blitz hatte mich irgendwie getroffen. Ich konnte die Frage, nach der ich in Larrys Bande gesucht hatte, nicht mehr formulieren.
Man hatte Larry eine Gehirnwäsche verpaßt, und damit waren auch all die Fragen verschwunden, die ich ihm gestellt hatte, damit er sie beantwortete.
Ich tastete nach Larry, griff mit meinen ESP-Kräften in die Stadt hinein, berührte aber lediglich eine desorientierte, friedliche Leere. Im allgemeinen wandte man eine Gehirnwäsche an, um jegliche Erinnerung an Angst und Haß in bezug auf die Autoritäten auszulöschen sowie Erinnerungen an Bestrafungen und Rachegelüste zu vernichten. Seit er ein Säugling gewesen war, hatten Larrys Eltern versucht, ihren Sohn zu konditionieren. Jede freie Minute seines Lebens hatte er in Angst verbracht – in der Angst vor Bestrafung und der Angst vor einer imaginären Autorität. Jetzt war alles ausgebrannt. Die Behandlung hatte seine gesamte Erinnerung ausgelöscht. Der Mensch, der einst der Dichter, Historiker und jugendliche Radikale Larry Rubaschow gewesen war, hatte zu existieren aufgehört und war nur noch ein leerer, lebendiger, fünfzehn Jahre alter Körper, der sich nicht mehr an sich selbst erinnern konnte.
Ich stand auf. Ich hatte noch immer ein zielgerichtetes Gefühl in bezug auf den Blitz. Obwohl ich geschlafen hatte, schienen die schwächer werdenden Echos in meinem Kopf aus der Nähe zu kommen. In welchem Krankenhaus war ich überhaupt?
Mein Zimmer war leer. Der Bettaufzeichner hörte auf, meinen Pulsschlag, meine Temperatur, die Herz- und Gehirnwellenfunktion aufzuzeichnen. Die wellenförmigen Linien wurden zu geraden Strichen. Da der unter dem Bett befestigte Gewichtsmesser registrierte, daß ich aufgestanden war, konnte die Zentraleinheit davon ausgehen, daß ich keinesfalls tot war. Schließlich mußte jeder mal ins Bad.
Aber wie fanden sie heraus, daß man auch wirklich auf die Toilette ging? Maß die Klobrille etwa das Gewicht eines auf ihr Sitzenden? Ich nahm ein Nachtschränkchen, das neben meinem Bett stand und stellte es auf die Klobrille, damit es aussah, als hätte jemand darauf Platz genommen.
Meine Kleider fand ich in einem schmalen Schrank. Sie hingen an einem Haken. Sie waren feucht vom Blut gewesen, aber jetzt waren sie wieder trocken und sauber. Ich zog mich an und beeilte mich, denn ich wollte zur Quelle des tödlichen weißen Blitzes vorstoßen und die Bürokraten dazu bewegen, ihn zurückzunehmen, es irgendwie ungeschehen zu machen, Larry seine Erinnerungen wiederzugeben und ihn zu fragen, was er wollte, denn er wollte irgendwas vom Leben haben, etwas, das wir uns alle von ihm wünschen sollten; etwas, das das Leben ausmacht.
Meinem Riecher folgend pirschte ich durch die Korridore, klaute mir aus einem Schrank einen weißen Kittel, brabbelte etwas vor mich hin,
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