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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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sag­te ich ihm im stil­len.
    „Dann las­sen Sie’s von Ih­rer Freun­din ma­chen“, schnapp­te der Chef.
    Ich schau­te auf, aber das Blu­men­mäd­chen ging schon wei­ter. Sie schau­te zu­rück und wink­te, hielt aber nicht an. Ich ver­gaß sie.
    „Ich brau­che et­was Geld, um nach Ah­med zu su­chen“, mur­mel­te ich.
    Der Chef klang mü­de. „Ge­ben Sie mir die Num­mer Ih­rer Kre­dit­kar­te und den Na­men Ih­rer Bank, dann las­se ich hun­dert Dol­lar auf Ihr Kon­to über­wei­sen. In Ord­nung?“
    „In Ord­nung.“ Oh­ne Geld ist auch ein rei­cher Bur­sche arm. Ich kam mir im­mer noch plei­te vor.
    Der Chef hör­te mir zu. „Sie ha­ben das Geld in zehn Mi­nu­ten, Ge­or­ge. Sie sind nicht plei­te. Den­ken Sie dar­an, daß wir Ih­nen viel mehr Geld schul­den als das. Sie brau­chen nur Ih­re Be­rich­te ab­zu­lie­fern und Ih­re Quit­tun­gen zu sam­meln. Tun Sie bloß, was die Buch­hal­tung wünscht, sonst wird man mir den Hun­der­ter von mei­nem ei­ge­nen Ge­halt ab­zie­hen.“
    Viel­leicht fiel mir ja noch was ein, wie ich die Be­rich­te fer­tig­krie­gen konn­te. Im Mo­ment in­ter­es­sier­te mich aber nur der Auf­trag. „Wor­an hat Ah­med ge­ar­bei­tet, als Sie das letz­te Mal von ihm hör­ten?“
    „Im Re­vier an der Ma­di­son Ave­nue, Ecke 53. Stra­ße, war­tet ein Be­richt auf Sie“, sag­te der Chef, und mehr war nicht aus ihm raus­zu­krie­gen.
    Ich mar­schier­te ei­ne Mei­le nach Sü­den, hielt dann we­gen ei­ner Tas­se Sup­pe an ei­nem Es­sens­au­to­ma­ten an, drück­te den Sup­pen­knopf und steck­te mei­ne Kre­dit­kar­te in den Schlitz. Ich hör­te zu, wie der Au­to­mat klick­te und rap­pel­te. Er ak­zep­tier­te die Kar­te, spuck­te sie wie­der aus und ser­vier­te mir die Sup­pe. Es war herr­lich an­zu­hö­ren und ein gu­tes Ge­fühl, wie­der ei­ne Kre­dit­kar­te zu ha­ben, die zu was nüt­ze war.
    Ein Jun­ge ging vor­bei.
    „He, Jun­ge, hast du Ah­med den Ara­ber ge­se­hen?“
    „Wen?“
    „So ein großer, ma­ge­rer Typ von der Ret­tungs­bri­ga­de, der Ver­miß­te sucht. Geht ziem­lich schnell. Und hat so schwar­ze Au­gen­brau­en.“ Ich zeig­te auf mei­ne Au­gen­brau­en und run­zel­te die Stirn.
    „Nö.“ Der Jun­ge sah mich an und war­te­te auf wei­te­re Fra­gen, aber ich hat­te kei­ne mehr. Die Bla­gen wer­den im­mer klei­ner. Man kann sich kaum vor­stel­len, daß sie die­sel­ben sind wie wir da­mals, als wir noch klein wa­ren. Aber nicht sie ha­ben sich ver­än­dert, son­dern ich.
    „Na, dann dan­ke, Jun­ge.“
    Er nick­te und ver­schwand zwi­schen den Ge­bäu­den in der grü­nen Wild­nis der Hinter­hö­fe. Ich sah ihm nach. In ei­ner Stadt mit vier Mil­lio­nen Men­schen hat­te es wohl nicht viel Sinn, ir­gend­ei­nen Jun­gen nach ei­nem Ver­miß­ten zu fra­gen, aber manch­mal hat­te ich Glück. Da­ne­ben ge­trof­fen. Aber ich hat­te ja um nichts ge­wet­tet. Ich ging wei­ter, nipp­te an mei­ner Sup­pe, kam auf die öf­fent­li­chen Geh­we­ge des Kunst- und Ga­le­rie­dis­trikts und war bald zwi­schen den ko­stü­mier­ten Künst­lern und ih­rer Kund­schaft. Ich ging schnel­ler als die lang­sam da­hin­flie­ßen­de Men­ge. Die meis­ten Leu­te wa­ren nur da, weil sie sich was an­se­hen woll­ten, aber an­de­re schlepp­ten große Ge­mäl­de und Fo­to­dru­cke mit sich her­um. Ich hielt auf je­ne zu, die den An­fang der Men­ge bil­de­ten, und mach­te de­nen, die hin­ter mir ka­men, den Weg frei. Auch wenn ich kei­ne Sup­pe bei mir ha­be, brau­che ich auf dem Geh­weg mehr Raum als mir zu­steht, aber ich weiß, was es für ei­ne Ar­beit macht, sich einen Weg durch die Men­ge zu bah­nen, oh­ne je­man­den an­zu­rem­peln. Ah­med hat­te für un­se­re UN-Bru­der­schaft ein Spiel dar­aus ge­macht, Völ­ker­scha­ren wie die­se zu durch­que­ren: Man hat­te ver­lo­ren, so­bald sich ein Er­wach­se­ner be­schwer­te – oder auch nur sein Lä­cheln ge­fror.
    Es war ei­ne lus­ti­ge Meu­te. In den Vier­teln der Ga­le­ri­en und Künst­ler geht es im­mer lus­tig zu. So­gar die al­ten Häu­ser strahl­ten glück­li­che Vi­bra­tio­nen aus, und auch die ver­wil­der­ten Grün­zo­nen, die wil­den Blu­men, die großen, fe­der­ähn­li­chen Pflan­zen und die

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