Der Esper und die Stadt
war.
„Bist du das, Ahmed?“ fragte ich. „Ich hab gerade einen Irren festnehmen lassen. Aber du warst nicht da, um mir bei den Berichten zu helfen. Kannst du rüberkommen, mir ein Essen spendieren und die Sache für mich erledigen?“
Er antwortete nicht. Ich hörte jemanden atmen.
Ein Mädchen blieb stehen, ganz in der Nähe der Zelle. Es hatte eine Blume über dem linken Ohr, was bedeutete, daß sie nach einem neuen Freund suchte.
„Frieden und Einssein, kleine Schwester“, sagte ich mit dem Gruß der Liebeskommune. Sie lächelte und strahlte freundliche Vibrationen aus.
„George“, sagte die Stimme in meinem Kopfhörer geduldig, „hier ist der Chef, Judd Oslow – nicht Ahmed oder irgendein Mädchen. Wach auf, Mensch!“ Ich wachte sofort auf. „Jawohl, Sir. Tut mir leid.“
„George, hör genau zu“, sagte die geduldige Stimme, die aus dem Stereo-Kopfhörer kam, und mit geschlossenen Augen empfing ich aufgrund des Echos ein Hörbild seines holzgetäfelten Büros mit dem Eichenholzschreibtisch. Der altmodische, vinylverkleidete Fußboden erzeugte das feine Quietschen sich hin und her bewegender Füße. Nur in der Nähe der Sprechmuschel gab es keine Echos, denn der große, eingefallene Körper des Chefs absorbierte sie.
„Ja, Sir, ich höre zu.“
„George, Ahmed ist verschwunden. Wir haben heute mit der Post seinen Armbandsender bekommen. Natürlich ohne Absenderadresse.“
Es war, als hätte mir jemand in den Magen getreten.
„Glauben Sie, er ist tot?“
„Nein, er wird nur vermißt. Er hat sich seit Mittwoch nicht mehr gemeldet, aber der Armbandsender deutet nicht darauf hin, daß er ermordet wurde.“
Ich hatte keine Lust, darüber zu reden. Als ich noch ein Junge war, hatten mir meine Freunde Geschichten von Banden- und Organisationskriegen erzählt. Wenn irgendeine Organisation oder Bande jemanden umbrachte, schickte sie seine Armbanduhr in einem kleinen Päckchen an dessen Familie. Ahmed war jetzt seit einem Jahr bei der Polizei und Mitglied der Rettungsbrigade. Wenn jemand die Brigade für seine Familie hielt, konnte er durchaus tot sein.
„George, sind Sie noch da? Haben Sie irgendwas von Ahmed gehört? Irgendwelche Botschaften oder Vibrationen aufgefangen?“
„Nein.“ Ich hatte Ahmeds Vibrationen nie auffangen können. Schon als Kind – als er noch der Boß unserer Straßenbande gewesen war – hatte ich ihn für ein Gehirn ohne irgendwelche Gefühle gehalten. Intelligenz ist ein weißes Licht, das einem zeigt, wie man dies und jenes macht. Sie läßt einen alle Situationen kühl betrachten und macht aus einem Durcheinander etwas Harmonisches. Ahmed hatte einen Suchscheinwerfer, der direkt aus seinem Inneren kam.
Ich weiß eine Menge über Gefühle – über meine und die von anderen. Als wir größer wurden, brauchten wir dieses Licht alle.
„Er wird seit Mittwoch vermißt?“ wiederholte ich und hörte meine Stimme knurren. „Warum haben Sie mir das nicht eher gesagt?“
„Kein Grund zur Aufregung. Sie kriegen den Job, ihn zu finden.“
„Wer arbeitet sonst noch an der Sache? Verlassen Sie sich nicht nur auf mich. Sie werden eine Menge Leute brauchen. Schicken Sie die ganze Abteilung los. Ich habe nicht mal Geld für die Auslagen.“
Seine Stimme war immer noch geduldig und langsam. „Sie sollten die Zeit und die Spesen aufführen und uns dann eine Rechnung ausstellen, haben Sie das vergessen? Sie haben noch nicht mal einen Bericht über die beiden letzten Jobs angefertigt.“
„Ich mag keinen Papierkram“, murmelte ich. „Ich fühle mich schon krank, wenn ich Formulare zu lesen versuche. Ich bin neurotisch.“ Ich bin psychotisch. Ich kriege Angst und sehe Flugzeuge abstürzen,
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