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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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sind doch jetzt er­wach­sen.“
    „Wir wer­den die­sen ent­führ­ten Com­pu­ter­mann her­aus­ho­len. Ei­ne Ban­de von Halb­wüch­si­gen hält ihn in den Rui­nen an der 53. Stra­ße West ge­fan­gen. Wir wer­den doch wohl noch mit ei­ner Halb­star­ken­ban­de fer­tig wer­den.“
    Ich war nicht be­reit, den ge­sun­den Men­schen­ver­stand zu ver­ges­sen.
    Ich setz­te mich wie­der auf die Bank, sah mir die grü­ne Be­hag­lich­keit und Wär­me des Parks an und strich über die Schram­men, die mei­ne Ar­me ver­zier­ten. „Laß uns die Po­li­zei an­ru­fen“, sag­te ich. „Die soll das ma­chen.“
    „Wir sind doch die Po­li­zei, du Trief­na­se.“ Ah­med stand im­mer noch. Er lä­chel­te und ver­ließ sich ganz auf die Kraft sei­ner Per­sön­lich­keit und sei­ne Be­fehls­ge­walt, der ich zu ge­hor­chen hat­te. Ich sah zu ihm auf und blin­zel­te ins Ta­ges­licht hin­ein. Er sah im­mer noch groß und be­fehls­ge­wal­tig aus, aber das Den­ken konn­te mir ja nie­mand ver­bie­ten.
    „Ah­med, sei kein Narr. Mit lo­gi­schem Den­ken kannst du we­der Fahr­rad­ket­ten noch Knüp­pel be­kämp­fen. Ich mei­ne, du hast ja wirk­lich Köpf­chen, aber ge­gen ei­ne Halb­star­ken­ban­de brau­chen wir Mus­keln. Die wis­sen näm­lich nicht, wie man denkt, und die wer­den dir auch nicht zu­hö­ren.“
    „Und was ist, wenn sie jetzt al­le in die­sem Kel­ler ste­cken und wir sie schnap­pen müs­sen, be­vor sie sich noch tiefer dar­in ver­krie­chen und Carl Hod­ges an einen an­de­ren Ort ver­schlep­pen? Was könn­te sie an­de­res an die Ober­flä­che trei­ben als ein He­li­ko­pter, der sie von oben mit Trä­nen­gas be­pflas­tert?“
    Geis­tes­ab­we­send rieb ich über das dunkle Mut­ter­mal auf mei­ner Wan­ge. „Sie kom­men raus, so­bald je­mand sich in ih­rem Ge­biet rum­treibt, Ah­med. Aber ei­ne Bul­len­ar­mee oder ein Hub­schrau­ber lockt sie nicht raus. Ver­stehst du, was ich mei­ne? Wenn ir­gend­ein blö­der Töl­pel in ih­rem Ge­biet rum­läuft, weil er ei­ne Ab­kür­zung sucht – dann kom­men sie raus und hau­en ihn zu­sam­men.“
    „Ein Job für dich.“
    „Wie bist du dar­auf … Oh, ye­ah, du bist nicht von ges­tern. Du hast so was wie ’ne Stra­te­gie im Kopf. Wenn sie wie­der raus­kom­men, um mich zu ver­dre­schen, geht der Ko­pter run­ter und ver­paßt ih­nen ’ne Gas­la­dung. Und wenn wir Glück ha­ben, ist nie­mand mehr un­ten, der Carl Hod­ges um­brin­gen oder ver­schlep­pen kann.“ Ich stand auf. „Okay, das ma­chen wir.“
    An der 53. Stra­ße ver­lie­ßen wir die Sub­way und gin­gen zu­sam­men über den Bür­ger­steig, der den aus­ge­bomb­ten Hül­len der al­ten Häu­ser ge­gen­über­lag. In der Fer­ne summ­te ein Hub­schrau­ber durch die Luft. Ah­med gab mir einen Sen­der, der an ei­ner Hals­ket­te hing. Al­les, was ich nun sag­te, wur­de ge­ra­de­wegs in den Hub­schrau­ber über­tra­gen. Ich häng­te ihn mir um.
    „Du kannst re­den, was du willst“, sag­te Ah­med, „aber so­bald du das Wort ‚Hil­fe’ aus­sprichst, legt der Ko­pter los. Wenn du Hod­ges siehst, schrei los. Der Pi­lot wird dich hö­ren. Ich ge­he um den Block und schaue nach, ob sich in den Ein­fahr­ten was zu­sam­men­braut. Du gehst ein­fach rü­ber. Wir tun bei­de so, als hät­ten wir einen Grund, hier­zu­sein. Ich su­che nach ei­ner Adres­se.“
    „Okay“, sag­te ich. „Ich werd’ ih­nen schon was er­zäh­len. Mach dir kei­ne Sor­gen um mich.“ Ich wand­te mich ab und mar­schier­te sorg­los um die Ecke. Ich ging über die Stra­ße und kam an ein paar Rui­nen vor­bei. Da­hin­ter war das Ge­län­de fla­cher, weil es hier mal mit Plat­ten aus­ge­leg­te Hinter­hö­fe ge­ge­ben hat­te. Hier gab es auch Kel­ler­tü­ren, durch die man in die ent­schwun­de­nen Häu­ser hin­ein­ge­hen konn­te. Das her­um­lie­gen­de Ge­röll und die Mau­er­res­te zeig­ten, wo einst die Häu­ser ge­stan­den hat­ten.
    Ich stand mit­ten auf ei­nem Hin­ter­hof und in der Nä­he zwei­er Trep­pen­fluch­ten, die nach un­ten führ­ten und vor al­ten Tü­ren en­de­ten. Ich ging lang­sam wei­ter und tat so, als wür­de ich mich nicht aus­ken­nen. Da­bei stu­dier­te ich den Bo­den und stell­te mich ver­wirrt und schwer­fäl­lig.

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