Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
Vom Netzwerk:
der Padischah nicht könne, vermöge Beschir - das war ihre Überzeugung, mit der sie gar nicht so unrecht hatte.
    „Nun beichten Sie mal Ihre Schulden, Ibrahim.“
    „Sind Sie so reich?“ -„Geht Sie das an?“
    „Nicht eigentlich. . . Ich kenne ja nicht einmal Ihren Namen . . ."
    „Und ich nicht Ihren.“ „Immerhin wissen Sie, wie man mich in dieser Welt des Islams ruft: Ibrahim oder, wenn Ihnen das mehr zusagt: Abraham.“
    „So erzväterlich sehen Sie gar nicht aus. Vielleicht gefällt mir Ihr ungarischer Name besser?“
    „Wir mögen beide unsere Namen nicht nennen“, wich Mahmud aus. „Aber im Serail hatten Sie doch einen . .."
    „Hören Sie, Ibrahim“, unterbrach sie ihn etwas von oben herab, es ist wirklich sehr anerkennenswert, was Sie aus sich gemacht haben. Aber überheben sollten Sie sich auch nicht. Selbst Ihrem jetzigen Stande entspricht nicht, was Sie soeben versuchten. Mischen Sie sich nie in Verhältnisse des kaiserlichen Serails.“
    ,Des kaiserlichen Serails“ hatte sie gesagt. Mahmud seufzte. Hätte er seine Mutter nach ihr ausfragen sollen? Es hätte sich nicht geschickt. Oder einen der Großeunuchen? Es hätte sich noch viel weniger geschickt. Oder eine der Damen? Daran nur denken, wäre schon der Gipfel der Schamlosigkeit. Sein Bruder Osman sei nicht viel jünger als er, für Ersatz sei also gesorgt, und es gäbe viele Dinge, die das Volk seinem Padischah nicht verzeihe, am allerwenigsten aber Unehrerbietigkeit gegen seine Mutter, und sie auszufragen, grenze daran. „Nun ja“, sagte er, „Sie haben recht, und ich will mich ja auch nicht in Geheimnisse mischen, die einem Mann versagt sind . . .“
    „Außer dem Padischah natürlich“, schaltete sie ein.
    „Wieso: ,außer dem Padischah“?“ fragte er ganz erstaunt. „Natürlich!“ gab sie, über so viel Begriffsstutzigkeit ungehalten, zurück. „Der Padischah wird sich doch wohl in seinem eigenen Harem auskennen.“
    „Ach, wenn Sie wüßten!“ sagte Mahmud und hätte sich hinterher gern auf die Zunge gebissen.
    „Ibrahim!“ rief sie ungefähr so, wie Gottvater auf dem Sinai Moses angeredet haben mochte. „Seien Sie nicht naseweis. Wenn Sie so weitermachen und den Padischah als einen Trottel hinstellen, reden Sie sich noch um Ihren Kopf.“
    „Bloß nicht“, sagte Mahmud. „Dann würden Sie ja nie erfahren, wieviel Schulden ich habe.“
    "Endlich werden Sie vernünftig“, meinte Julienne ein wenig besänftigt. „Sie sollten sich angewöhnen, geschäftliche Dinge ernsthaft zu betreiben. Sonst schaden Sie Ihrem Kredit.“
    Das war etwas schwierig für Mahmud. Er wußte doch — das sah er jetzt ein - viel zu wenig über die Druckerei. Seine Hoffnung war, daß die Dame ihm das, was er wissen müsse, schon selbst sagen werde. Darin hatte er sich auch nicht getäuscht. Aber zuvor lag ihr noch etwas am Herzen.
    „Was den Namen anlangt...“, sagte sie. „Ich sehe ein, daß Namen die Unterhaltung erleichtern. Ich nenne Sie Ibrahim. Weil Sie verstockt sind, tue ich das, obwohl ich weiß, daß es nicht Ihr richtiger Name ist. Geben Sie mir auch einen Namen, nur so für uns beide. Wollen Sie?“
    „Wie denken Hanum über ,Eva‘? Ich sehe nicht erzväterlich aus -Hanum sagten es - und ...“
    „Wenn Sie jetzt grinsen, Ibrahim, dann ist es aus mit uns.“
    „ Iich grinse nicht“, beteuerte er, „ich dachte nur ...“
    „Wahrscheinlich eine Unverschämtheit, aber da ich sie nicht gehört habe, nehme ich an, Sie meinten die Eva nach dem Sündenfall... Da hatte sie schon was an. Feigenblätter oder so. Seien Sie versichert, das hat sich schnell gegeben. Aber wie Adam auch hinterher gestöhnt haben mag, so langweilig wie vor dem Sündenfall ist sie ihm bestimm; nie wieder gewesen. Sie dürfen mich also Eva nennen.“ Sie reichte damit Mahmud ihre Rechte, und es dauerte eine Weile, bis sie ihm die Hand entriß. „Die Schulden will ich wissen!“ rief sie. „Aber nicht so eine Läpperei, weil Sie sich schämen, und dann reicht das Geld doch wieder nicht. Sagen Sie lieber etwas mehr. Ein zweites Mal bekommen Sie keinen Asper. Von mir nicht!“
    Mahmud saß vollkommen fest, und so hielt er es für entschuldbar, sich in eine ungeheure Lüge zu flüchten. Jedenfalls soweit er Ibrahim war.
    „Eigentlich habe ich gar keine Schulden“, erklärte er; aber wenn er geglaubt haben sollte, sie dadurch mundtot zu machen, wäre das ein schwerer Irrtum gewesen.
    „Das kennt man“, sagte sie mit einer Überlegenheit, die ihn

Weitere Kostenlose Bücher