Der ewige Krieg 01 - Der ewige Krieg
die Nutznießer eines Systems allgemeiner Prostitution gewesen. Fünf Monate bequemer, langweiliger Routine, und dann kam der Soldat Graubard und sorgte dafür, daß es anders wurde.
Aus offensichtlichen Gründen war das Waffentragen in den Quartieren nicht gestattet. Die Kampfausbildung dieser Leute brachte es mit sich, daß selbst ein Faustkampf zum tödlichen Duell werden konnte, und die Gemüter waren leicht erregbar. Einhundertzwanzig bloß normale Menschen wären einander wahrscheinlich schon einer Woche in unseren Höhlen an die Gurgeln gefahren, aber diese Soldaten waren auch wegen ihrer Fähigkeit ausgewählt worden, in beengten Quartieren miteinander auszukommen.
Trotzdem gab es Schlägereien. Graubard hatte seinen ehemaligen Liebhaber schon beinahe umgebracht, als dieser ihm in der Schlange vor der Essenausgabe ein Gesicht geschnitten hatte. Graubard bekam eine Woche Einzelarrest (auch Schon erhielt drei Tage, weil er ihn provoziert hatte), danach psychiatrische Behandlung und Strafdienst. Schließlich versetzte ich ihn in den vierten Zug, so daß er Schon nicht jeden Tag sehen würde.
Bei der ersten Wiederbegegnung im Korridor begrüßte Graubard seinen einstigen Liebhaber mit einem Fußtritt in die Kehle. Die Folge war, daß Diana Alsever an dem unglücklichen Schon eine Luftröhrenoperation vornehmen mußte. Graubard kam neuerlich in Einzelarrest, wurde zusätzlich mit Essenentzug bestraft und anschließend wieder psychiatriert (ich konnte ihn schließlich nicht in eine andere Kompanie versetzen). Darauf war er zwei Wochen lang ein guter Junge. Ich plante ihre Dienst- und Essenszeiten so, daß die zwei nie wieder zusammen in einem Raum sein würden. Aber sie trafen sich ein zweites Mal im Korridor, und diesmal endete die Partie ausgeglichener: Schon trug zwei gebrochene Rippen davon, aber Graubard erlitt einen Hodenbruch und verlor vier Schneidezähne.
Wenn es so weiterging, würde ich bald einen Mund weniger zu füttern haben.
Nach dem Disziplinarrecht hätte ich Graubard exekutieren lassen können, da wir uns im Kriegszustand befanden und obendrein – technisch gesehen – in Feindesland standen. Vielleicht hätte ich es zu diesem Zeitpunkt tun sollen. Aber Charlie Moore schlug eine menschlichere Lösung vor, und ich ging darauf ein.
Wir hatten nicht genug Raum, um Graubard für immer in Einzelhaft zu halten, was die einzig humane und zugleich brauchbare Lösung des Problems zu sein schien, aber an Bord der ›Masaryk II‹ gab es Raum genug. Ich rief die Kommandantin, und sie erklärte sich bereit, ihn zu übernehmen. Zum Dank für das Entgegenkommen erteilte ich ihr die Erlaubnis, den Blödmann über Bord zu werfen, falls er ihr irgendwelche Schwierigkeiten machte.
Wir ließen die Kompanie zum Appell antreten und legten den Vorfall ausführlich dar, damit Graubards Lektion nicht umsonst wäre. Ich stand auf dem steinernen Podium – vor mir die Kompanie, hinter mir die Offiziere und Graubard – und hatte gerade mit meiner Ansprache begonnen, als der verrückte Dummkopf einen Versuch unternahm, mich umzubringen.
Wie jeder andere, hatte auch Graubard jede Woche fünf Stunden lang im Innern des Stasisfelds trainiert. Unter strenger Aufsicht pflegten die Soldaten dort ihre Säbel, Lanzen und Pfeile an Taurierpuppen zu erproben. Irgendwie war es Graubard gelungen, eine Waffe herauszuschmuggeln, eine indische Chakra, das ist ein Metallring mit rasiermesserscharfer Außenkante. Sie ist eine nicht leicht zu handhabende Waffe, aber wenn man sie zu gebrauchen weiß, kann sie viel wirksamer als ein gewöhnliches Wurfmesser sein. Und Graubard wußte sie zu gebrauchen.
Innerhalb einer halben Sekunde machte er die Offiziere rechts und links neben sich kampfunfähig – knallte Hauptmann Moore einen Ellbogen an die Schläfe und brach Hilleboe mit einem Fußtritt die Kniescheibe –, zog die Chakra aus dem Uniformrock und schleuderte sie in einer einzigen glatten Bewegung in meine Richtung. Sie hatte die Hälfte der Entfernung zu meiner Kehle zurückgelegt, ehe ich reagierte. Instinktiv schlug ich nach dem Ding, um es von seiner Bahn abzubringen, und hätte um ein Haar vier Finger verloren. Die Rasiermesserkante schlitzte den oberen Teil meiner Handfläche auf, aber es gelang mir, das Ringmesser herunterzuschlagen. Im nächsten Augenblick stürzte Graubard sich auf mich, die verbliebenen Zähne in einer Grimasse gebleckt, die ich hoffentlich niemals wiedersehen werde.
Vielleicht begriff er nicht, daß
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