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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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drückte sie aus ihrer Position hoch. Er brauchte dazu fünfundvierzig Sekunden, dann konnte er die Tür öffnen. Er nahm seine Tasche und den Koffer und trat aufs Dach hinaus. Nieselregen fiel ihm auf Kopf und Schultern – und das Unerwartete stürzte sich auf ihn.
    Die Tür führte auf eine flache, drei Meter im Geviert messende Plattform neben einer großen, lautstarken Klimaanlage. Von wo er stand, fiel das glatte, glänzende Blechdach auf allen vier Seiten über eine Strecke von zwanzig Metern in einem Winkel von fünfundvierzig bis fünfzig Grad ab und endete an einem meterbreiten flachen Sims. In den Jahren, seit Googles Satellitenfoto erstellt worden war, hatte das Hotel eine Klimaanlage und ein neues Mansardendach bekommen.
    Die westliche Kante ging zur Straße. Hinter dem gegenüberliegenden Rand waren zehn Meter Luft über einem Hof, und die Nord- und Südseiten endeten vor zweieinhalb Meter breiten Lücken mit flachen Dächern auf der anderen Seite, von denen man, ohne Abgründe überwinden zu müssen, auf benachbarte Dächer kam – ein Flickenteppich aus Ziegeln, Blech und Beton, über die er kreuz und quer ans andere Ende des Häuserblocks gelangen konnte.
    Der Regen verlieh dem Dach den Glanz einer Wasserrutsche. Geiger bewegte vorsichtig den Schuh über ein nasses Blech vor und zurück. Die Sohle glitt mühelos über das Material, praktisch ohne Reibung. Sein Plan, der auf der Annahme basierte, das Dach wäre flach, hatte vorgesehen, mit der Ausziehleiter die Lücke zum Nachbardach zu überbrücken und hinüberzukriechen. Jetzt bedeutete allein das Erreichen des schmalen Simses eine Bergsteigerexpedition – ein einziger Fehler, und er schlitterte ohne Halt bis nach unten und stürzte dann zwanzig Meter in die Tiefe. Er malte es sich aus und ließ den Film in seinem Kopf abspielen. Es sah recht realistisch aus.
    Doch sein Vorratsschrank an Möglichkeiten war leer. Er konnte nicht wieder hineingehen. Er durfte nicht beobachtet werden, wie er das Hotel verließ, und er durfte nicht verfolgt werden, weil das einen Würgegriff um die Kehle seiner geringen Chance, sein Leben unter Kontrolle zu bekommen, bedeutet hätte. – Und für Harry, Matheson und Ezra galt das Gleiche. Jeder Regentropfen, der ihn ins Gesicht traf, fühlte sich an wie eine weitere Sekunde, die von der Zeit, die ihm noch blieb, abgezogen wurde.
    Nimm, was du hast. Benutze es, um zu schaffen, was du brauchst. Das Mantra seines Vaters.
    Geiger nahm die Sporttasche, schob den Kopf durch die weiten Griffe und zog sie vor seine Brust. Dann ging er an den Rand der Plattform, setzte sich, die Beine auf das abschüssige Dach gestreckt, und legte sich den Alukoffer auf den Schoß. Die Leiter würde er für den Rückweg brauchen. Dann stieß er sich ab und begann langsam hinunterzugleiten, Fingerspitzen auf dem glatten Metall, um sich zu lenken und das Gleichgewicht zu halten. Er hob die Füße von der Oberfläche, um eine größere Beschleunigung zu erhalten, und als die Entfernung halb zurückgelegt war, hatte sich seine Geschwindigkeit beinahe verdoppelt.
    Seine Augen hingen an dem flachen, nur einen Meter breiten Dachsims. Die Weite des Sprunges machte ihm keine Sorge. Alles war eine Frage der zeitlichen Abstimmung – und dafür besaß er einen hoch entwickelten Sinn. IR hatte ihn erfordert. Sekundenbruchteile, Zentimeter und Instinkt …
    Als der Sims näher kam, hob er die Hände und packte den Koffer. Er wiegte sich nach vorn, fand mit den Schuhen die ebene Oberfläche – dann sprang er auf und warf, als er sich abstieß, den Koffer vor sich her. Mit rudernden Armen und Beinen, die wild auf einem unsichtbaren Fahrrad in die Pedale traten, durchflog er die Luft.
    Er hatte nicht mit der Gewichtslosigkeit gerechnet, der Empfindung, dass die Schwerkraft entschieden hatte, ihn für diesen einen, grenzenlosen Augenblick freizustellen, und das pure Hochgefühl wirkte wie eine Boosterrakete. Nie war Geiger dem Gefühl von Freiheit näher gekommen als in diesem Augenblick – frei vom Körper, vom Geist, vom Schmerz …
    Er setzte auf der anderen Seite auf, und die Landung ließ in seinen geschädigten Hüften heiße Funken sprühen. Er rollte sich ab und kam in sitzender Haltung zur Ruhe. Er blieb sitzen, ließ das Gefühl abklingen, seinen pochenden Herzschlag – dann stand er auf. Der Alukoffer lag fünf Meter entfernt, und er ging darauf zu.
    André, der Barista, prüfte den Inhalt des Minikühlschranks hinter der Theke.
    »Wir

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