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Der Fälscher aus dem Jenseits

Der Fälscher aus dem Jenseits

Titel: Der Fälscher aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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dem Deckmantel verschiedener Scheinfirmen. Natürlich wurde er angezeigt, Verfahren wurden eingeleitet, aber er kam jedes Mal mit einer Einstellung des Verfahrens davon. Zweifellos hatte er schon damals die richtigen Beziehungen.
    Die Polizei hingegen gab sich keinen Illusionen hin, da sie ihn schon damals folgendermaßen charakterisierte: »Er ist das perfekte Beispiel des Industriekapitäns, dem alles gelingt, was er in Angriff nimmt. Mit unglaublichem Geschick nutzt er Verbindungen aus, die er in den unterschiedlichsten Kreisen geknüpft hat.« Doch alles nimmt einmal ein Ende. Nach einem Diebstahl von Wertpapieren bei einem Effektenmakler wurde Stavisky verhaftet. Kommissar Pachot, der ihn lange vergeblich gejagt hatte, bekam endlich seine Revanche. Allerdings währte sie nicht lange. Während seiner Vorführung im Büro des Untersuchungsrichters gelang Alexandre Stavisky die Flucht, offenbar auch diesmal wieder dank guter Verbindungen.
    Sein alter Vater, der Zahnarzt, ging zur Polizei und bot ihnen unter Tränen eine Million, sein ganzes Vermögen, an, um Alexandres Diebstähle wieder gutzumachen. Als die Polizei diese illegale Transaktion ablehnte, beging Vater Stavisky aus Verzweiflung Selbstmord. Kommissar Pachot ließ jedoch nicht locker. Durch einen Spitzel erfuhr er, dass sich der Betrüger in einer Luxusvilla in Marly-le-Roi versteckte. Am 28. Juli 1926 fand eine theatralische Verhaftung statt. Stavisky gab in Gesellschaft seiner Geliebten Arlette Simon, die bei Chanel als Mannequin arbeitete, ein großes Abschiedsessen. Mit ihm wurden gleichzeitig zehn andere Personen verhaftet, nur Arlette, die schwanger war, ließ man auf freiem Fuße.
    Zum ersten Mal kam Alexandre Stavisky ins Gefängnis. Er verbrachte achtzehn Monate in Untersuchungshaft, die ihm wirklich nicht gut bekam, da er am 22. Dezember 1927 wegen eines »tief sitzenden Unterleibstumors« aus medizinischen Gründen entlassen wurde. Gleich danach fand er die Gesundheit wieder. Zwei Wochen später heiratete er Arlette Simon, die ihm bereits einen Sohn, Claude, geschenkt hatte und von der er noch eine Tochter, Micheline, bekommen sollte. Der Prozess fand hingegen nie statt. Von 1926 bis 1933 erreichte Stavisky nicht weniger als neunzehn Vertagungen. Er hatte Beziehungen im Justizpalast, darunter zu einem ehemaligen Minister und Abgeordneten der Radikalen Partei, André Hesse. Verfügte er auch über Verbindungen zur Pariser Staatsanwaltschaft? Diese Frage war auch nicht von der Hand zu weisen. An ihrer Spitze stand nämlich Generalstaatsanwalt Pressard, ein Schwager von Camille Chautemps, der mehrmals Premierminister wurde. Ihm zur Seite stand der sehr dubiose Ministerialrat Prince, der sich insbesondere um die Finanzabteilung und damit auch um alle Betrugsfälle kümmerte. Zumindest kann man sagen, dass beide Männer keinen besonderen Eifer an den Tag legten, die vielen Berichte, die ihnen die Polizei — insbesondere Kommissar Pachot — zustellte, auszuwerten.
    Und Stavisky unterdessen? Von dem hörte keiner mehr etwas. Er schien wie vom Erdboden verschluckt. In der guten Gesellschaft und in Finanzkreisen machte dagegen eine neue Person von sich reden: Serge Alexandre.
    Tatsächlich hatte der Gauner beschlossen, seine Tätigkeit unter diesem durchsichtigen Pseudonym fortzusetzen. Und er war fest entschlossen, jetzt ganz groß einzusteigen. Er lernte den Direktor des Crédit municipal (Pfandhaus) von Orléans kennen, einen gewissen Desbrosses. Desbrosses musste Kassenscheine für Pfänder in Umlauf bringen. Also gründete Alexandre mit einem Komplizen die »Schmuck- und Goldwarengesellschaft Alex«. Er ließ Gutachten für echte Smaragde erstellen, die er gegen falsche tauschte, bevor sie im Tresor eingeschlossen wurden. Daraufhin konnte der Crédit municipal d’Orléans Kassenscheine ausgeben, die mit den Edelsteinen rückzahlbar waren. Niemand bemerkte den Schwindel.
    Gleichzeitig gründete Monsieur Alexandre wie im Rausch eine Firma nach der anderen: die »Allgemeine Firmengemeinschaft für Öffentliche Arbeiten«, deren Verwaltungsratsvorsitzender der ehemalige Polizeipräfekt Hudelo war; eine »Gesellschaft zur Einführung landwirtschaftlicher Maschinen« sowie eine »Immobiliengesellschaft zur Sanierung des Stadtviertels la Muette«. Um auch alles richtig zu machen, zog Serge Alexandre bei allen Unternehmungen immer René Renoult, den ehemaligen Justizminister, zu Rate. Und um sein Image zu pflegen, kaufte er außerdem eine Zeitung, die

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