Der Faenger im Roggen - V3
Marty den
andern, daß Gary Cooper gerade hinausgegangen sei. Junge, Laverne und Bernice begingen auf
diese Nachricht beinahe Selbstmord. Sie wurden ganz aufgeregt und fragten Marty, ob sie ihn
gesehen habe.
Marty antwortete, sie habe ihn gerade nur noch einen Augenblick gesehen. Das gab mir den
Rest.
Da die Bar geschlossen wurde, bestellte ich jeder von ihnen noch schnell zwei Drinks und für
mich zwei Colas. Der verdammte Tisch war voll von Gläsern. Die Häßliche Numero eins, Laverne,
neckte mich fortwährend damit, daß ich nur Cola trank. Sie hatte einen überwältigenden Sinn für
Humor. Sie und diese Marty tranken Tom Collins - und das mitten im Dezember! Sie wußten es eben
nicht besser. Diese Blonde, Bernice, trank Whisky mit Wasser. Sie kippte es nur so in sich
hinein. Alle drei hielten immer noch unentwegt nach Filmstars Ausschau. Sie sprachen gar nicht,
nicht einmal miteinander. Die Marty war etwas gesprächiger als die beiden andern. Sie machte
andauernd so plumpe und langweilige Witze, zum Beispiel sagte sie anstatt Toilette »Für kleine
Mädchen«. Und wenn Buddy Singers armseliger, verschlissener Klarinettist aufstand und ein paar
abgestandene »heiße Solos« von sich gab, fand sie ihn einfach toll und nannte seine Klarinette
eine »Lakritzstange«.
Die war vielleicht gewöhnlich. Die andere Häßliche, Laverne, hielt sich selbst für furchtbar
witzig. Sie sagte dauernd, ich sollte doch meinen Vater anrufen und ihn fragen, ob er heute
abend noch was vorhabe; sie fragte mich immer wieder, ob mein Vater mit 'ner Freundin aus sei.
Viermal fragte sie mich das. Die war wirklich wahnsinnig witzig. Bernice, die Blonde, sagte so
gut wie gar nichts, und wenn ich sie etwas fragte, sagte sie immer nur: »Was?« Das kann einem
auf die Dauer auch auf die Nerven gehen.
Als sie ausgetrunken hatten, standen sie plötzlich auf und sagten, jetzt müßten sie ins Bett
gehen. Sie wollten morgen früh die erste Vorstellung in der Radio City Music Hall sehen, sagten
sie. Ich wollte sie noch ein bißchen festhalten, aber es war nichts zu machen. Daraufhin
verabschiedeten wir uns.
Ich sagte, ich würde sie in Seattle aufsuchen, falls ich einmal dorthin käme, aber ich
bezweifle, ob es dazu kommt. Daß ich sie besuche, meine ich.
Mit den Zigaretten und allem mußte ich ungefähr dreizehn Dollar bezahlen. Ich finde, sie hätten
mir wenigstens anbieten können, für das aufzukommen, was sie getrunken hatten, bevor ich mich
an ihren Tisch setzte - natürlich hätte ich es nicht angenommen, aber sie hätten es wenigstens
anbieten sollen. Es war mir trotzdem ziemlich egal. Sie waren so dumm und hatten diese
traurigen Karnevalshüte auf und so. Und daß sie die erste Vorstellung in der Radio City Music
Hall sehen wollten, deprimierte mich auch. Wenn irgend jemand, zum Beispiel irgendeine
Angestellte in einem gräßlichen Hut, die ganze Reise nach New York macht - von Seattle, um
Himmels willen - und dann früh aufsteht, um diese verdammte erste Vorstellung in der Radio City
Music Hall zu sehen, dann deprimiert mich das so, daß ich es kaum ertrage. Ich hätte den dreien
gern hundert Drinks bezahlt, wenn sie nur nicht davon erzählt hätten.
Kurz nach ihnen verließ auch ich den Lavendel-Saal. Er wurde ohnedies geschlossen, und die
Musiker waren schon lange fort. Es war eins der Nachtlokale, die fürchterlich sind,
ausgenommen, wenn man mit jemand gut tanzen kann oder wenn einem der Kellner etwas Richtiges zu
trinken bringt, anstatt nur Coca. Es gibt kein einziges Nachtlokal auf der Welt, wo man es
lange aushalten könnte, wenn man sich nicht wenigstens betrinken kann. Oder wenn man mit einem
Mädchen hingeht, in das man wirklich verliebt ist.
11. Kapitel
Auf dem Weg in die Hotelhalle fiel mir Jane Gallagher plötzlich wieder ein. Ich kam nicht mehr
von ihr los. Ich setzte mich in einen der zum Erbrechen aussehenden Sessel in der Halle und
dachte an sie und Stradlater in dem verdammten Auto von Ed Banky. Obwohl ich jetzt ganz sicher
war, daß Stradlater es nicht mir ihr gemacht hatte - ich kannte Jane genau -, kam ich doch
nicht von ihr los.
Ja, ich kannte Jane auswendig. Außer ihrer Vorliebe für das Damespiel trieb sie sehr gern
Sport, und in dem Sommer, in dem ich sie kennenlernte, spielten wir fast jeden Morgen Tennis
und fast jeden Nachmittag Golf. Eigentlich lernte ich sie sehr nah kennen. Ich meine damit
nichts Physisches oder so - das nicht -, aber wir waren die ganze Zeit
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