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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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stand an der Wand,
    rauchte sich fast zu Tode und sah höchst gelangweilt aus. Sally sagte fortwährend: »Den kenne
    ich von irgendwoher.« Überall, wo man mit ihr hinging, kannte sie irgend jemand oder bildete es
    sich wenigstens ein. Sie wiederholte es so oft, bis ich genug davon hatte und sagte: »Dann geh
    doch zu ihm, wenn du ihn kennst, und gib ihm einen Kuß. Das wird ihn freuen.« Daraufhin war sie
    beleidigt.
Schließlich entdeckte dieser Mensch sie aber und kam zu uns herüber. Die Begrüßung war
    sehenswert. Als ob sie sich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hätten. Als ob sie als
    Kinder in der gleichen Badewanne gesessen hätten oder was weiß ich.
Alles verlogen. Es konnte einem schlecht werden. Vermutlich waren sie einander erst ein
    einziges Mal in irgendeiner Affengesellschaft begegnet. Als sie endlich ganz erschöpft waren,
    stellte Sally mich vor. Er hieß George Soundso - ich erinnere mich nicht mehr - und war in
    Andover. Ungeheure Ehre. Am schönsten war, als Sally ihn fragte, wie ihm das Stück gefiele. Er
    gehörte zu den affektierten Eseln, die sich zuerst Raum schaffen müssen, bevor sie eine Frage
    beantworten können. Er trat also einen Schritt zurück und trat dabei der hinter ihm stehenden
    Dame auf den Fuß. Wahrscheinlich zertrümmerte er ihr sämtliche Zehen. Er sagte, das Stück sei
    an sich kein Meisterwerk, aber die Lunts spielten natürlich absolut göttlich. Göttlich! Herr im
    Himmel. Göttlich! Das war mir zuviel.
Dann schwätzten er und Sally über alle möglichen gemeinsamen Bekannten. Es war die
    affektierteste Unterhaltung, die man sich vorstellen kann. Beide dachten immer so rasch sie nur
    konnten an alle Orte, die ihnen einfielen, und nannten dann den Namen von irgend jemand, der
    dort wohnte. Ich war gerade bereit zu kotzen, als wir endlich an unsere Plätze zurück mußten.
    Und nach dem zweiten Akt setzten sie wirklich dieses sterbenslangweilige Gespräch fort. Es
    fielen ihnen noch weitere Namen und Orte ein. Am schlimmsten war aber wohl seine Stimme - eine
    gekünstelte Ivy-League-Stimme, fürchterlich müde und blasiert. Dieser Hund fand es ganz in
    Ordnung, mit seiner Mädchenstimme auf meine Begleiterin einzureden. Nach dem Theater dachte ich
    zuerst, er werde sich sogar mit uns ins Taxi setzen, weil er zwei Häuserblocks mitging, aber
    dann sagte er, er müsse ein paar Leute zum Cocktail treffen. Ich sah deutlich vor mir, wie sie
    alle mit ihren verdammten karierten Westen in einer Bar hockten und mit ihren müden, blasierten
    Stimmen Theaterstücke und Bücher und Frauen kritisierten. Diese Burschen machen mich
    krank.
Als wir ins Taxi stiegen, hatte ich schon beinah einen Haß auf die gute Sally, nachdem ich zehn
    Stunden lang diesem Andover Affen hatte zuhören müssen. Ich war im Begriff, sie einfach nach
    Hause zu bringen - allen Ernstes -, aber sie sagte: »Ich hab eine wunderbare Idee!« Wunderbare
    Ideen hatte sie immer.
»Wann mußt du zum Essen zu Hause sein?« fragte sie. »Ich meine, bist du furchtbar eilig oder
    so? Mußt du zu einer bestimmten Zeit zu Hause sein?«
»Ich? Nein. Zu keiner bestimmten Zeit.« Ein wahreres Wort wurde noch nie ausgesprochen, weiß
    der Himmel. »Warum?«
»Dann wollen wir auf dem Eisplatz von Radio City Schlittschuh laufen.«
Diese Sorte Ideen war charakteristisch für sie.
»Schlittschuh laufen? Dort? Jetzt sofort meinst du?«
»Nur für eine Stunde oder so. Willst du nicht? Wenn du keine Lust hast-«
»Ich habe nicht gesagt, daß ich keine Lust habe. Wenn du das willst, dann gehen wir
    natürlich.«
»Im Ernst? Du brauchst es nicht zu sagen, wenn du nicht wirklich Lust hast. Ich meine, es ist
    mir ganz gleichgültig, ob wir gehen oder nicht.«
Gleichgültig war es ihr allerdings.
»Man kann dort so süße Schlittschuhröckchen mieten«, sagte sie. »Jeanette Cultz hat das letzte
    Woche auch gemacht.« Aus diesem Grund lag ihr so viel daran. Sie wollte sich in so einem kurzen
    Röckchen sehen, was gerade so über den Hintern reicht.
Wir fuhren also hin, und nachdem wir Schlittschuhe bekommen hatten, mietete Sally ein winziges
    blaues Röckchen.
Es stand ihr aber verdammt gut, das muß ich zugeben. Und es soll nur niemand meinen, sie hätte
    das nicht gewußt. Sie ging immer vor mir her, damit ich sehen konnte, wie entzückend ihr
    kleines Hinterteil aussah. Es war auch entzückend, das kann man nicht leugnen.
Komischerweise liefen wir von allen Leuten auf dem ganzen elenden Eisplatz am

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