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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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das Eis vor sich. Die Spitze drang durch, dunkle Flüssigkeit quoll hervor und mit ihr ein übler Gestank. Wirklichkeit. Wieder zurück! Aber er hatte doch nicht die gleiche Straße genommen – und solch ein Fehler war ihm doch sicher nicht unterlaufen!
    Diskan klammerte sich an diesen Glauben und kehrte ein zweites Mal zurück. Die Straße, die ihn vorher hierhergeführt hatte, war die erste der vier möglichen gewesen, und dies hier war die dritte! Er wußte, daß das stimmte. Und doch – soweit er sehen konnte, stand er nun genau an derselben Stelle wie zuvor …
    Schwitzend und keuchend ließ er sich auf dem Platz wieder auf den Treppen nieder und zählte die Straßen mit dem Finger ab. Er hatte recht gehabt! Hier war die leere Rationstube, die er zurückgelassen hatte, um seinen Ausgangspunkt zu markieren. Das war die erste Straße – und das die dritte! Und da sie wie die Speichen von einer Nabe aus auseinanderliefen, konnte man von der einen nicht in die andere gelangen, es sei denn, es gäbe eine Kurve, und er hatte keine bemerkt. Aber er war zum zweitenmal an dem Tümpel angekommen.
    Diskan stützte seinen Kopf in die Hände und versuchte, das Problem noch einmal mit logischem Nachdenken zu lösen – aber da steckte einfach keine Logik drin. Er mußte also irgendwie falsch gezählt haben. Aber das hatte er nicht. Seine alte Frustration, das alte, bedrückende Wissen darum, daß er wieder einmal nicht richtig reagiert hatte. Diskan war tief erschüttert und wagte kaum noch den Kopf zu heben und diese Straßen, die sich so ähnlich sahen, die so kompliziert schienen, noch einmal zu betrachten.
    Als er die Augen hob, um sie genau zu betrachten, war alles noch eigenartiger. Tatsächlich, er konnte nicht weiter hineinsehen als bis zu den ersten drei, vier Gebäuden! Diskan unterdrückte einen Schrei, nahm seine Tasche und den Speer auf und ging die Treppe hinauf. Sosehr er sich anstrengte, er konnte diese düsteren Straßen nicht mehr ansehen. Und ein drittes Mal an jenem Tümpel anzukommen, das wäre mehr gewesen, als sein Verstand ausgehalten hätte.
    Er stieß die erste Tür auf und starrte hinein in die Halle, in die ihn die Tiere damals geführt hatten. Nun war er also wieder am Anfang! Es mußte zur gleichen Stunde am Vortag gewesen sein, als er hier gestanden hatte. Damals war er ihren Wünschen gefolgt, hatte er dem Drude ihres Willens gehorcht. Jetzt war er allein – sehr allein.
    Diskan starrte die nackten Wände an, und seine Blicke wanderten immer wieder zu der engen Stelle gegenüber, wo der Staub am dicksten lag. Aber die Unruhe in seinem Geist, die ihn in den Straßen so erschreckt hatte, war verschwunden. Was war der Sinn dieses Raumes gewesen? Er war so riesig, daß sich hier ganze Kompanien von Gläubigen hätten versammeln können. Jetzt war alles nur Schweigen, Schatten, Staub. Keine Spur von Schnitzereien, in Stein gemeißelten Bildern oder Zeichen an den sich verengenden Wänden.
    Er ging auf die enge Stelle zu. Das Gerät an seinem Gürtel tickte schneller und lauter. Ein Blick darauf zeigte ihm, daß die Nadel nach vorn zeigte. Aber hier gab es keinerlei Spuren von einem Kampf.
    Plötzlich sagte Diskan laut: »Was wollt ihr von mir?«
    Wie am Tage zuvor begann er zu spüren, daß sich eine Frage, ein Wunsch zu formen begann, immer drängender wurde, daß er eine neue Chance erhielt, einen Test zu bestehen, dessen Bedeutung jenseits seines Begriffsvermögens lag.
    Er war jetzt etwa in der Mitte des Raumes. Hatten die Schatten in der Spitze Substanz? Kamen die Tiere zurück? Nein, er konnte sie nirgends entdecken. Nichts so Konkretes erwartete ihn. Und doch spielten ihm irgendein Sinn oder seine Augen jene Bewegung, jenes Muster, das sich da zu formen begann, vor, und das sich zu einem Zweck ineinander verwob, den er nicht erraten konnte. Wenn er nur den Linien des Musters folgen konnte, würde er vielleicht verstehen! Aber obgleich er sich konzentrierte, sich abmühte, zu verstehen – er begriff nicht. Und schließlich löste sich alles in Nichts auf und war verschwunden.
    »Sagt es mir doch!« schrie er verzweifelt, und das Echo hallte von den Wänden wider. Und als das Echo verhallt war, gab es nur noch dumpfes Schweigen und einen Verlust, der schmerzte.
    Schließlich wandte er sich ab, mit hängendem Kopf und gebeugtem Rücken, und schlurfte müde davon. Jene letzten und vielleicht größten Fehlschläge hatten ihm allen Sinn und alles Gefühl genommen. Er verließ die Halle, und

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