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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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den Lärm der Armeen übertönte. Seine Melodie überstrahlte alles, sie war triumphierend, stolz, völlig sicher. Der letzte, zögernde, hohe Ton kam, der Tod des Helden, und dann war in der Stille das Rauschen der Rabenflügel zu hören, die sich auf dem Schlachtfeld niederließen. Das Lied endete, und es entstand tiefes Schweigen.
    Ich vergrub das Gesicht in den Händen, ich hatte geweint wie all die anderen. »Herr«, flüsterte ich Taliesin zu, »ich danke dir.«
    Er riß seinen Blick von der Stelle los, die er fixiert hatte, und schaute die Harfe in seinen Händen an, als ob er überrascht wäre, daß er das Instrument hielt. »Ach nein«, erwiderte er. »Für ein einfaches Lied gibt es doch nichts zu danken.« Und dann lachte er. »Du hast mich ernsthaft werden lassen, und das sogar zweimal an einem Tag! Willst du meinen Ruf ruinieren? Wirklich, Gawain, da gibt es nichts zu danken. Es ist nur ein Lied, und ich habe es nur gesungen, wie ein Barde es tun sollte. Du selbst kannst ja auch sehr gut singen.«
    Es war unmöglich, neben Taliesin einen anderen für gut zu halten, und ich sagte das auch.
    »Natürlich!« erwiderte Taliesin, und ein Glitzern stand in seinen Augen. »Aber beleidige mich nicht damit, daß du für mich und die anderen das gleiche Kriterium benutzt. Wessen Harfe ist das?«
    Rhuawn nahm sich sein Instrument zurück.
    »Du wirst noch mehr Lieder über CuChulainn singen müssen«, sagte Bedwyr. »Es hört sich an, als ob er ein großer Krieger gewesen wäre.« »So heißt es in den Liedern«, meinte Taliesin. »Er hat seinen Sohn, seinen besten Freund und Hunderte von unschuldigen Soldaten umgebracht. Auch ein paar Ungeheuer und einen Druiden, der ihm einmal geholfen hatte.«
    »Er hatte keine andere Wahl, als seinen Sohn und seinen Freund umzubringen!« rief Agravain verärgert.
    »Das habe ich auch nicht gesagt. Ich sagte nur, daß er sie umgebracht hat. Ein paar andere dumme Dinge hat er sich auch geleistet. Es gibt sogar eine Geschichte.« Und dann erzählte er noch eine unerhörte Geschichte über CuChulainn. Danach schritt er zuversichtlich davon, während seine Zuschauer in hilflosem Gelächter zurückblieben. Ich sprang auf und rannte ihm nach. Er blieb stehen, als er mich sah.
    »Ich dachte, du kämst mir wohl nach. Nun, was gibt es?«
    »Ich.« Ich zögerte und fuhr dann hastig fort: »Agravain und Bedwyr glauben, ich sollte besser nach Rheged gehen.«
    »Tun sie das?«
    »Das weißt du doch. Du wußtest, was ich in einem Traum gesehen habe, und ich glaube, du weißt, was kommen wird. Du mußt auch wissen, daß ich kein Hexer bin.«
    Er seufzte und nickte.
    »Dann hilf mir. Warum haßt mich Artus?«
    Er schaute mich an und kaute gedankenverloren auf der Unterlippe. »Dafür bist du noch sehr jung«, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu mir.
    »Ich bin alt genug. Ich bin siebzehn.«
    »Das ist sehr jung. Ich weiß, man erwartet von euch, daß ihr Männer seid, sobald ihr die Waffen genommen habt. Und ihr Männer aus königlichen Clans sollt dann in der Lage sein, mit allem fertig zu werden wie Könige. Aber es ist nicht recht, denen soviel aufzuladen, die noch so jung sind.« Er packte mich an der Schulter. »Hör zu. Ich würde dir gern Antworten auf all deine Fragen geben, aber wie kann ich das? Ich weiß nicht alle Dinge. Manches sehe ich voraus, aber nur trübe. Ich sehe sie wie durch einen Nebel. Und manches geschieht, manches nicht. Anderes sehe ich klar voraus, aber es paßt in kein Muster. Es hat keine Erklärung. Wie könnte ich es wagen, die Wasser dadurch zu trüben, daß ich eine Frage beantworte und vielleicht dadurch die Zukunft verändere? Und du selbst weißt ja auch irgendwie, warum der Kaiser dich haßt. Eines Tages wird es dir ganz klar werden, aber jetzt kann es noch nicht sein. Du mußt Geduld haben und lernen, mit der Unsicherheit zu leben. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
    »Gut«, sagte ich mit schwerem Herzen. »Aber soll ich nach Rheged gehen?«
    »Deswegen hast du ja schon deine Entscheidung getroffen.«
    Das stimmte. »Wer bist du?« fragte ich flüsternd.
    Er lächelte ganz sanft. »Ich bin Taliesin, der oberste Barde des Kaisers. Könnte irgendeine Antwort dir etwas bedeuten?«
    »Bist du von den Sidhe?«
    Aber er antwortete nicht. Er drehte sich nur um und ging weiter. Am Nachmittag fiel mir Sions Stute wieder ein, und ich ging hinüber, um nach ihr zu sehen. Ich stellte fest, daß der Bauer schon gekommen und mit seinem Wagen und seinem Geld am

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