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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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von einem dunklen Rot und an den Säumen mit weiteren Runen bestickt, nur dass sie nicht daran glaubte, dass es sich um Erinnerungen an die Weisung der Göttin handelte. Weiter hinten, neben der niedrigen metallenen Tür, die den einzigen Eingang darstellte, stand Barlin, noch als Kutscher gekleidet, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und ihr nun knapp zunickte.
    Sie wandte den Kopf und sah zu Raphanael hoch, der grimmig auf sie hinuntersah und seinen Stab in seinen Händen hielt.
    Sie rasselte mit einer ihrer Ketten.
    »Sag mir, dass es nicht so ist, wie es aussieht«, meinte sie mit einem schiefen Lächeln, und Raphanael zog eine Augenbraue hoch.
    »Müsstet Ihr jetzt nicht in Angst erstarren oder in Panik verfallen?«, meinte er im selben grimmigen Ton wie zuletzt in der Kutsche.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Müsste ich?«
    Seltsamerweise spürte sie keine Neigung dazu. Was vielleicht auch daran lag, dass Raphanael seinen Stab in seinen Händen hielt und keinen blutigen Opferdolch. Oder daran, dass sein Freund Barlin Mühe zu haben schien, seine Erheiterung zu verbergen. Oder daran, dass er ihren Umhang sorgsam gefaltet über seinem Unterarm liegen hatte, als ob er darauf warten würde, ihn ihr zu reichen. Oder daran, dass die Ketten ihr zu lose erschienen und zu viel Spielraum gaben. Oder daran, dass es im Haus ihrer Mutter ebenfalls einen solchen Keller gab und ihre Mutter dort nur meditiert hatte, ohne irgendwelche blutigen Opferrituale zu vollführen. Oder, sehr viel wahrscheinlicher, auch daran, dass Raphanaels Blick ihr zwar durchaus interessiert, aber irgendwie so gar nicht blutrünstig erschien.
    »Ich habe Euch in mein Haus entführt, ausgekleidet und an einen Altar gefesselt«, erinnerte er sie. »Wonach sieht es denn aus?«
    Oder daran, dass seine Mundwinkel zuckten.
    »Ihr hättet auch fragen können«, meinte sie mit einem übertriebenen Augenaufschlag, was weiter hinten Barlin husten ließ, während Raphanaels Augen sich weiteten.
    »Ihr seid wohl durch gar nichts zu erschüttern«, meinte er dann und schüttelte ungläubig den Kopf. »Aber Ihr habt recht, es ist nicht das, wonach es aussieht. Aber ich werde die Konsequenzen dennoch tragen.«
    »Also, wenn du dich nicht leidenschaftlich an mir vergehen willst oder vorhast, mich zu opfern, wieso liege ich gefesselt auf einem Altar im Keller deines Hauses?«, fragte sie. »Übrigens bist du der Erste, den ich kennenlerne, der einen solchen Keller besitzt.« Sie leckte sich über die Lippen, die ihr spröde vorkamen, und bemerkte, wie fasziniert Raphanael ihr zusah. Dabei hätte ich schwören können, dachte sie abgelenkt, dass ich ihn nicht interessiere. »Abgesehen von mir natürlich«, fügte sie mit einem Lächeln hinzu. »Nur gibt es in meinem Keller keine Ketten.«
    »Sie dienen dazu, die Magie in Euch abzuleiten«, sagte Raphanael, der Mühe hatte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihr Anblick ihn berührte. Das dünne Hemd verbarg kaum etwas, und er erinnerte sich noch zu gut daran, wie sie sich unter seinen Händen angefühlt hatte, als er sie entkleidete, um alles, das ihrer Mutter hatte gehören können, von ihr zu entfernen. »Am Anfang hat es diese Kerzen nicht gebraucht«, meinte er. »Die Runen waren hell genug.«
    »Dafür ist der Raum?«, fragte sie überrascht. »Meine Mutter meditierte in dem Keller nur.«
    »Eure Mutter wusste wahrscheinlich auch, was sie tat«, sagte er und beugte sich vor, um die Manschette an ihrem linken Handgelenk zu lösen. Sie war nur durch eine Art Riegel gehalten, den sie leicht selbst hätte lösen können, sogar die Ketten waren lang genug dazu. Sie löste die andere Fessel selbst, während sich Raphanael um die Fesseln an ihren Fußgelenken bemühte. Nach und nach erloschen die Runen, während Barlin, mit dezent von ihr abgewandtem Blick, an sie herantrat und ihr ihren Umhang reichte, den sie vorhin zum Ball getragen hatte. »Ich hoffe, er gehörte nicht Eurer Mutter«, sagte Raphanael leise. »Ich meine mich daran zu erinnern, dass Ihr ihn vorher schon getragen habt.«
    »Ja«, sagte sie und zog den Umhang um sich. »Er gehört mir.« Sie warf einen Blick zu den Runen hin. »Ist, außer dass die Runen geleuchtet haben, hier sonst noch etwas geschehen?«
    »Nein«, sagte Raphanael überraschend steif. »Ich versichere Euch, dass nichts Unschickliches geschah.«
    Sie schaute ihn überrascht an, dann weiteten sich ihre Augen. »Das meinte ich nicht«, sagte sie rasch. »Ich meinte …

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