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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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durchblicken lassen, dass sie Lorentha nicht für eine geeignete Kandidatin hielt. »Reden wir nicht mehr davon. Dennoch …« Lorentha stand auf, um sich dann noch einmal der Hohepriesterin der Isaeth zuzuwenden. »Habt Dank.«
    »Wofür?«, fragte Larmeth überrascht.
    »Für alles«, lächelte Lorentha. »Ihr habt uns sehr weitergeholfen.« Doch in Wahrheit hatte Lorenthas Dankbarkeit einen anderen Grund. Es war lange her, dass jemand sie mit so viel Freundlichkeit empfangen hatte wie Raphanael und seine Familie. Lorentha wusste sehr wohl, dass die Tatsache, dass sie die Nacht bei Raphanael verbracht hatte, seinen Ruf zerstört hatte, aber niemand in diesem Haus schien es ihr vorzuhalten. Dafür war sie ihnen allen Dank schuldig.
    Sie unterdrückte einen Seufzer. Erst Albrecht, dann Raphanael. Jetzt hatte sie schon zum zweiten Mal den Ruf eines Mannes zerstört, den sie zu schätzen gelernt hatte. Sie sah verstohlen zu Raphanael hin, der sie auf diese seltsame undeutbare Art anschaute, und zwang sich zu einem Lächeln. »Gehen wir den Falken finden.«

Der Sündenbock
    22  »Junge«, sagte Mort und ließ Raban zusammenzucken, denn der alte Mann hatte die letzte Stunde so still und regungslos wie eine Statue verbracht, »hör auf, so herumzuzappeln. Es irritiert mich. Du willst mich doch nicht irritieren?«
    Raban schnaubte verärgert. »Ich zappele nicht, ich habe mir nur eben an die Nase gefasst. Überhaupt, warum stehen wir hier herum?«
    »Weil du klug bist und das tust, was ich dir sage«, antwortete Mort mit einem leichten Lächeln. Ich könnte schwören, dachte Raban verärgert, dass er seinen Spaß daran hat, mich herumzukommandieren. Nur dass es bis jetzt noch niemand gewagt hatte, einem Todeshändler irgendeine Form von Humor zu unterstellen.
    Der ältere Mann hatte ihn mitten in der Nacht aus seinem Bett gezerrt. Wortwörtlich. Mit einem Griff um Rabans Nacken. Überrascht und noch nicht ganz wach, hatte der nach seinen Messern gegriffen, nur um festzustellen, dass Mort sie, zu einem Fächer gespreizt, in der linken Hand hielt. In der rechten hielt er Raban. Dessen Füße den Boden nicht berührten. Danach hatte Mort die Messer auf das Bett geworfen und Raban fallen lassen, um ihn dann anzuweisen, sich anzuziehen und ihn, Mort, nicht warten zu lassen.
    Nach seiner letzten Unterhaltung mit dem Todeshändler hatte Raban ein paar begreifliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Er hatte diesmal nicht im Schiefen Anker geschlafen, sondern in einem seiner anderen Verstecke, einem kleinen Haus, in dessen Erdgeschoss sich eine Wäscherei befand. Niemand wusste davon, dass dieses Haus ihm gehörte, dennoch hatte er zusätzlich Fäden vor das Fenster und die Tür gespannt, an denen kleine Blechstreifen hingen. Sowohl Fensterläden als auch Tür waren stabiler, als sie aussahen und mit festen Riegeln gesichert. Nur dass Raban nun hatte zusehen müssen, wie der Todeshändler in aller Ruhe die drei Riegel an der Tür zurückschob und hinausging, während hinter ihm die Blechstreifen scheppernd auf den Boden fielen. Die Riegel am Fenster jedoch waren noch immer vorgelegt, und die Fäden waren auch noch da.
    Ein Gutes hat es ja, dachte Raban grummelnd, heute Nacht konnte er wieder in seinem eigenen Bett schlafen, es war breiter, und es ließ sich leicht weibliche Gesellschaft finden. Denn warum vor Mort verstecken, wenn es ihm sowieso nicht gelang?
    Jetzt, bei Tageslicht, war ihm Mort ein noch größeres Rätsel. Der Mann war größer als die meisten, und die breiten Schultern, das wusste Raban mittlerweile aus schmerzhafter Erfahrung, waren alles andere als nur gepolstert, der Mann hatte Kraft für zehn. Er bewegte sich mit der Leichtigkeit eines Taschendiebes, doch ein Blick auf das Gesicht unter dem breitkrempigen Hut strafte diese Leichtigkeit lügen, Mort war alt, sein Gesicht von harten, scharfen Falten nur so durchzogen. Er musste schon weit über sechzig sein.
    »Erklärt mir noch einmal, warum wir hier sind«, knurrte Raban und massierte sich den Nacken, wo er immer noch den harten Griff des Mannes spüren konnte.
    »Weil du gierig bist«, antwortete Mort abwesend und sah mit geschlitzten Augen zu der Kutsche hin, die nun auf der anderen Seite der Straße vorgefahren war.
    »Weil ich leben will?«, fragte Raban erbost.
    »Genau das«, antwortete Mort abgelenkt, während er mit schmalen Augen zusah, wie ein kleiner, rundlicher Mann das Haus auf der anderen Straßenseite verließ und die Tür mit zwei großen

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