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Der Fall der Feste

Der Fall der Feste

Titel: Der Fall der Feste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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kannte.“
    Er starrte vor sich hin, und sein Blick verlor sich in der Leere.
    Er schreckte auf, als eine Hand sich auf seine Schulter legte. Er blickte in Darachels Gesicht.
    „Du bist jetzt hier, in Himmelsriff“, sagte der Ninra. „Ganz gleich, wie das alles mit uns ausgeht, egal, was die Enthravanen entscheiden, es ist gut, dass du jetzt hier bist. Es hatte seinen Grund, dass wir dich gefunden haben. Du bist hier unter Freunden.“
    Auric blickte sich um, fuhr die Gesichter entlang. Wie ein Wald grau-bleicher Stämme waren sie ihm erschienen, als sie sich zum ersten Mal um sein Bett versammelt hatten. Jetzt konnte er den einzelnen Gesichtern Namen zuordnen. Und Wesenszüge.
    Einige rückten näher zu ihm hin, Bruc zum Beispiel, der sich von der Fensterbank erhob, auf der er gesessen hatte. Andere lächelten ihn wie zur Bestätigung von Darachels Aussage an. Béal unter ihnen, und Siganche, deren Schönheit ihm das Herz in der Brust drehen wollte. Wieder andere zeigten nachdenkliche, manche sorgenvolle Gesichter. Nicht wenige Mienen wirkten verschlossen. Das war nicht schwer, bei der Fremdartigkeit ihres Wesens und ihrer Mienen. Vor ihm mussten sie sich nicht großartig verstellen. Es kostete sie keine Mühe, ihre Regungen vor ihm zu verbergen, obwohl er täglich mehr über sie lernte.
    Nach dem, was Darachel ihm von den Ereignissen hinter geschlossenen Türen erzählt hatte, wurde Aurics Einfluss teilweise für die Veränderungen verantwortlich gemacht, die mit ihnen vor sich gegangen waren, die dazu führten, dass sie sich unter dem Namen ‚Der Neue Ring‘ zusammengefunden hatten. Nicht nur die Sturmwolken dort draußen, nicht eine plötzliche Rückkehr einer strengeren Jahreszeit nach ersten milden Tagen mit Sonnenschein und dem Versprechen eines nahenden Frühjahrs waren dafür verantwortlich gewesen, dass sie sich heute nicht in jenem nach außen offenen, terassenartigen Raum trafen, den sie in der letzten Zeit bevorzugt hatten. Die Ninraé wollten nach ihrer Einberufung vor den Rat ihrer Enthravanen und solange deren Urteil noch in der Schwebe hing, so wenig wie möglich tun, was als Provokation aufgefasst werden konnte. Der Umgang mit ihm wurde als Teil des Problems angesehen.  
    Wer wollte ihnen also eine Voreingenommenheit oder eine Distanz ihm gegenüber verdenken. Und sie waren anders als er. Sie waren fremdartig, wahrhaftig fremd.
    Und trotzdem spürte er, dass etwas an Darachels Aussage stimmte. Er hatte schließlich sein Schicksal mit ihrem verbunden. Er war, wer er war; sie waren, wer sie waren. Sie waren vom Schicksal zusammengeführt worden. Das musste zur Freundschaft reichen.
    Alles andere würde nur die Zukunft zeigen.  
    Keine Erwartungen, keine Urteile.

Elftes Buch:  
    Himmelsriff

Ein Abschied

    Sie begruben Kudai im Innern eines Sturms aus Licht und Feuer.
    Auric sah sich in ein Land aufsteigen, dass ihm wie eine gigantische Höhle erschien. Sturmwolken wanderten darin. Riesige Geflechte spannten sich darin über ihm auf, weit wie der Himmel, groß wie ganze Länder. Sie waren bewachsen mit fremdartiger Vegetation und er sah hoch über seinem Kopf winzige Punkte sich darauf bewegen, die er für Lebewesen hielt.
    Über der Wolkendecke sah er, wenn sich Durchblicke eröffneten, Gebilde, die ihm wie fliegende Berge erschienen, und irgendwo, ganz weit darüber, hinter weiteren Schichten von Wolken, eine gewaltige Kuppeldecke.  
    Um ihn herum stiegen weiß scheinende, sphärische Körper von Ninraé in miteinander verbundenen Konfigurationen auf, wie Schwärme ätherischer Fische. Er selber sah sich in einem Schwarm seiner Begleiter, genauso wie helle Lichter, genauso durchscheinend, doch auf verwirrende Art ortslos.  
    Das rief ihm in seinem fassungslosen Staunen ins Gedächtnis, dass er sich nicht wirklich an diesem Ort befand, auf welche Weise er dieses Geisterreich erlebte. Er befand sich in einer Konklavbindung mit seinen Begleitern dieser Reise. Er war in der Lage, das zu erleben, was sie erlebten – nur gefiltert durch die Art, wie seine weniger entwickelten Sinne funktionierten, so hatte ihm Darachel erklärt –, während sein Körper in seinen Räumen in Himmelsriff auf seiner Lagerstatt ruhte. Er würde nur Bilder sehen, die Metaphern des Geisterreiches waren, so wie jedes andere Wesen auch, das es erlebte, doch näherten sich mit dem Grad geistiger Evolution die Metaphern immer mehr dem wirklichen Geschehen an.
    Es war verwunderlich, dass er dies überhaupt erleben

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