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Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
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wurde er massiv bedroht. Ein Polizist habe ihm die Pistole an den Schädel gehalten, sagte H., was ihm noch ein Verfahren wegen Verleumdung einbrachte. Eines Tages kreuzten Polizisten auf seinem Gelände auf und untersuchten jeden Winkel – Polizisten der Wasserschutzpolizei. Wasserschutzpolizei? In einem Mordfall? Kein Zufall, wie sich herausstellte. Ermittler Veh hatte ganz bewusst die Wasserschutzpolizei geschickt. Die Beamten fanden am Ende keine Spur auf den Mercedes, dafür aber viele kleine Umweltsünden, also das, worauf Wasserschutzpolizisten geschult sind. Oberstaatsanwalt Veh schlug H. einen Deal vor: Wenn er einräume, den Mercedes entsorgt zu haben, erspare er sich das Verfahren wegen des Verstoßes gegen Umweltvorschriften. Der Schrotthändler lehnte ab, was ihm 8000 Euro Strafe wegen Umweltfrevels einbrachte. Aber der Staatsanwalt bekam diesmal kein Geständnis und musste mangels anderer Beweise den Vorwurf fallenlassen, der Schrotthändler habe den Rupp-Mercedes beseitigt. Überdies wurde H. beim späteren Verleumdungsprozess freigesprochen. Bei dem kamen noch mehr Ungereimtheiten heraus. Eine Polizistin beichtete, sie habe H. extra einen besonders harten Stuhl hingestellt, damit er beim Verhör möglichst unbequem sitze. Dann kanzelte der Amtsrichter den Oberstaatsanwalt Veh ab, weil der die Sache mit dem Mercedes gesetzwidrig mit den Umweltsünden verknüpft hatte. Es muss bei dieser Verhandlung hoch hergegangen sein. Der Staatsanwalt, der die Verleumdungsklage eingereicht hatte, nannte den Schrotthändler in der Verhandlung »Abschaum«, was auch ihm einen scharfen Verweis des Richters einbrachte. Eine entblößte und blamierte Strafverfolgungsmaschine hatte die Selbstbeherrschung verloren.

    Das aber war noch nichts gegen das, was dann folgte. Im Februar 2009 orteten Techniker des Wasserkraftwerks an der Donau-Staustufe Bergheim zwei Autowracks im Schlamm. Das interessierte erst einmal niemanden, bis ein Bergungstaucher ein Kennzeichenschild aus dem Wasser holte. Es lautete auf ND-AE 265. Die Polizei überprüfte die Nummer und stellte fest, dass es sich um das verschollene Auto des Bauern Rupp handelte. Sofort wurde ein Kran ans Donauufer bestellt, mit dem der Wagen hochgezogen wurde. Im Innern befand sich derart viel Schlick und Wasser, dass dabei die Frontscheibe aus dem hängenden Auto herausplatzte. Der schlammige Inhalt klatschte aufs Ufer, mittendrin ein Skelett, das mit einem karierten Hemd bekleidet war. Es war, wie sich herausstellte, tatsächlich die Leiche des Bauern Rupp. Zerstückelt und von den Hunden gefressen war er also nicht. Am Urteil gegen die Familie konnte also etwas nicht gestimmt haben. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt reagierte dennoch so, als spiele das keine Rolle. »Man kann einen Menschen auch töten, ohne äußere Spuren an den Knochen zu hinterlassen«, erklärte der Landshuter Oberstaatsanwalt Helmut Walter. Die Anwälte der Familie Rupp beantragten beim Landgericht Landshut die Wiederaufnahme des Verfahrens. Zu ihrer Überraschung scheiterten sie damit. Die Staatsanwaltschaft hatte Widerspruch eingelegt und diesen so begründet:
    »Der Umstand, dass die Leiche nun gefunden wurde und der Bauer möglicherweise auf eine andere als in der im Urteil beschriebenen Art zu Tode kam, ändert jedoch nichts an den übrigen Feststellungen des Urteils, nämlich, dass die Tat geplant war, dass der Bauer an diesem Abend nach Hause kam, dass er dort von den Verurteilten erwartet und aufgrund eines gemeinsamen Tatplans getötet wurde.«
    Erst ein zweiter Wiederaufnahmeantrag beim Oberlandesgericht München war erfolgreich. Der Prozess wurde am 20. Oktober 2010 neu aufgerollt – er endete tatsächlich mit einem Freispruch für die Angeklagten, wenngleich ein bitterer Nachgeschmack blieb. Auch die neue Kammer bescheinigte der Familie, sie habe den Bauern Rudi Rupp zu Hause erwartet und ermordet. Nur habe sich leider nicht aufklären lassen, wer im Einzelnen welchen Anteil daran gehabt habe.

Kapitel 34
    Der Hausmeister
    A uch der Fall von Manfred G. gehört in diese Kategorie. G. stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und landete auf der Suche nach einem Job in Rottach-Egern am Tegernsee. Dort arbeitete er als Hausmeister in einer Wohnanlage, in der auch die 87-jährige Lieselotte K. lebte. Die alte Dame soll geistig noch fit gewesen sein, aber zu gebrechlich für die täglichen Verrichtungen. G. wusch ihre Wäsche, und wenn sie krank war, kümmerte er sich gemeinsam mit einer

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