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Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
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unregelmäßigen Abständen zur Nachtzeit mit einem Pkw nach Pozanti gefahren wird«.
    Ausgerechnet Pozanti! Die Stadt, in der Ahmet Yilmaz geboren wurde und in der bis heute ein Zweig seiner Familie lebt. Dort dürfe Peggy mit anderen Kindern spielen und sich ein paar Stunden im Freien bewegen. Ebenfalls nur nachts werde sie dann wieder in ihr Versteck an der Kirche in Elmabagi zurückgebracht.
    Als wäre das allein nicht schon sensationell genug – es wurde noch besser. Herr Özer habe sich bereit erklärt, vertraulich mit der Soko Peggy 2 zusammenzuarbeiten. Den Kontakt könnten Geier und seine Leute direkt vor Ort knüpfen.
    Der Verdacht gegen Ahmet Yilmaz scheint sich endlich doch zu bewahrheiten. Womöglich steht gar ein Erfolg erster Güte bevor. Ein Jahr nachdem Peggy spurlos verschwunden ist, wähnt sich die Sonderkommission vor einem Triumph. Kriminaldirektor Geier sieht die Chance, das verschwundene Mädchen in der Türkei zu befreien und sie unter den Augen von Medien und Öffentlichkeit in die Heimat zurückzubringen.
    *
    Zwei Tage später fliegen Geier und Behrendt in die Türkei. Sie haben an alles gedacht. Sogar einen Kinderausweis für Peggy haben sie dabei, um problemlos mit ihr aus der Türkei ausreisen zu können, falls man sie lebend finden sollte.
    Das bayerische Innenministerium und der Präsident des Wiesbadener Bundeskriminalamtes, Ulrich Kersten, hatten den Besuch bei den türkischen Behörden vorbereitet und ein erstes Treffen in der Kreisstadt Yahyali arrangiert. Dort sollten Geier und Behrendt von Kriminalfahndern, Beamten der Gendarmerie, Interpol-Agenten und einem Staatsanwalt empfangen werden.
    Aber schon bei diesem ersten Treffen werden alle Hoffnungen der beiden bayerischen Polizisten zunichtegemacht. Die türkischen Kollegen wiederholen Detail für Detail, dass sie schon seit langem sämtlichen Hinweisen und Gerüchten nachgegangen seien und allesamt als haltlos entlarvt hätten. Die angebliche Kirche in Elmabagi – und damit Peggys Versteck gleich nebenan – existiere überhaupt nicht. Niemals habe dort ein christliches Gotteshaus gestanden. Im gesamten Dorf gebe es überhaupt nur einen einzigen Seitenflügel an einem Gebäude, und der sei vor langer Zeit zusammengefallen und kaum mehr als ein Steinhaufen. Außerdem sei Elmabagi keineswegs die Sommerfrische wohlhabender Leute aus Deribagi, sondern ein ärmliches, verwahrlostes Nest am Ende eines einsamen Tales. Insgesamt, so erklären die türkischen Ermittler, stünden dort etwa dreißig Gebäude, die aber eher Hütten als Häuser seien. Dort hätten sie zwar tatsächlich einen Mann namens Yilmaz gefunden – Bülent Yilmaz –, bei einer Hausdurchsuchung jedoch keinerlei Hinweis auf Peggy gefunden. Bülent habe außerdem glaubwürdig versichert, dass seine Familie nichts mit den Yilmaz’ aus Pozanti zu tun habe. Und was den Lehrer Özer angeht, den gebe es zwar, der Mann habe allerdings nie in Elmabagi unterrichtet, noch nie von Peggy gehört und folglich auch nie mit ehemaligen Schülern über sie gesprochen.
    Der V-Mann der Würzburger Kripo, ein Neffe des besagten Lehrers, habe sich all das schlicht ausgedacht. Und nachdem die türkischen Beamten ihn mit seiner Phantasie-Story konfrontierten, habe er dies auch kleinlaut zugegeben.
    *
    »Die Spur nach Elmabagi kann nach dem jetzigen Erkenntnisstand als abgeklärt betrachtet werden«, schreibt ein frustrierter Kriminaldirektor Geier am 6. Mai 2002 nach seiner Rückkehr an seine Vorgesetzten beim Polizeipräsidium Oberfranken in Bayreuth.
    Als sei das Maß damit noch nicht voll, kontaktiert am selben Tag ein Ermittler der tschechischen Kripo den Leiter der Soko. Der bulgarische V-Mann habe sich endlich gemeldet, teilt er mit. Es sei ihm Ende 2001 beinahe gelungen, »weitere Informationen zu Peggy und zu den möglichen Tätern zu erwerben«. Nur leider habe er bestimmte Personen nicht zu einer Aussage bewegen können. Die 2000 bis 3000 DM, die dafür nötig gewesen seien, habe ihm die deutsche Polizei seinerzeit nicht zur Verfügung stellen können oder wollen.
    Ums Abzocken ging es also, nicht darum, Peggy wiederzufinden oder ihr Schicksal aufzuklären. Hätte die Soko nur auf die türkischen Behörden gehört, die schon am zweiten Weihnachtsfeiertag 2001 mitgeteilt hatten, dass »trotz aller Ermittlungen […] in der gesamten Türkei« keine Spur von Peggy gefunden worden war. Hätte Geier doch nur die richtige Antwort gefunden, als der tschechische V-Mann-Führer die

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