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Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
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Rückfahrt nach Bad Steben inklusive Kerzen kaufen etwas knapp bemessen war, wurde auch in der Zeitung nicht thematisiert. Die Ermittler verlängerten ihn in ihren Berichten ohnehin um fünf Minuten. Kulacs Rechtsanwalt Schwemmer, so die Zeitung, habe schließlich die Frage gestellt, warum sich die Zeugin erst über ein Jahr nach dem Verschwinden von Peggy daran erinnert hatte, Ulvi Kulac auf der Bank gesehen zu haben. Edith Scholz habe das anfangs für nicht relevant gehalten, heißt es in dem Artikel. »Der Ulvi war damals noch nicht im Gespräch.« Dafür habe die Soko 1 aber einen ihrer Söhne in Verdacht gehabt und sie bei den betreffenden Verhören »wie den letzten Dreck behandelt. Die gaben mir das Gefühl: ›Dein Sohn ist ein Mörder!‹« Denen hätte sie sowieso nichts erzählt. Dagegen seien die Ermittler der Soko 2 »sehr freundlich gewesen«. »Beim Plaudern« sei man dann zufällig auf ihre Beobachtung vom 7. Mai gekommen. In den Polizeiprotokollen liest sich das etwas anders.

Kapitel 24
    Warum zwei Zeugen widerriefen
    Z wei der vielen Zeugen, die Peggy am Nachmittag des 7. Mai 2001 gesehen haben, sind besonders erwähnenswert. Es handelt sich um Klassenkameraden von Peggy, Jakob Demel und Sebastian Röder. Zuerst sagten beide aus, sie hätten Peggy am Nachmittag in Lichtenberg gesehen – also zu einer Zeit, zu der sie laut Urteil hätte tot sein müssen. Sie schilderten dazu viele Details, die die Ermittler seitenweise protokollierten. Dann fanden wir in der Ermittlungsakte kurze Vermerke, in denen es heißt, die Buben hätten ihre Aussagen knapp fünf Wochen später zurückgenommen. Wir haben uns gefragt, was dahintersteckte. Warum sollten sich zwei neun Jahre alte Drittklässler eine mit zahllosen Details gespickte Geschichte ausdenken? Warum hätten sie die Polizei in die Irre führen sollen? Sie wussten schließlich, worum es ging. Wie ist zu erklären, dass beide Jungen mehrfach einzeln vernommen wurden und sich an keiner Stelle gegenseitig widersprachen? Und was veranlasste sie am Ende, ihre Aussagen so wortkarg zurückzunehmen? Um es vorwegzunehmen: Wir haben die Antwort gefunden. Wir haben die beiden Zeugen – inzwischen junge Männer – ausfindig gemacht und sie nach ihren unterschiedlichen Aussagen befragt. Das, was sie uns berichteten, hat uns erschüttert. Es belegt, dass die Polizei die Ermittlungen im Fall Peggy manipuliert hat.
    Aber der Reihe nach. Gleich am 8. Mai 2001, also am Tag nach Peggys Verschwinden, wurden Sebastian und Jakob zum ersten Mal verhört. Ihre Erinnerung war frisch, schließlich waren die Ereignisse, die sie schildern sollen, erst 24 Stunden her.
    »Es war drei Uhr nachmittags, genauer gesagt zwischen dreiviertel drei und drei Uhr, als wir bei der Bäckerei am Marktplatz waren«, erklärte Sebastian. Woher er die Uhrzeit so genau wisse, erkundigten sich die Ermittler. Er habe kurz vorher seine Mutter auf der Straße getroffen und sie nach der Zeit gefragt, antwortete der Junge.
    Zu diesem Verhörtermin war er noch gemeinsam mit Jakob erschienen. Beide brachten außerdem ihre Eltern mit. Die Polizisten fragten, wie gut die Buben Peggy kannten. Gut, antworteten beide, sie seien seit der ersten Klasse mit ihr zusammen in der Schule. »Sie wohnt in dem blauen Haus in Lichtenberg«, sagte Sebastian. Die Polizisten zeigten ihnen ein Foto von Peggy. Erwartungsgemäß erkannten beide das Mädchen ohne Probleme.
    Dann schilderten sie die Details der Begegnung. Auf dem Marktplatz bei der Bäckerei sahen sie zunächst ein rotes Auto, »genauer gesagt dort, wo der Parkplatz ist«. Bei dem Auto habe es sich um einen Mercedes gehandelt. Die Beamten erkundigten sich, wie der Mercedes genau ausgesehen habe, woraufhin Sebastian eine Zeichnung anfertigte. In den Akten ist die Zeichnung nicht enthalten, aber in einer Anmerkung heißt es, das Auto sei als »Limousine« erkennbar. Ob er sicher sei, dass es ein Mercedes war? Ja, denn der Wagen habe »einen Stern vorne« gehabt. Und noch etwas hat sich Sebastian gemerkt: Das Auto habe ein tschechisches Kennzeichen gehabt. Ein Beamter fragte nach: »Woher weißt du, dass es ein tschechisches Kennzeichen war?«
    Antwort: »Es ist nicht so wie unser deutsches Kennzeichen. Es ist zwar auch weiß und hat schwarze Zahlen. Aber die Zahlen und Buchstaben sind kleiner.« Auch, dass auf dem Kennzeichen links keine blaue Stelle mit dem Buchstaben D und einem Kreis aus Sternen gewesen sei, wusste Sebastian zu berichten.
    Claudia Röder, die

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