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Der Fall Sneijder

Der Fall Sneijder

Titel: Der Fall Sneijder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Paul Dubois
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Sie in diesem Fall?«
    »Stellen Sie sich vor, mein Lieber, in diesem Fall vertrete ich die Weihnachtsbäume. Ja, Sie haben richtig gehört, die Weihnachtsbäume.«
    Seinen kleinen humoristischen Einwurf genießend, öffnete Wagner-Leblond wieder die Tür seines Salons, und mit einem Mal flutete die Außenwelt mit ihrem Lärm, ihren Beschwerden und Anliegen wieder rücksichtslos herein. Der Anwalt dankte mir für meinen Besuch. Er gestand mir, dass er ihn nicht kalt gelassen hatte, und fügte hinzu, er hoffe, eine so angenehme Überraschung würde sich bald wiederholen. Zu keinem Zeitpunkt machte er eine Anspielung auf den Unfall oder die Akte, mit der er betraut war. Draußen war der Himmel grau, und vereinzelte Schneeflöckchen erinnerten daran, falls das überhaupt nötig war, dass der Winter noch um die Häuser schlich.
    Seit meiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte ich seltsamerweise das Bedürfnis nach einem Tagesablauf, dervon Zufällen und unvorhersehbaren Abläufen bestimmt würde. Es mangelte mir an einer klaren Zielvorstellung, wie die Personalchefs sagen würden. Das war sehr erholsam. Das Haus, der Garten, das Krankenhaus, ein unerwarteter Besuch, Einkäufe, der Bus, das Haus. Und hin und wieder ein paar Installateure von Alarmanlagen, die mich daran erinnerten, dass die geschäftige und verschwenderische Welt überall lauerte. Als meine Frau heimkam, saß ich im oberen Stockwerk neben meiner Tochter und sah mir Fotos von ihr in den unterschiedlichsten Phasen ihres Lebens an. Anna gesellte sich zu mir, und um sich ein wenig Haltung zu geben, fing sie an, in einer Nummer von Elevator World zu blättern.
    »Geht es dir gut? Warst du bei Walcott?«
    »Ja, ich war dort, alles in Ordnung. Ich habe keine besonderen Probleme.«
    »Hast du ihm von deinen Angstattacken erzählt?«
    »Er meinte, das sei nicht außergewöhnlich nach einem solchen Unfall. Es würde sich mit der Zeit geben.«
    »Und die Tatsache, dass du die Nähe anderer nicht erträgst, findet er auch normal?«
    »Ja, nach einem Schock kann das wohl vorkommen.«
    »Das hat er gesagt, sonst nichts. Und habt ihr über deine Lektüre, über diese zwanghafte Beschäftigung mit Aufzügen gesprochen?«
    »Ja, wir haben das Thema gestreift. Er hat mir allerdings auch gesagt, dass du ihm von den Hunden erzählt hast.«
    »Und was hält er davon?«
    »Er hält das für eine gute Idee. Auf die Weise habe ich ein wenig körperliche Betätigung, grübele nicht zu viel und lüfte meine Gedanken.«
    »Du lüftest deine Gedanken! Mit Hunden! Es gibt wirklich nichts, was es nicht gibt.«
    Daraufhin raste sie wie ein Feuerball die Treppe hinunter, getrieben von loderndem Zorn.
    Als ich zum Abendessen hinunterging, fiel mir etwas Ungewöhnliches auf. Es war Freitag und in der Küche: kein Brathähnchen, nicht das kleinste Geruchsmolekül von erkaltendem Geflügel. Anna sah mit verschränkten Armen fern. Ich fragte: »Gibt es kein Hühnchen?« Und sie erwiderte: »Scher dich zum Teufel.«
    Seit einiger Zeit hatte Anna es sich zur Gewohnheit gemacht, vor dem Einschlafen im Bett Kaugummi zu kauen. Dentyne Splash. Eine grünliche Masse, die den Geruch von Mundwasser verströmte. Und jeden Abend hörte ich zehn Minuten lang das Geräusch ihrer Kiefer und Zähne, die auf diesem Kaugummi herumkauten und ihn zermalmten; ich stellte mir vor, wie ihre Zunge die feuchte und knetbare Masse, dieses Aspartam-Aggregat hin und her schob. Unter dem leichten Druck zerplatzten gelegentlich in der Kaumasse eingeschlossene Luftbläschen, während der überschüssige Speichel ein leicht schmatzendes Geräusch erzeugte. Ich hörte mir das alles schweigend und mit gespannter Aufmerksamkeit an, um ja nichts von den Subtilitäten dieses Konzerts zu verpassen. Und ich dachte bei mir: »Warum kaut sie so wild, wen will sie beißen?«
    Ich schlief noch immer genauso schlecht wie zuvor, hatte aber den Eindruck, dass es mir besser ging und die Fangvorrichtungen, die, wie Anna es nannte, meinen freien Fall stoppen sollten, endlich griffen: der Botanische Garten, die Freude darüber, wieder gehen zu können, wohin ich wollte, die Vorfreudeauf die Hunde und die sporadische Gesellschaft von Wagner-Leblond. Paradoxerweise fühlte ich mich bei meinem mutmaßlichen Gegner am wohlsten, hatte zu ihm am meisten Vertrauen. Seine Ruhe und seine respektvolle Art waren für mich erholsam. Etwas sagte mir, dass er nicht weit davon entfernt war, meinen Blick auf die Welt zu teilen und, selbst wenn er Anwalt

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