Der Fall
gesagt haben. Außer dir und Jared …«
»Es gibt nur noch einen Menschen, der wusste, wo ich war.«
In diesem Moment kam Guff zur Tür herein. »Was ist denn mit Ihnen beiden? Sie sind ja kreidebleich?«
»Was soll schon sein«, stotterte Sara. »Es ist nichts.«
»Also, wenn Sie wieder ein Küsschen riskieren wollen, tun Sie sich keinen Zwang an.«
»Hören Sie auf mit diesem Unsinn«, sagte Moore. »Das ist nicht witzig.«
»Guff, könnten Sie uns vielleicht einen Moment allein lassen?«, fragte Sara.
»Warum? Was gibt es für ein großes Geheimnis?«
»Jetzt gleich«, sagte Moore.
»Okay, okay, ein intimer Moment – ich verstehe.« Guff wandte sich zum Gehen. »Tragen Sie es nur nicht auf meinem Rücken aus. Ich bin auf Ihrer Seite.«
Als die Tür zuging, sah Sara Moore an. »Bitte sag nicht, dass er es war.«
»Natürlich nicht. Ich kenne den Jungen, seit er hier angefangen hat. Zu so etwas wäre er nie imstande.«
»Mich interessiert nicht, wie lange du ihn schon kennst. Alles andere ergibt keinen Sinn. Im Übrigen hat er mich erst dazu gebracht, ins ECAB zu gehen. Ich meine, ohne ihn wüsste ich vielleicht bis heute noch nicht, dass es das ECAB überhaupt gibt.«
»Sara, er hat dir einen Gefallen getan.«
Inzwischen war ihr der Schweiß ausgebrochen. »O Gott – dann heißt das, Rafferty weiß, dass Jared und ich miteinander gesprochen haben.«
»Völlig ausgeschlossen. Niemand weiß etwas.«
»Wie erklärst du dir dann –«
»Ich brauche nichts zu erklären«, sagte Moore. »Ich kenne Guff. Und was noch wichtiger ist, ich vertraue ihm. So etwas würde er dir nie antun.«
»Du kannst einem Menschen trauen, so viel du willst«, sagte Sara. »Das heißt noch lange nicht, dass er dir nicht irgendwann doch ein Messer in den Rücken stößt.«
Sara kam an diesem Abend erst um halb neun nach Hause. Als sie ins Schlafzimmer ging, konnte sie bereits das leise Klicken der Tastatur hören. Jared hatte getippt: »Tag, Liebling. Wie war dein Tag?« Doch als er sich umdrehte und seine Frau sah, fügte er hinzu: »Was ist passiert?«
Sara bat ihn mit erhobenem Finger, einen Moment Geduld zu haben, und sagte dann gereizt: »Würde es dir was ausmachen, ins Wohnzimmer zu gehen? Ich habe hier drinnen nämlich zu arbeiten.«
»Ganz wie du meinst«, gab Jared zurück. Er stand auf und stürmte aus dem Raum. Nachdem er im Wohnzimmer den Fernseher angemacht hatte, kehrte er leise ins Schlafzimmer zurück. Über Saras Schulter hinweg las er auf dem Bildschirm: »Kann sein, dass Guff auf der anderen Seite steht, jedenfalls sieht es ganz so aus, als hätte er mich an meinem ersten Arbeitstag aus einem ganz bestimmten Grund ins EC AB geschickt.«
Jared übernahm die Tastatur und schrieb. »Das ist ein schwerer Vorwurf, Sara. An deiner Stelle würde ich jedes Detail noch einmal sorgfältig überprüfen, bevor ich mir diese Beziehung kaputt mache.«
Sara sah ein, dass ihr Mann recht hatte, und schrieb: »Haben wir einen Kalender?«
»In meiner Aktentasche«, tippte Jared. »Mein Terminplaner.«
Sara öffnete Jareds Aktentasche und fand seinen kleinen elektronischen Terminplaner. Als sie auf die Taste ›Termine‹ drückte, sah sie das Datum sowie eine Liste der Punkte, die Jared erledigen wollte. »Geschworenenexperten anrufen. Eröffnungsplädoyer überarbeiten. Drucker anrufen.« Mit Hilfe der ›Aufwärts‹-Taste ging Sara zum Montag, den 8. September, zurück – ihrem ersten Arbeitstag. Und als der Tag auf dem Display erschien, sank Sara das Herz in die Hose. In der Rubrik für die Dinge, die Jared an diesem Tag erledigen wollte, war nur ein Punkt aufgeführt: »V. S. anrufen.« Unter den Initialen stand eine Telefonnummer. Sara erkannte die Zahlengruppe 335 wieder – es war eine Nummer in der Bezirksstaatsanwaltschaft. Sie sah noch einmal auf die Initialen. V. S. Victor Stockwell.
Sara blickte zu Jared auf. Dann wieder auf Victor Stockwells Telefonnummer. Das konnte nicht sein.
Als sie sich wieder Jared zuwandte, sah er sie fragend an und formte mit den Lippen lautlos die Frage: »Ist irgendwas?«
Kopfschüttelnd klappte Sara den Terminplaner wieder zu. Es war keineswegs Guff. Es war Jared. Mit weichen Knien kehrte sie an den Computer zurück.
Auf dem Bildschirm hatte Jared geschrieben: »Was hat Guff getan? Wieso verdächtigst du ihn?«
Sara musste sich gewaltig zusammenreißen, damit ihre Hände nicht zitterten, als sie tippte: »Nichts. Nur so ein Gefühl.«
17
»Ich sagte dir doch, es war
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